Bei der Kaufkraft wieder zurück in die Zeit vor der hohen Inflation? Für viele Haushalte wurde die Preissteigerung – auch dank staatlicher Maßnahmen – kompensiert. Aber nicht für alle

Noch Ende des vergangenen Jahres wurde man mit solchen Meldungen konfrontiert: Inflation frisst Lohnsteigerungen auf: »Die Gehaltserhöhungen in Deutschland gleichen die hohe Inflation kaum aus. Wie aus einer Auswertung der Böckler-Stiftung hervorgeht, haben viele Tarifbeschäftigte real weniger Einkommen zur Verfügung als 2022.« Und auch hier wurde in Zeiten der hohen Inflation (gemessen an der Entwicklung des Verbraucherpreisindex) mit Blick auf die Lohnentwicklung im Jahr 2022 berichtet: Reallöhne auf dem Sinkflug: Die Kaufkraft der Beschäftigten schmilzt wie eine Eiskugel in der Sommer-Sonne. Damals war der Kaufkraftverlust durch die hohen Preissteigerungsraten real und akut, während die Lohnentwicklung mit erheblichen Zeitverzögerungen (auch aufgrund lang laufender Tarifabschlüsse in der Vergangenheit) sowie erst einmal nur für die Tarifbeschäftigten kompensierende Wirkungen entfalten konnte. Mit dem angesprochenen Zeitverzug ist das aber mittlerweile passiert. 

Im Zeitraum vom 4. Quartal 2021 bis zum 1. Quartal 2023 hatten die Beschäftigten durchgängig Reallohnverluste zu verzeichnen, seit dem 2. Quartal 2023 befindet sich die Reallohnentwicklung (wieder) im positiven Bereich.

Quelle der Daten: Statistisches Bundesamt: Reallöhne im 1. Quartal 2024 um 3,8 % höher als im Vorjahresquartal, 29.05.2024. Bei der Darstellung der Nominal- und Reallöhne handelt es sich um eine Abbildung aller Arbeitsverdienste, also nicht nur der Tarifbeschäftigten: »Der Nominallohnindex bildet die Entwicklung der Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen von allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab.«

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Der Abstand zwischen den Gering- und Besserverdienern wird kleiner. Der höhere gesetzliche Mindestlohn hat gewirkt

Der Verdienstabstand zwischen Gering- und Besserverdienenden in Deutschland hat sich zwischen April 2022 und April 2023 im Zuge der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns verringert, berichtet das Statistische Bundesamt. Besserverdiener hatten im April 2023 das 2,98-fache des Bruttostundenverdienstes von Geringverdienern erhalten, im April 2022 war es noch das 3,28-fache. Zuvor hatte sich der Verdienstabstand zwischen April 2018 und April 2022 kaum verändert.

Dabei zählte eine Person im April 2023 bis zu einem Stundenverdienst von 12,25 Euro zu den Geringverdienern (untere 10 % der Lohnskala) und ab einem Verdienst von 36,48 Euro zu den Besserverdienern (obere 10 %).

*) Westdeutschland einschließlich Berlin
Ergebnisse der Verdienststrukturerhebung April 2018 und der Verdiensterhebungen April 2022 und 2023 (ohne Auszubildende). Das 1. Dezil ist der Wert, bis zu dem die untersten 10 % aller Werte reichen. Das 9. Dezil ist der Wert, mit dem die obersten 10 % aller Werte beginnen. Das 5. Dezil (auch als Median bezeichnet) ist der Wert, der in der Mitte aller Werte liegt.

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Er ist geschrumpft. Der Niedriglohnsektor in Deutschland

16 Prozent der abhängig Beschäftigten in Deutschland haben im April 2023 im Niedriglohnsektor gearbeitet. Anders ausgedrückt: Der Verdienst von rund 6,4 Millionen Jobs lag unterhalb der Niedriglohnschwelle von 13,04 Euro brutto je Stunde. Das waren 1,1 Millionen Niedriglohnjobs weniger als im April 2022 (7,5 Millionen), so das Statistische Bundesamt: 1,1 Millionen weniger Niedriglohnjobs im April 2023 gegenüber April 2022. Der Anteil dieser Jobs an allen Beschäftigungsverhältnissen sank innerhalb eines Jahres bundesweit von 19 Prozent auf 16 Prozent. Und wie ist es dazu kommen? Dazu schreiben die Bundesstatistiker: »Eine Erklärung für diese Entwicklung ist der zwischen Januar und Oktober 2022 von 9,82 Euro auf 12,00 Euro gestiegene Mindestlohn.«

Nun sind die Anteilswerte und damit die Bedeutung der Niedriglohnjobs zwischen den Branchen wie fast alles auf dieser Welt ungleich verteilt, in diesem Fall höchst ungleich: In der öffentlichen Verwaltung (4 Prozent), in der Finanz- und Versicherungsbranche (6 Prozent) und in der Informations- und Kommunikationsbranche (7 Prozent) waren und sind Niedriglöhner eine Ausnahmeerscheinung. Ganz anders in diesen Branchen: Gut jedes zweite Beschäftigungsverhältnis im Gastgewerbe (51 Prozent) lag im April 2023 im Niedriglohnsektor. In der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft (43 Prozent) und im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (36 Prozent) war der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten ebenfalls überdurchschnittlich hoch.

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