Die soziale Spaltung nimmt in vielen Städten weiter zu. Von der brüchiger werdenden sozialen Architektur bis hin zu armen Stadtteilen als „Gewinner“ der Zuwanderung

Die langen Schlangen bei den Sammelterminen für die Besichtigung einer zur Vermietung ausgeschriebenen Wohnung in vielen Städten versinnbildlichen nicht nur die Tatsache, dass wir im Bereich der halbwegs bezahlbaren Wohnungen in vielen Städten ein enormes Angebots-Nachfrage-Dilemma haben, hinter dem zahlreiche individuelle Schicksale wohnungssuchender Menschen stehen. Zugleich deutet der enorme Nachfrageüberhang darauf hin, dass bei einem solchen Ungleichgewicht strukturelle Effekte zu erwarten sind, vor allem in Form von Verdrängung und einer Entmischung von Stadtvierteln.


In der Stadtforschung wird darauf seit langem hingewiesen. Im vergangenen Jahr haben Marcel Helbig und Stefanie Jähnen diese Studie dazu veröffentlicht: Wie brüchig ist die soziale Architektur unserer Städte? Trends und Analysen der Segregation in 74 deutschen Städten (2018). Die beiden Wissenschafter untersuchen die räumlich ungleiche Verteilung der Wohnstandorte verschiedener Bevölkerungsgruppen in deutschen Städten. Sie beleuchten alle drei Dimensionen der residenziellen Segregation: die soziale, die ethnische und die demografische.

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Und weg sind einige von den vielen, angeblich offenen Stellen in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit. Also möglicherweise

Am 3. Mai 2019 wurde hier der Beitrag Die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit als beitragsfinanzierter Steinbruch für Raubritter des modernen Datenhandels veröffentlicht. Am Anfang konnte man ein Screenshot der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit sehen. Dort wurde dem geneigten Leser mitgeteilt, dass man in der Jobbörse am 3. Mai 2019 insgesamt 1.665.603 offene Stellen finden könne. Das hört sich mehr als beeindruckend an und wird sicher bei vielen Menschen auf der Suche nach Arbeit helfen. Dann aber wurde in dem Beitrag das hier berichtet: Datenhändler schalten auf der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit täglich Tausende Stellenanzeigen, die Daten der Bewerber verkaufen sie weiter. SWR-Reportern gelang es, die Masche nachzuweisen. Konkret am Beispiel des Datenhändlers Johann S., der täglich bis zu 3.000 „Stellenangebote“ über die Jobbörse der BA geschaltet hat. Ihm ging es um die Bewerbungen mit den vielen höchst personenbezogenen Daten der Bewerber, denn die hat er an andere Unternehmen verkauft. Man konnte bei ihm die Daten nicht nur zum Festpreis, sondern sogar per „Flatrate“ erwerben: „Wir generieren jeden Monat zwischen 3.000 und 5.000 Datensätze von Bewerbern, auf die Sie dann zugreifen können“, so wird der Datenhändler aus eine Verkaufsgespräch zitiert.

Und wenige Tage später, am 7. Mai 2019, wurde dann dieser Beitrag nachgereicht: Die Berichterstattung über Datenhändler auf der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit beginnt zu wirken. »Die Bundesagentur für Arbeit hat … einen der großen Anbieter gesperrt. Nach eigenen Angaben habe man die gefälschten Stellenanzeigen gelöscht. Die Arbeitsagentur kündigte außerdem an, rechtliche Maßnahmen gegen den Datenhändler zu prüfen und die Nutzungsbedingungen der Jobbörse zu verschärfen. Zudem werde man in Zukunft Anbieter, die eine hohe Zahl an Jobangeboten einstellen, genauer prüfen, „um bei kriminellen Vorhaben schneller agieren zu können“, so die Agentur.« Das hört sich gut an – vor allem vor dem Hintergrund, dass es zahlreiche Hinweise gegeben hat und gibt, dass es sich eben nicht um einen Einzelfall gehandelt hat, sondern das zahlreiche angebliche Stellenangebote Fake-Angebote sind.

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Vorschläge für eine Reform der Berechnung der „angemessenen“ Unterkunftskosten in der Grundsicherung. Auch der Bundestag kreist um ein echtes Dilemma

Wenn in dieser Zeit über „Hartz IV“, also die Grundsicherung nach SGB II diskutiert wird, dann drehen sich fast alle Beiträge um den „Regelsatz“ dieser Sozialhilfeleistung, also die derzeit 424 Euro pro Monat, die ein alleinstehender Erwachsener für die Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums bekommt. Dann wird heftig gestritten, ob das nun „zu wenig“ sei, wie viele Betroffene und auch kritische Experten beklagen, um halbwegs über die Runden kommen zu können – oder eher „zu viel“, wie vor allem diejenigen behaupten, die den Blick auf den großen Niedriglohnsektor gerichtet haben, wo Millionen Arbeitnehmer teilweise Einkommen für harte und lange Arbeit bekommen, die aber nur an oder wenig über dem liegen, was an Leistungen an Hartz IV-Bezieher ausgereicht wird, so dass hier die Gefahr von „Anreizproblemen“ gesehen wird.

Aber da gibt es noch eine zweite große Säule der Leistungen im Grundsicherungssystem – die von ebenfalls existenzieller Bedeutung ist: die „Kosten der Unterkunft und Heizung“ (KdU). Dazu der § 22 SGB II: »Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.« Das liest sich einfacher, als es in der Praxis daherkommt, denn der Teufel steckt in dem unbestimmten Rechtsbegriff „angemessen“. Um die Frage, wann Kosten für eine Wohnung und die Heizung derselben (nicht mehr) angemessen sind, kreisen seit Jahren intensive Debatten und zahlreiche Widersprüche und Klagen vor den Sozialgerichten beziehen sich auf diesen Bereich des Hartz IV-Systems. Und wir sprechen hier über eine richtig große Nummer. So liegen die Ausgaben der Jobcenter für die Kosten der Unterkunft bei deutlich über 14 Milliarden Euro pro Jahr.

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