Neue Jobs auf dem deutschen Arbeitsmarkt und die Bedeutung der ausländischen Arbeitskräfte

Noch nie zuvor wurden so viele Beschäftigte in Deutschland gezählt wie derzeit. Hinsichtlich der quantitativen Beschäftigungsentwicklung werden nach einer kurzzeitigen Corona-Delle wieder Rekordmeldungen in die Welt gesetzt. So berichtet das Statistische Bundesamt am 16. Februar 2023 unter der Überschrift 4. Quartal 2022: Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland erreicht neuen Höchststand, dass am Ende des vergangenen Jahres rund 45,9 Millionen Personen in Deutschland erwerbstätig waren. »Verglichen mit dem 4. Quartal 2021 stieg die Zahl der Erwerbstätigen im 4. Quartal 2022 um 492.000 Personen.« Und die Statistiker heben hervor: »Zum Anstieg der Erwerbstätigkeit … hat maßgeblich die positive Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung beigetragen.«

Und betrachtet man das gesamte zurückliegende Jahr 2022, dann sehen wir einen beeindruckenden Zuwachs an Beschäftigten: 2022 gab es in Deutschland 642.000 neue Jobs: Knapp 70 Prozent wurden durch Zugewanderte besetzt, so ist ein Beitrag von Joana Lehner überschrieben. Aber wer besetzt eigentlich diese neuen, zusätzlichen Arbeitsplätze?

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Geflüchtete aus der Ukraine und der deutsche Arbeitsmarkt

Ende Februar 2022, also kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, lebten nach Angaben des Ausländerzentralregisters (AZR) etwa 155.000 Staatsangehörige aus der Ukraine in Deutschland. Das hat sich massiv verändert in den Monaten nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Im Mai 2022 waren bereits fast eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer im AZR erfasst. Bis Ende Dezember 2022 wurden rund 1,2 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland gezählt – wobei man berücksichtigen muss, dass die Zahlen weitaus weniger fest sind als sie vorgetragen werden. Denn für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine wurde in der EU erstmals die Richtlinie 2001/55/EG aktiviert – die sogenannte „Massenzustromrichtlinie“ (vgl. dazu den Beitrag Millionen Menschen auf der Flucht, die Aktivierung der „Massenzustromrichtlinie“ und die zahlreichen Folgefragen mit Blick auf die in Deutschland ankommenden Opfer der russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine vom 5. März 2022). Diese Richtlinie stammt bereits vom 20. Juli 2001. Sie wurde als Folge des Jugoslawien-Krieges erarbeitet – und niemals angewendet. Nun aber gewährt man den Menschen aus der Ukraine ein Aufenthaltsrecht bis zu drei Jahren, ohne dass sie das herkömmliche Asylverfahren durchlaufen müssen, mit Anspruch auf Sozialleistungen, seit dem Sommer 2022 sind sie in Deutschland in das Grundsicherungssystem (SGB II) integriert, also in das mittlerweile in „Bürgergeld“ umetikettierte Hartz IV-System (die Regelungen gelten zunächst bis März 2024). Von besonderer Bedeutung ist auch die für Flüchtlinge aus der Ukraine anders als für „normale“ Flüchtlinge geltende „Niederlassungsfreiheit“, was natürlich dazu geführt hat, dass zum einen die Verteilung regional sehr unterschiedlich ausfällt und zum anderen die Kommunen „auf Sicht“ fahren müssen, was insbesondere angesichts der Tatsache, dass es aufgrund der Struktur der Geflüchteten einen enormen Bedarf Kinderbetreuung und Schulunterricht gibt.

Quelle der Abbildung: Kerstin Bruckmeyer et al. (2023): Ukrainerinnen und Ukrainer in der Grundsicherung: Über ein Drittel der Erwerbsfähigen ist alleinerziehend, in: IAB-Forum, 22.02.2023

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Die höchst systemrelevanten Vergessenen: LKW-Fahrer. Auch hier geht es um einen großen Mangel

Wer erinnert sich nicht an die beiden Corona-Jahre 2020 und 2021. Da wurden wir immer wieder konfrontiert mit Berichten über (angeblich) systemrelevante Berufe, deren Wert man nun endlich zu schätzen habe. Vor allem Gesundheitsberufe waren darunter, hin und wieder und mit deutlichem Abstand wurde auch auf die vielen überwiegend Frauen im Einzelhandel, vor allem in den Supermärkten, hingewiesen. Und an der einen oder anderen Stelle schafften es dann sogar die LKW-Fahrer in den Strom der zahlreichen Berichte über diejenigen, die für uns alle und ihre tägliche Versorgung unverzichtbar sind. Aber das waren nur punktuelle Eruptionen, zu weit weg für die meisten Menschen ist die eben nicht (mehr?) romantisierbare Trucker-Welt. Zu viele Hinweise auf katastrophale Arbeitsbedingungen lassen sich in der Medienberichterstattung finden, wenn man denn suchen würde. Aber das ist für meisten Menschen ganz weit weg, da geht es eher um das Erstaunen, wenn Lieferungen nicht sofort zugestellt werden oder gar mehrere Tage vergehen, bis die gewünschten Produkte direkt an die Haustür und das selbstverständlich ohne zusätzliche Kosten für die Endabnehmer transportiert werden.

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