Ein Geben und Nehmen: Die Große Koalition einigt sich auf das vorerst endgültige Design des „Rentenpakets“

Nun soll sie also vorliegen, die finale Version des „Rentenpakets“ der Großen Koalition. Im Internet wurde ein Schriftstück veröffentlicht von heute, 13 Uhr, anderthalb Seiten zum Rentenpaket und eine knappe Seite zu den Ergebnissen der Arbeitsgruppe „Flexible Übergänge in den Ruhestand“ mit möglichen Ansätzen zur Verbesserung des geltenden Rechts. Nahles bekommt ihre Rente mit 63 – aber mit Modifikationen zum bisherigen Gesetzentwurf. Und am kommenden Freitag wird es noch mal spannend: »Dem Vernehmen nach dürfte am Freitag auf Antrag der Opposition über die einzelnen Teile des Rentenpakets getrennt abgestimmt werden. Einen solchen Antrag kann die Koalitionsmehrheit nicht ablehnen, hieß es.« Da darf man gespannt sein, wie groß die Zahl der Abweichler aus der Unionsfraktion bei dem Teil sein wird, der die ungeliebte „Rente mit 63“ beinhaltet. Was aber sind nun die Kompromisse, auf die man sich angeblich verständigt hat?

Dazu muss man noch mal kurz in Erinnerung rufen, dass das „Rentenpaket“ eigentlich aus vier Bausteinen besteht, von denen aber nur zwei überhaupt in der öffentlichen Debatte wahr- und auseinandergenommen werden: Also zum einen die „Rente mit 63“ und die so genannte „Mütterrente“, hinzu kommen noch Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente und den Reha-Leistungen.

Den meisten Aufruhr gab und gibt es um die „Rente mit 63“, für die einen das Herzstück der sozialdemokratischen Wiedergutmachungspolitik gegenüber den (Industrie-)Gewerkschaften, für die anderen ein zentraler Angriff auf die in der Vergangenheit vorgenommenen Weichenstellungen hin zu  einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit („Rente mit 67“). Insofern überrascht es nicht, dass es an dieser Stelle die meisten Infragestellungen seitens der Kritiker gab und zum anderen aber auch die SPD-Seite versuchen muss, ihr zentrales Anliegen zu retten und der anderen Seite nicht zu sehr entgegenzukommen. Hier die angeblichen Ergebnisse der Kompromisssuche:

  • Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs werden wie bereits im vorliegenden Entwurf ohne zeitliche Beschränkungen angerechnet. Um (angebliche) Missbräuche auszuschließen, hat man sich nun darauf verständigt, dass Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor der abschlagsfreien Rente mit 63 nicht mehr mitgezählt werden bei der Berechnung der erforderlichen 45 Beitragsjahre. Eine Ausnahme von diesem Ausschluss ist jedoch dann vorgesehen, wenn die Arbeitslosigkeitszeiten durch eine Insolvenz oder eine vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers verursacht wurden. Damit folgt der hier skizzierte Kompromiss dem, was bereits in den vergangenen Tagen diskutiert wurde (vgl. hierzu den Beitrag Angekündigter Doppelbeschluss: Die Rente mit 63 soll mit der Arbeitslosigkeit bis 61 fusioniert werden).
  • Im bislang vorliegenden Gesetzentwurf (wie übrigens auch im bereits geltenden Recht, was die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 65 betrifft) gab und gibt es keine Regelung, dass der Rentenanspruch ohne Abschläge auch mit freiwilligen Beiträgen begründet werden kann. Dies ist also im ursprünglichen Entwurf der Rente mit 63 bewusst herausgenommen worden. Das Problem hierbei ist, dass zu den freiwillig Versicherten, die damit nicht in den Genuss dieser Möglichkeit eines vorzeitigen und vor allem abschlagsfreien Renteneintritts kommen können, insbesondere selbstständige Handwerker gehören, die nach 18 Jahren Pflicht Beitragszahlung in die freiwillige Versicherung wechseln können, häufig jahrelang für Arbeitnehmer eingezahlt und damit ihren Beitrag erbracht haben. Sie sollen jetzt auch bei der abschlagsfreien Altersrente ab 63 berücksichtigt werden. Es sei an dieser Stelle nur angemerkt, dass man das gesetzestechnische sicher nicht auf die Handwerker wird begrenzen können, sondern den Tatbestand der Erfüllung der erforderlichen Beitragsjahr auch durch freiwillige Beiträge auf alle freiwillig Versicherten ausdehnen muss.
  • Als dritter Punkt in dem so genannten Kompromisspapier, das heute veröffentlichte wurde, finden sich Hinweise auf das Thema flexible Übergänge von Beruf in die Rente, offensichtlich eine Reaktion auf die Forderungen aus den Reihen der Gegner der „Rente mit 63“, das wenn man schon die Kröte schlucken muss, dann klare und verbindliche Schritte in Richtung auf eine „Flexi-Rente“ vereinbart werden müssten. Hierzu findet sich in dem vorliegenden Papier der folgende Hinweis: Es wird darauf hingewiesen, dass es „Wünsche von Arbeitgebern und Arbeitnehmern“ geben würde, auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze und darauf bezogener Beendigungsvereinbarungen einvernehmlich das Arbeitsverhältnis für einen von vornherein bestimmten Zeitraum rechtssicher fortsetzen zu können. Dies will man offensichtlich über die folgende Formulierung erreichen bzw. den Protagonisten in Aussicht stellen: „soweit bereits vereinbart ist, dass ein Arbeitsverhältnis mit erreichen der Regelaltersgrenze endet, kann dieser Zeitpunkt künftig über das Erreichen der Regelaltersgrenze – gegebenenfalls auch mehrmals – hinausgeschoben werden. Die Vereinbarung über das Hinausschieben muss während des laufenden Arbeitsverhältnisses geschlossen werden.“
  • Der Vollständigkeit halber sollte nicht vergessen werden, dass das vorliegende Kompromisspapier als vierten Bestandteil die Einsetzung einer Arbeitsgruppe vorsieht, die Vorschläge entwickeln soll wie Arbeit und Rente besser als bisher miteinander kombiniert werden können.

Insgesamt zeichnet sich das vorliegende Papier dadurch aus, dass die „Rente mit 63“ ohne größere Blessuren aus dem sich in den vergangenen Tagen erheblich aufschaukelnden Disput zwischen den Befürwortern und Gegnern innerhalb der großen Koalition herausgekommen ist. Ob die „rotierende Stichtagsregelung“, die so zwar nicht genannt, aber beschrieben wird, auch Verfassung fest ist, wird die Zukunft erweisen. eines aber wird immer klarer erkennbar: Die Aufladung der „Rente mit 63″  mit Gerechtigkeitsüberlegungen erweist sich immer mehr als das, was es ist – eine große Illusion. Nehmen wir nur als Beispiel die neu gefundene Ausnahmeregelung, dass Zeiten der Arbeitslosigkeit zwei Jahre vor dem Renteneintritt in die abschlagsfreie Rente mit 63 dann anerkannt werden können bei der Berechnung der Beitragsjahre, wenn sie aus einer Insolvenz des Unternehmens resultieren. Die Besserstellung dieses Falls wird dem Arbeitnehmer sicher nicht besonders gerecht erscheinen, der mit 61 von seinem Arbeitgeber gekündigt wurde, beispielsweise aus betriebsbedingten Gründen und dem vielleicht ein oder gerade die zwei Jahre fehlen, um die abschlagfsreie Rente mit 63 in Anspruch nehmen zu können.

Besonders lehrreich ist der nunmehr auftauchende Kompromiss, dass auch Zeiten einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bestimmung der zu erfüllenden Beitragsjahre berücksichtigt werden können. Man hat dies nicht ohne Grund im bisherigen Entwurf der Rentengesetzgebung ausgeschlossen. Denn anders, als jetzt in dem Kompromisspapier artikuliert, geht es eben nicht nur um die Fälle, in denen selbstständige Handwerker, die zuvor jahrelang ihre Pflichtbeiträge abgeführt haben und die sich ordentlich weiter freiwillig versichert haben, sicher erhebliche Gerechtigkeitsanfragen an das System stellen bzw. stellen würden, wenn ihre freiwilligen Versicherungsjahre bei der abschlagsfreien Rente mit 63 nicht berücksichtigt werden. Soweit so gut. Aber hierunter fallen eben auch andere Fälle in der Rentenversicherung, die nunmehr – gleichsam im Windschatten der Regelung für die Handwerker – von der Anrechnung auf die Beitragsjahre mit profitieren werden.

Thorsten Denkler und Thomas Öchsner haben in ihrem Artikel Paradoxe Intervention darauf hingewiesen, dass es gerade die CSU war, die explizit mit Gerechtigkeitsaspekten eine Forderung nach einer Ausweitung der „Rente mit 63“ (es sei ungerecht, dass Zeiten der Arbeitslosigkeit angerechnet werden sollen, nicht aber freiwillige Beitragsjahre) begründet hat. Nun fallen darunter wie gesagt aber nicht nur die Handwerker, wo man der Argumentation sicher voll folgen kann. »Von den 324.000 Menschen, die freiwillig gesetzlich rentenversichert sind, zahlen nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) 88 Prozent den Mindestbeitrag von 85 Euro im Monat. Die Höchstgrenze liegt bei 1.124 Euro.« Die freiwillig Versicherten können übrigens die Beitragshöhe – vom zu zahlenden Mindestbeitrag abgesehen – übrigens selbst festlegen. Was ist nun das Problem an dieser Stelle? Die Öffnung könnte dazu führen, dass freiwillig Versicherte sich mit einem sehr geringen Beitrag die Abschlagsfreiheit erkaufen können: »Wem für die abschlagfreie Rente mit 63 etwa nur ein Versicherungsjahr fehlt, der zahlt einfach den Betrag nach und schon geht es aufs Altenteil.«

Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass in dem nun heute veröffentlichten Kompromisspapier über die „Mütterrente“ überhaupt kein einziges Wort verloren wird. Dabei gibt es natürlich auch hier erhebliche Fragezeichen, die in der breiten Öffentlichkeit nicht mal ansatzweise so diskutiert werden, wie die (angeblichen und tatsächlichen) Probleme der „Rente mit 63“. Aber auch bei der Mütterrente gibt es Licht und Schatten. Eine ausführliche Diskussion findet sich in der vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie von Bach, S. et al. (2014): Die Verteilungswirkungen der Mütterrente. Es geht hier weniger um das Thema Finanzierung, also die Kritik, dass die „Mütterrente“ nicht aus Steuer-, sondern Beitragsmittel finanziert werden soll. Die „Witwerrente“ kommt zwar bei den Rentnerinnen mit kleinen und mittleren Renten an, nicht aber bei den fast 300.000 Rentnerinnen, die derzeit in der Grundsicherung sind, denn hier wird der zusätzliche Rentenbetrag voll auf den Grundsicherungsanspruch angerechnet, anders ausgedrückt: In diesen Fällen zahlt sich der Staat die Mittel der Rentenversicherung aus. Nur bei den Betroffenen kommt keinen Cent an. Dazu passt dann diese Einordnung: »Mit geschätzten Zusatzkosten von 6,7 Milliarden Euro ist die Mütterrente der teuerste Teil des von der großen Koalition geplanten Rentenpaketes … Von den 6,7 Milliarden Euro bleiben den Wissenschaftlern zufolge nur etwa 5,3 Milliarden letztlich bei den begünstigten Rentnerinnen. Der Rest fließe über höhere Steuern und Sozialbeträge oder eingesparte Transferzahlungen wieder an den Staat zurück.«

So oder so – das Ding wird jetzt am Freitag durch den Bundestag geschoben werden. Die Fragezeichnen allerdings bleiben, vor allem aber die Systemfragen.

Back to the 90’s? Auf der Insel können sie es einfach nicht lassen: Privatisierung um jeden Preis. Jetzt soll es die Kinderschutzdienste in Großbritannien treffen. Dagegen regt sich massiver Widerstand

Die 1990er Jahre waren geprägt von Schlagworten wie Deregulierung, Privatisierung oder Public Private Partnership. In diesen Jahren blühte der neoliberale Zeitgeist und diffundierte in die Köpfe fast aller politischer Entscheidungsträger. Besonders markant und zugleich tief einschneidend war die Übernahme von großen Teil dieses Gedankengutes auf der bisher als „links“ titulierten politischen Seite. Als Lordsiegelbewahrer dieser Neuausrichtung der Sozialdemokratie galt Tony Blair, von 1994-2007 Vorsitzender der Labour-Party und von 1997-2007 Premierminister von Großbritannien. Er vertrat eine Politik des freien Marktes und operierte mit Schlagworten wie „New Labour“ und „Dritter Weg“. Seine Amtszeit war geprägt durch eine Erhöhung der öffentlichen Ausgaben in einzelnen bildungs- und sozialpolitischen Feldern bei gleichzeitiger Einführung marktorientierter Reformen. Dazu gehörte auch die Übertragung von bislang staatlich organisierten Dienstleistungen an privat-gewerbliche Unternehmen, von denen man sich offensichtlich mehr Effektivität und vor allem Effizienz erhoffte.  Die damit verbunden der Privatisierung des Sozialstaates war schon damals heftig umstritten. Die mit ihr verbundene Ideologie und auch einige Versatzstücke dessen, was in Großbritannien von Blair auf den Weg gebracht wurde, haben auf die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder beeinflusst. Man schaue sich beispielhaft nur die zahlreichen Anleihen aus Großbritannien an, die sich im Abschlussbericht der so genannten „Hartz-Kommission“ finden lassen.
Nun sollte mittlerweile bekannt sein, dass auch die Privaten nur mit Wasser kochen und zuweilen auch erhebliche Kollerlateralschäden verursacht wurden durch die Beauftragung von auf Gewinn gerichteten Unternehmen im Sozialbereich. Trotz der vielen mehr als ernüchternden Erfahrungen, die wir hatten sammeln dürfen bzw. müssen, setzt die jetzige konservativ-liberale Regierung in Großbritannien auf eine konsequente Fortsetzung des damals unter Blair eingeschlagenen Weges. Nun haben sich die Privatisierungsbefürworter ein neues und überaus sensibles Feld für ihre Expansionsgelüste ausgesucht: den Kinderschutz.

»Experts sound alarm over proposal … to outsource children’s services to private firms«, so Patrick Butler in seinem Artikel Privatise child protection services, Department for Education proposes. Nach Plänen des zuständigen Bildungsministeriums (DfE) könnte die Zuständigkeit, Kinder aus ihren Familien zu nehmen, zusammen mit weiteren Kinderschutzdienstleistungen privatisiert werden. Grundlage ist ein Papier aus dem Ministerium mit dem Titel „Powers to delegate children’s social care functions“ vom 17. April 2014. Damit würde ein „outsourcing of children’s social services in England to companies such as G4S and Serco“ möglich werden, was auf massive Bedenken und Proteste von Experten stößt, denn hier soll ein neues Geschäftsfeld aufgemacht werden in einem überaus sensiblen Bereich für Großkonzerne – denn darum handelt es sich bei den beiden beispielhaft genannten Unternehmen, die von einem solchen Schritt profitieren könnten. Die Begründung für eine solche Öffnung hin zu gewinnorientierten Anbietern in dem Papier aus dem Ministerium kommt daher wie ein Textbaustein aus den späten 1990er Jahren: „encourage innovation and improve outcomes for at-risk youngsters“.

»Private providers will allow authorities to „harness third-party expertise“ and „stimulate new approaches to securing improvements“ for safeguarding services outside „traditional hierarchies“, the document says.«

„Das ist eine schlechte Idee“ – mit dieser Bewertung wird nicht irgendein Oppositionspolitiker zitiert, sondern die Professorin Eileen Munro, die vom derzeitigen Minister Michael Gove selbst beauftragt wurde, eine unabhängige Studie über den Kinderschutz in Großbritannien zu erstellen. Ihr umfassender Bericht wurde 2011 veröffentlicht (vgl. Munro, E.: The Munro Review of Child Protection. Final Report. A child-centred system, London, 2011 sowie weitere Reports aus dem Umfeld dieser Studie auf der DfE-Seite „Munro review reports„). Munro wird in dem Artikel von Patrick Butler zitiert mit den Worten »establishing a market in child protection would create perverse incentives for private companies to either take more children into care or leave too many languishing with dangerous families.« Perverse Anreize also, die durch die Etablierung eines Marktes im Bereich des Kindesschutzes ausgelöst werden können. Munro hat eine klare Position: „It’s the state’s responsibility to protect people from maltreatment. It should not be delegated to a profit-making organisation.“

Unabhängig von Munro’s Positionierung wurde ein öffentlicher Brief von 37 ausgewiesenen akademischen Kinderschutzexperten im Guardian veröffentlicht: Child protection services too important to be privatised, so haben sie ihr Protestschreiben genannt. Sie warnen vor allem vor der angestrebten Option, Unternehmen wie  G4S, Serco oder auch Atos mit Kinderschutzdiensten zu beauftragen und verweisen hierbei auf die offensichtliche Mängelliste, die den genannten Unternehmen heute schon anhaftet:

»Their track record elsewhere has hardly been unblemished in providing Olympics security, over-claiming payments for tagging offenders, misreporting on GP out-of hours contracts, and delaying and denying disability benefits … Child protection is much too important to be exposed to their fickleness and failings.«

Kathy Evans von Children England, die 100 Organisationen repräsentiert, wird ebenfalls mit einer ablehnenden Stellungnahme zitiert, denn »although there was a need to explore new ways of improving child safeguarding services, profit-making firms were not the answer«. Auch bei ihr kommt eine grundsätzliche Kritik an der Übertragung derart sensibler sozialpolitischer Aufgaben an private, auf Gewinn ausgerichtete Unternehmen zum Ausdruck: Der Minister »must ensure that no commercial company and its shareholders should ever be able to make profit from public spending on child protection. Such an important public function must never be open to the real, or even perceived, risk of being done in the pursuit of profit.« Children England hat mittlerweile sogar eine Petition aufgelegt zu diesem Thema

Interessant ist die Rolle von Michael Glove, dem zuständigen Minister, die man an einem scheinbaren Nebenaspekt verdeutlichen kann: Alle Kinderschutzdienste sollen seiner Meinung nach für private, gewinnorientierte Anbieter geöffnet werden – bis auf einen Bereich: die Adoptionsdienste.  Diese haben eine besondere Priorität für den Minister, der selbst adoptiert worden ist.

Nicht ganz so eindeutig ist die Positionierung der NSPCC, der größten Kinderschutzorganisation in Großbritannien. Es wird berichtet, dass diese Organisation relativ neutral sei bei der Frage, wer Schutzdienste anbietet. Entscheidend sie die Frage »how good a service is at turning children’s lives around«. Lisa Harker, für Strategie-Fragen bei der NSPCC zuständig, wird mit den Worten zitiert, die Organisation »still looking at the detail to see if there are sufficient checks and balances around service quality.«

Man wird sehen, wie dieser Vorstoß des Ministeriums in Großbritannien ausgehen wird und ob sich die zahlreichen Kritiker am Ende werden durchsetzen können. Von einer auch für Deutschland grundsätzlichen Bedeutung ist das Fallbeispiel, das in diesem Beitrag skizziert wurde, deshalb, weil hier entscheidende Grundsatzfragen der Organisation sozialer Arbeit mit besonders verletzlichen Menschen aufgeworfen werden:

Sind die nicht auf Gewinn ausgerichteten Wohlfahrtsorganisationen ein notwendiger und darüber hinaus ein hinreichender Schutz in diesem Fall für die Kinder und ihre Familien? Muss man aus grundsätzlichen Erwägungen, wie das in den Stellungnahmen immer wieder durchscheint, die Verquickung mit geschäftlichen Interessen von Unternehmen ausschließen? An solchen Stellen muss man natürlich unangenehme Fragen stellen, beispielsweise diejenige, die danach fragt, ob nicht auch die so genannten Non-Profit-Unternehmen ein fundamentales Interesse an der Aufrechterhaltung ihres „Geschäfts“ haben? Ist die Kontrolle der möglichen Anreize, die daraus entstehen können, sichergestellt seitens des Staates? Und auch wenn man äußerst skeptisch ist, was die den privaten Anbietern immer wieder zugeschriebene Wirkung in Richtung auf mehr Effektivität und vor allem mehr Effizienz angeht, müsste ein vor dieser Konkurrenz geschütztes System sich durchaus die Frage gefallen lassen, wie denn dann Innovationen, also neue Wege und auch neue Akteure, in das System gelangen können.

Und müsste man nicht mit Blick auf andere höchst sensible Felder der Sozialpolitik zu der grundsätzlichen Schlussfolgerung kommen, dass private, auf Gewinn gerichtete Unternehmen hier nichts zu suchen haben? Um diesen Gedankengang einmal auf die Situation in Deutschland zu übertragen, könnte man an den Bereich der Pflegeheime denken, von denen einige betrieben werden von privatgewerblichen Pflegeheimbetreibern wie der Curanum AG, die sogar an der Börse notiert sind. Müsste man, wenn man die Argumente, die seitens der Kritiker gegen eine Öffnung des Bereichs des Kinderschutzes vorgebracht wurden, logisch zu Ende denkt, nicht auch darüber diskutieren, ob man auf Gewinn gerichtete Unternehmen bei der Pflege alter Menschen überhaupt zulassen dürfte/sollte? Viel Stoff zum Nachdenken.

Lampedusa als Menetekel: Ein Meer wie ein Monster, die Qual eines unauflösbar daherkommenden Dilemmas und der Blick zurück, als die Europäer Afrikaner waren

Es ist unangenehm, verstörend, es lässt einen verzweifeln und man verspürt den Impuls, das Thema auszublenden, zu verdrängen, die eigene Ohnmacht mit Nicht-Hinschauen zu bestrafen. Die Rede ist von den Namenlosen, die sich aufmachen – oder es versuchen (werden) -, die Festung Europa zu erreichen. Die ihr Leben riskieren. Eine unzählbare Masse an einzelnen Menschen, mit ihren eigenen Geschichten, Hoffnungen und Enttäuschungen, die verdichtet werden zu Zahlen oder einer einzigen Zahl, die angesichts ihrer scheinbaren Objektivität nicht nur eine Distanz(ierung) zu den einzelnen Menschen ermöglicht, sondern die bei vielen zugleich auch eine Abwehrhaltung produziert, ein (un)bestimmtes Gefühl, das „Boot ist voll“, womit aber nicht die Seelenverkäufer auf dem Mittelmeer gemeint sind, sondern „unser“ Territorium, unsere Insel, auf die die Schiffbrüchigen zu kommen versuchen. Dabei wird zu oft vergessen, dass sich Geschichte mit anderen Vorzeichen eben doch wiederholt – und zuweilen tun wir gut daran, uns der eigenen Historie zu erinnern. Doch zuvor ein Blick an den aktuellen Rand des tausendfachen Dramas, das sich in und um „unsere“ europäische Badewanne namens Mittelmeer abspielt.

»Zwischen Januar und April hat die EU-Grenzschutzbehörde Frontex an den Außengrenzen der Union 42.000 illegale Migranten aufgegriffen –  fast viermal so viele wie im gleichen Vorjahreszeitraum. Die meisten von ihnen kamen unter Lebensgefahr über das Mittelmeer«, so die nüchtern daherkommende Meldung EU rechnet mit Rekordzahl von Flüchtlingen in der Online-Ausgabe der Berliner Zeitung. Peter Riesbeck zitiert in seinem Artikel den Frontex-Vize-Chef Gil Arias-Fernández mit den Worten: „Wir gehen davon aus, dass im Sommer sehr hohe Zahlen erreicht werden“. Früher seien die meisten illegalen Zuwanderer als Wirtschaftsflüchtlinge gekommen, so Arias-Fernández, jetzt treibe sie auch Furcht um ihr Leben – in Syrien, Libyen oder im inneren Afrikas. Und die „Chancen“ für die Verzweifelten stehen gut, denn die Sicherheitslage in Libyen habe sich „verschlechtert“ – man könnte an dieser Stelle auch drastischer formulieren, Libyen entwickelt sich zu einem „failed state“. Vor allem der EU-Außenposten Italien steht unter massiven Druck: Dort wurden vor der Küste laut Frontex in den ersten vier Monaten des Jahres rund 25.000 illegale Flüchtlinge aufgegriffen. In diesem Zusammenhang taucht dann immer wieder ein Name auf, der sich von seiner Bindung an eine real existierende Insel zu lösen beginnt und zu einer Art Menetekel transformiert: Lampedusa.

Hier nur ein gleichsam molekularer Ausschnitt aus der Berichterstattung des Schreckens: Dutzende Flüchtlinge ertrunken, wird am 12.05 gemeldet: »Vor der italienischen Insel Lampedusa ist ein Boot mit Hunderten Flüchtlingen gesunken, mindestens 14 Menschen sind ertrunken. Bereits am Vortag waren vor der Küste Libyens 40 Flüchtige auf dem Weg nach Europa gestorben. Die Zahlen der Opfer steigen möglicherweise weiter.« Andere haben „Glück“: »Im März hatte die italienische Marine in nur vier Tagen mehr als 4000 Menschen gerettet, die in überfüllten und oft kaum seetüchtigen Booten versucht hatten, nach Sizilien zu kommen« (vgl. dazu Marine greift 4000 Flüchtlinge vor Lampedusa auf). Anfang April wurde gemeldet: »Innerhalb weniger Stunden greift die italienische Marine mehrere Schiffe mit insgesamt 1049 Menschen auf – darunter 88 Kinder und drei Neugeborene« (vgl. Italiens Marine rettet mehr als 1000 Flüchtlinge). Und und und – man könnte das Mosaik von Horror-Meldungen scheinbar unbegrenzt erweitert.

Genau an dieser Stelle scheiden sich die Geister. Was tun angesichts von – angeblich, nach Angaben der italienischen Regierung – etwa 600.000 Afrikanern, die in Libyen darauf warten, einen der elenden Seelenverkäufer besteigen zu können, um das an und für sich nahe, zugleich aber so unendlich ferne Europa zu erreichen? Vor dem Hintergrund der erschütternden Zahlen gibt es die einen, für die stellvertretend hier die Grünen-Abgeordnete Ska Keller aus dem Europäischen Parlament zitiert werden soll. Sie fordert, die EU-Kommission müsse eine Kehrtwende in der europäischen Flüchtlingspolitik einleiten: „Wir brauchen eine Kommission, die legale und sichere Zugangsmöglichkeiten für Flüchtlinge schafft, statt nur immer weiter die Grenzen dicht zu machen“, so kann man ihre Position aus dem Artikel von Peter Riesbeck entnehmen. Als eine „mittlere“ Position kann man die hier verstehen: Die FDP-Europaabgeordnete Nadja Hirsch verlangt: „Menschen aus Kriegsgebieten müssen über Kontingente sicher in die EU gebracht werden und Asylanträge auch in Nordafrika stellen können, damit die gefährliche Flucht nicht mehr notwendig ist.“ Wenn man diesen Ansatz konsequent zu Ende denkt, dann landet man bei der Position der Hardcore-Vertreter, die das Problem mit den Flüchtlingswellen, die über das Mittelmeer kommen, in Form eines Outsourcing in die nordafrikanischen Staaten zu lösen gedenken. Konsequent wäre in diesem Kontext eine Assoziierung der nordafrikanischen Staaten mit der EU, so dass man über diese Struktur direkt in die Gestaltung des Flüchtlings-Vorhofs der Europäischen Union eingreifen könnte. „Natürlich“ würde man eine Assoziierung der Maghreb-Staaten nicht so offen und direkt mit der Regulierung der Flüchtlingsfrage begründen.

Stefan Ulrich hat in seinem Kommentar Ein Meer wie ein Monster das angerissene Dilemma aufgegriffen und bringt es auf den Punkt:

»Zwei radikale Konzepte werden angeboten: Festung oder freie Fahrt. Die Festungsbauer sagen, Europa könne nicht alle Not der Welt lindern und unbegrenzt Menschen aufnehmen. Andernfalls krachten die Sozialsysteme zusammen und die verschreckten Bürger wendeten sich extremistischen Parteien zu. Europa müsse höhere Mauern bauen, um sich vor Überforderung zu schützen. Nur: Das alles hat Europa schon versucht. Ein Ergebnis sind die Ertrunkenen von Lampedusa … Deswegen argumentieren die Anhänger der freien Fahrt, die EU müsse sichere Routen für alle nach Europa schaffen, damit Flüchtlinge nicht Menschenhändlern, korrupten Beamten in Chaosstaaten und den Launen des Meeres ausgeliefert sind. Das klingt sympathisch und human.
Doch wie viele Afrikaner, Araber und Zentralasiaten würden sich wohl ermuntert fühlen, nach Europa aufzubrechen, wenn sie wüssten, dass ihnen sichere Reisewege von der EU garantiert oder sogar Fähren bereitgestellt werden. Millionen? Abermillionen? Niemand kann das voraussagen … Die Gefahr ist jedoch groß, dass das Modell freie Fahrt die Verwerfungen schafft, vor der die Festungsbauer warnen.«

Auch Stefan Ulrich kann keinen überzeugenden Weg aufzeigen, dessen Beschreiten uns helfen kann, aus diesem Dilemma auszubrechen. Er formuliert aber einen Gedanken, der überleitet zu einem interessanten und wichtigen Aspekt, der bislang selten oder gar nicht in Erinnerung gerufen wird:

»Sie sollten sich an Zeiten erinnern, in denen Millionen von ihnen – Deutsche, Italiener und Iren etwa – vor Hunger und Unterdrückung in andere Länder flohen. Sie erwarteten und erhielten dort oft eine menschenwürdige Aufnahme. Genau das müssen die Europäer nun auch jenen Menschen gewähren, die auf taumelnden Booten ihren Küsten entgegenfiebern. Die Lasten, die das mit sich bringt, müssen dabei künftig gerechter unter allen EU-Staaten verteilt werden, nach Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft.«

Der von Ulrich angedeutete historische Aspekt der europäischen Migrationsgeschichte wird in dem lesenswerten Beitrag „Seelenverkäufer“ von Ronen Steinke in der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 17.05.2014 (Print-Ausgabe) aufgegriffen und entfaltet. Er beginnt seinen Beitrag nicht umsonst mit einem Hinweis auf eine neue Fernsehserie in Kenia mit dem Namen „Usoni“. Über die wurde auch schon an anderer Stelle kurz berichtet:

Wie wäre es, wenn arme Europäer in Afrika Zuflucht suchten oder: Warum nicht mal die Rollen tauschen? Diese Fragen, so Frank Drieschner in seinem Artikel Weiß wird schwarz, sind das Fundament, auf dem „Usoni“ gebaut ist: »Im Jahr 2062 ist Europa eine ökologische Ruine. „Hier gibt es nichts mehr für uns“, sagt der weißhäutige Held Ulysse zu seiner schwangeren Freundin Ophelia. „Afrika ist der einzige Ort, an den wir fliehen können, um etwas aufzubauen.“ Und so machen sich Ulysse und Ophelia auf den Weg: Sie begeben sich in die Hände von Menschenhändlern, sie besteigen in Lampedusa einen löchrigen Seelenverkäufer, sie schlagen sich mit Grenzschützern und Einwanderungsbehörden, mit komplizierten Visa-Regelungen und unverständlichen Vorschriften des afrikanischen Aufenthaltsrechts herum.« Kenianische TV-Serie hält Europa den Spiegel vor, so die zutreffende Einordnung im österreichischen Standard.

Steinke greift das zum Einstieg in sein Thema auf, weil auch hier wieder Lampedusa eine Rolle spielt (nur in umgekehrter Richtung). Und die umgekehrte Perspektive zur heutigen Situation ist das, was ihn interessiert und worüber er in seinem Artikel berichtet. Denn früher waren es die Europäer selbst die Zuflucht suchten – und sie kamen oftmals in Lumpen in ferne Länder. Zugespitzt formuliert: viele Europäer waren früher die Afrikaner von heute. Er illustriert das anhand einiger Beispiele.
Am Anfang auch dieses Blog-Beitrags ging es um furchteinflößende Zahlen, was die Flüchtlingswelle, die aktuell an den Außengrenzen der Europäischen Union ankommt, betrifft. In diesem Kontext ist das folgende Zitat aus dem Artikel von Steinke besonders relevant:

»Der Flüchtlingsstrom, der einst aus Europa kam, bestand aus durchschnittlich einer halben Million Menschen – pro Jahr. Und dies ein ganzes Jahrhundert lang, zwischen 1824 und 1924. Insgesamt waren es 52 Millionen Europäer, die in diesem Zeitraum ihre Heimat verließen. Allein aus Deutschland kamen 1882 eine Viertelmillion Migranten. Im Vergleich dazu gibt es auf dem Mittelmeer heute fast ruhig zu.«

Was für (mögliche) Analogien kann man bei einem Blick auf diesen Teil der weltweiten Migrationsgeschichte entdecken. Steinke zitiert die Inschrift auf einer Bronzetafel auf dem Sockel der Freiheitsstatue im Hafen von New York: „Give me your tired, your poor/Your huddled masses yearning to breathe free“. Gebt mir eure Müden, eure Armen, eure kauernden Massen, die sich danach sehnen, frei zu atmen. Die Zeilen stammen von Emma Lazarus, selbst Tochter von jüdischen Einwanderern. Und auch hier wieder lassen sich interessante Parallelen zur heutigen Situation herstellen: Denn gemeint waren unter anderen die Iren, die im 19. Jahrhundert vor der Kartoffelfäule flohen, die eine Million Menschen auf der Insel hatte verhungern lassen – vier Mal so viele wie bei der Hungersnot 2011 in Somalia –, oder jene Deutschen, die schon im 19. Jahrhundert und erst recht zu Beginn des 20., auf der falschen Seite der Gesellschaft lebten und die vor bitterer Armut und Perspektivlosigkeit in ihrem Heimatland dieses verlassen haben. Aber auch eine aus heutiger Sicht zynische Ironie kann man an dieser Stelle entdecken: Das Lampedusa der europäischen und damit auch der deutschen Auswanderer hieß Ellis Islands Allerdings mit einem großen Unterschied zu heute, denn „Wirtschaftsflüchtlinge“ waren damals willkommen – geht mir eure „huddled masses“, also genau die, vor denen man sich heute fürchtet und die mit dem Brandzeichen einer nicht gerechtfertigten Migration versehen werden.

In der heutigen Diskussion taucht immer wieder ein Argument auf, um die negativen Seiten der Zuwanderung beim Namen zu nennen: die Schleuser, die als „Menschenhändler“ etikettiert und reduziert werden auf die Tatsache, dass sie mit dem menschlichen Leid und dem Versuch, diesen zu entfliehen, viel Geld machen.  Dazu Steinke:

»Aber seine größte Blüte erreichte das Gewerbe der Schleuser im Europa des 19. Jahrhunderts, schon allein deshalb, weil die Zahl der potentiellen Kunden damals bedeutend größer war als heute. „Auswanderungsagenten“ nannten sich die Männer, die tolle Geschichten erzählten über das angeblich süße Leben in Amerika, und die gegen Geldsummen in der Höhe ganzer Jahreseinkommen eine Atlantiküberquerung organisierten. Von der Unternehmer bekam sie oft auch noch eine Provision pro geworbenen Passagier, was sie manchmal zu windigen Lockmethoden und falschen Versprechungen angespornte und ihm den Beinamen „Seelenverkäufer“ eintrug.«

Damals wurden die Schleuser – so wie heute auch – von Politkern als Kriminelle bezeichnet und des Menschenhandels bezichtigt. Zumindest aber die heutige geschichtswissenschaftliche Sicht auf das, was vor 150 Jahren stattfand, arbeitet mit einer anderen Charakterisierung. Herausgestellt wird die ökonomische Tatsache, dass die steigende Nachfrage nach Beratern und Institutionen verlangte, die eine Auswanderung organisieren und die Auswanderungswilligen beraten konnten. Auch wenn manche illegal gearbeitet haben – sie haben weitestgehend die massenhafte Auswanderung damals reibungslos, heute würde man wohl sagen: effizient, organisiert.

Das Gemisch, das damals zu der massenhaften Auswanderung geführt hat, also Armut und politische Spannungen, bestand aus den gleichen Zutaten, die heute in Afrika Flüchtlingsströme auslösen. Wichtig ist die Feststellung von Steinke: Die heutigen Flüchtlingsströme aus Afrika sind Rinnsale im Vergleich zu jenen aus dem alten Europa. Aber der Unterschied zwischen damals und heute ist nicht nur die quantitative Dimension, sondern mittlerweile sind Deutschland und auch andere Länder in der Festung Europa zu einem Sehnsuchtsort für Ärmere geworden. Und außerdem – während damals viele „Wirtschaftsflüchtlinge“ Aufnahme haben finden können, sind ihre heutigen Nachfahren mit einem Europa konfrontiert, das sich gegen sie mit großem Aufwand abschottet. Auch wenn es nichts an akuten Problemen löst – die Menschen, die heute auf der Sonnenseite des Lebens leben können, sollten durchaus etwas demütiger sein, wenn sie sich der europäischen Armutswanderung erinnern würden.