Ein Rentenniveau und die Kunst seiner rechnerischen Aufhübschung

Jeder hat schon mal von ihm gehört oder gelesen – der deutsche „Eckrentner“. Immer wieder betritt diese Kunstgestalt die Bühne der rentenpolitischen Diskussion. Vereinfacht gesagt ist das ein Arbeitnehmer, der es geschafft hat, a) 45 lange Jahre immer beitragspflichtig gearbeitet zu haben und b) der in dieser Zeit immer Beiträge in die Rentenkasse abgeführt hat auf der Grundlage des Durchschnittsverdienstes in der Gesetzlichen Rentenversicherung (zur Orientierung: das lag 2016 bei 3.016 Euro brutto im Monat, wobei diese Höhe zugleich auch verdeutlicht, dass man hier von sozialversicherungspflichtiger Vollzeitarbeit ausgeht). Wenn unser Eckrentner das geschafft haben sollte, dann werden ihm dafür auf seinem Rentenkonto 45 Entgeltpunkte gutgeschrieben. Die muss man dann nur noch mit aktuellen Rentenwert multiplizieren, wenn er ohne Abzüge, also nicht vorzeitig, in den Ruhestand geht, um seine oder ihre Monatsrente (brutto) zu bestimmen. Der aktuelle Rentenwert liegt seit dem Juli 2018 bei 32,03 Euro in Westdeutschland, bezogen auf unseren Eckrentner wären das also 1.441 Euro Monatsrente brutto. Nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge landen wir bei einer Nettomonatsrente von 1.285 Euro. Diese Größe schmilzt dann wie die Butter in der Sonne, wenn der konkrete Rentner bei den „persönlichen Entgeltpunkten“ keine 45 stehen hat, sondern eine kleinere Zahl, beispielsweise weil er oder sie gar nicht auf die 45 Jahre Beitragsjahre gekommen ist und/oder aber in diesen Jahren Beiträge „nur“ für ein reales Arbeitseinkommen unterhalb des Durchschnittsverdienstes abgeführt worden sind und/oder keine Voll-, sondern „nur“ eine Teilzeiterwerbsarbeit ausgeübt wurde. 

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Immer wieder Konflikte um die Unterkunftskosten der Hartz IV-Empfänger. Und eine eigenartige Seitwärtsbewegung des Bundesverfassungsgerichts

Wenn über „Hartz IV“, also die Grundsicherung nach SGB II, diskutiert wird, dann stehen meistens die Regelleistungen im Mittelpunkt, also der Geldbetrag, mit dem Hartz IV-Empfänger ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen- für einen alleinstehenden Leistungsbezieher sind das 416 Euro im Jahr 2018. Aber da gibt es noch eine zweite ganz wichtige Säule des Grundsicherungssystems: Bedarfe für Unterkunft und Heizung, so ist der hier relevante § 22 SGB II überschrieben. Dort findet man gleich am Anfang diesen Satz: »Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.«

Das liest sich im ersten Moment einfacher, als es dann tatsächlich ist. Denn das Problem verbirgt sich hinter dem unbestimmten Rechtsbegriff „angemessen“, denn die Angemessenheit selbst ist eben nicht im Gesetz definiert, muss also im Verwaltungsalltag festgelegt und durch Richterrecht falls notwendig korrigiert und fortgeschrieben werden. Vgl. dazu ausführlich den Beitrag Die angemessenen „Kosten der Unterkunft und Heizung“ im Hartz IV-System: Wenn ein unbestimmter Rechtsbegriff mit elementaren Folgen von der einen Seite bestimmt werden soll vom 16. Februar 2018. Die Konflikte zwischen den Betroffenen und den Jobcentern um die Frage, welche Mietkosten (noch oder nicht mehr) „angemessen“ sind, landen oftmals vor den Sozialgerichten. 

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Psychische Belastungen in der Arbeitswelt – eine der Ursachen für eine (spätere) Erwerbsminderung. Und wieder einmal eine ungleiche Verteilung zwischen Männern und Frauen

In der aktuelle Renten-Debatte taucht auch immer wieder die Erwersbminderungsrente auf (vgl. dazu den Beitrag Stabilisierung und Verbesserung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung: Ein Gesetzentwurf und seine Untiefen am Beispiel der Erwerbsminderungsrente vom 3. September 2018).  Bei dieser Rentenart geht es um Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig verrentet werden (müssen). Derzeit gibt es mehr als 1,8 Millionen Menschen, die eine Rente wegen Erwerbsminderung beziehen. Abgesehen von Sondereffekten kann man sagen, dass jährlich mit 20 Prozent gut jeder fünfte Rentenzugang auf die Erwerbsminderungsrente entfällt. Als Erwerbsminderungsrentner wurden im vergangenen Jahr knapp 166.000 Personen anerkannt. Hauptursache beim Rentenzugang wegen verminderter Erwerbsfähigkeit waren 2017 unabhängig vom Geschlecht psychische Störungen – allerdings mit einem erheblichen Gefälle zwischen Frauen und Männern. Mit Abstand häufigste Ursache sind Zahlen der Deutschen Rentenversicherung zufolge psychische Erkrankungen. Auf deren Konto gingen deutlich mehr als vier von zehn Rentenzugängen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Psychische Störungen lagen zwar bei Frauen wie auch bei Männern an erster Stelle. Allerdings war bei Letzteren der Anteil mit nur einem guten Drittel deutlich unterdurchschnittlich ausgeprägt. Bei den Frauen war es hingegen beinahe die Hälfte.

Man muss sehen, dass man an dieser Stelle mit den Ergebnissen langjähriger Prozesse in den Erwerbsbiografien der Menschen konfrontiert wird – also anders gesagt, dass die Ursachen für das, was dann am Ende zu einer vorzeitigen Verrentung geführt hat, neben der immer gegebenen sehr individuellen Komponente auch durch die krankmachenden (oder davor schützenden) Arbeitsbedingungen beeinflusst werden.

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