Das „Starke-Familien-Gesetz“: Zwischen semantischen Kapriolen des Gesetzgebers und sicher gut gemeinten bürokratischen Verbesserungs-Klimmzügen

Die einen werden sagen, man kann es aber auch nie richtig machen: Da werden die Juristen für ihre zumeist sehr technokratisch daherkommenden Gesetzgebungswortungetüme kritisiert. Versuchen sie es hingegen in Umsetzung eines entsprechenden politischen Verlangens mit semantischen Höhepunkten einer (scheinbar) „Nah an den Leuten“-Wortwahl und generieren ein „Gute-Kita-Gesetz“ und kurz darauf ein „Starke-Familien-Gesetz“, dann werden sie auch wieder kritisiert, zumindest aber wird kübelweise Spott ausgegossen und von einer Infantilisierung ist die Rede. Was kommt als nächstes? Ein „Gutes-Diesel-Gesetz“ für die von Fahrverboten und einer sich in die Büsche schlagenden Automobilindustrie geplagten Diesel-Fahrer in diesem Land? Wird das „Gute-Gesetzgebungs-Gesetz“ den absoluten Höhepunkt darstellen?

Aber bleiben wir bei den Fakten: Das „Starke-Familien-Gesetz“ ist ja nur die Wohlfühl-Etikette, die man in den öffentlichen Ring geworfen hat, die „richtige“ Bezeichnung des Gesetzentwurfs, der vom Kabinett bewilligt wurde und nun in den weiteren Gesetzgebungsprozess eingespeist wird, geht so: „Gesetz zur zielgenauen Stärkung von Familien und ihren Kindern durch die Neugestaltung des Kinderzuschlags und die Verbesserung der Leistungen für Bildung und Teilhabe (Starke-Familien-Gesetz – StaFamG)“. Das hört sich nun schon weniger simpel an. 

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„Profitgier“, „Asylindustrie“. Was die „Rotzbuben“ auf den Vorwurf von „Empathie-Defiziten“ in der Regierung antworten. Die Caritas in Österreich unter Beschuss

In Deutschland gibt es seit längerem die nicht unbegründete Klage, dass die politische Auseinandersetzung immer unterirdischer wird und viele beklagen eine nicht nur, aber auch sprachliche Verrohung im Nicht-Umgang miteinander. Wer da Bedarf an Steigerungsformen hat, dem sei ein Ausflug nach Österreich empfohlen, da wurde schon in Haiders Zeiten verbal ganz anders geholzt. Und in der langsam nicht mehr neuen österreichischen Nachfolge-Regierung zur letzten schwarz-roten Koalition, bestehend aus dem türkis-blauen Zusammenschluss von ÖVP und FPÖ, sitzen durchaus und nicht nur sprachradikale Politiker. Die gerne austeilen – und scheinbar vor allem, wenn sie sich angegriffen fühlen. Aber der Reihe nach.

Was ist passiert? Am Ende eines Jahres häufen sich ja diese vielen Jahresrückblicke, in denen man mehr oder weniger gelungen Bilanz zu ziehen versucht. Und sozialpolitisch war ja im nunmehr abgelaufenen Jahr 2018 in Österreich eine Menge los, man denke hier nur an die Sozialhilfe-Kürzungen der neuen Bundesregierung. In diesem Kontext wurde auch der Präsident der Caritas Österreich, Michael Landau, interviewt. „Mit Sorge beobachten wir einen Klimawandel in unserem Land“, blickt Landau auf das vergangene Jahr zurück. „Der Ton wird rauer, das Klima kälter.“ Über Menschen in Not werde abschätzig gesprochen, „ich habe den Eindruck, hier ist der gesellschaftliche Wertekompass ein Stück weit abhandengekommen oder verrutscht“. Und dann das: Landau erkennt „Empathie-Defizite“ in der Regierung. Maßnahmen wie die Kürzung der Mindestsicherung gingen an der Lebensrealität der Menschen vorbei.

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Vom Hörsaal über eine geregelte Weiterbildung an die Couch? Die Psychotherapeuten sollen einen eigenen Studiengang bekommen

Das Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz; PsychThG) regelt seit 1999 in Deutschland die Ausübung der Psychotherapie durch nichtärztliche Psychotherapeuten, also durch die Psychologischen Psychotherapeuten und die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Aus Sicht der Ärzte war das ein markanter Einschnitt, denn bis 1999 durften in Deutschland im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur Ärzte Psychotherapie durchführen. Diplom-Psychologen konnten jedoch im sogenannten Delegationsverfahren tätig werden. Voraussetzung dafür war eine Weiterbildung in einem anerkannten und zugelassenen Verfahren der Psychotherapie und ein delegierender Arzt.

Das hat sich mit dem PsychThG entscheidend verändert, denn: Menschen mit psychischen Erkrankungen können sich direkt an einen niedergelassenen Psychotherapeuten wenden. Eine Überweisung ist hierfür nicht (mehr) erforderlich. Damit hat man die Psychologischen Psychotherapeuten und die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gleichsam als eigene Säule neben die Medizinern gestellt und auch noch die Abrechnung der Leistungen mit dem Honorartopf für die niedergelassenen Ärzte vermengt, wenn die Psychotherapeuten eine Kassenzulassung haben. Beides ist nicht auf Wohlwollen bei den etablierten Medizinern gestoßen (um das mal freundlich zu formulieren), sowohl der Entzug des Hierarchie- (und Steuerungs)elements der Delegation wie auch die Einbettung in die gewachsenen Vergütungsstrukturen der ambulanten, also vertragsärztlichen Versorgung. Hier vermengen sich handfeste finanzielle Interessen im „Haufischbecken“ Gesundheitswesen mit durchaus fundamentalen Statusfragen im bisher pyramidal strukturierten System der Gesundheitsberufe, in der alle Nicht-Mediziner unter diesen als Heil- und Hilfsberufe eingeordnet wurden. 

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