Wer „zu früh“ da war, darf von späteren Verbesserungen ausgeschlossen werden. Das Bundessozialgericht hat entschieden: Keine höhere Erwerbsminderungsrente für Bestandsrentner

In der vergangenen Jahren wurde hier immer wieder über die Situation der Menschen berichtet, die auf eine Erwerbsminderungsrente angewiesen sind – es handelt sich dabei um Menschen, die vor dem Erreichen der normalen Altersgrenzen so krank sind, dass sie nicht mehr voll oder gar keiner Erwerbsarbeit nachgehen können. Und es wurde dabei auch immer wieder über gesetzgeberische Aktivitäten in diesem Bereich berichtet, bei denen es darum ging, die prekäre Situation der Erwerbsminderungsrentner zu verbessern. Da ist durchaus einiges bewirkt worden.

Wir reden beim Thema Erwerbsminderungsrenten nicht von einer kleinen Gruppe oder gar Einzelfällen. Beispiel 2021: In diesem Jahr wurden 848.000 Altersrenten neu bewilligt, hinzu kamen 166.000 Erwerbsminderungsrenten, die neu bewilligt und ausgezahlt wurden. Bei den Erwerbsminderungsrenten zeigt sich zwischen 2000 und 2006/2007 ein Rückgang von 237.000 bis auf bis auf 160.000. Seitdem bewegt sich die Anzahl der Neuzugänge in Erwerbsminderungsrenten innerhalb eines Korridors von 160.000 bis etwa 180.000 Personen.

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Selbstständig oder doch nicht? Von abhängigen Not- und weiteren Ärzten auf der einen und Chefdirigenten auf der anderen Seite

»Seit vielen, sehr vielen Jahren wird immer wieder auch vor Gericht darüber gestritten, ob jemand als „freier Mitarbeiter“ und damit als Selbstständiger arbeitet bzw. arbeiten kann – oder aber nicht. Denn dann handelt es sich um einen abhängig beschäftigten Arbeitnehmer, für den andere Spielregel gelten, beispielsweise müssen Sozialabgaben gezahlt werden und es wird ein Arbeitsverhältnis begründet, mit dem für den Arbeitgeber ganz andere Pflichten verbunden sind als wenn der einen Auftrag vergeben würde an einen (formal) selbstständigen Unternehmer (seiner selbst).« So beginnt der Beitrag Über einen unfreien, als freien Mitarbeiter deklarierten Physiotherapeuten und die Bedeutung eines Urteils für andere (nicht nur) Gesundheitsberufe, der hier am 1. Oktober 2021 veröffentlicht wurde. Darin ging es nicht nur um (scheinselbstständige) Physiotherapeuten, sondern auch um den allerdings gerichtlich zurückgewiesenen Versuch, „freiberufliche“ Pflegekräfte in Pflegeheimen und Kliniken, eingebettet in „normale“ Belegschaften und Abläufe, zu nutzen (vgl. dazu z.B. BSG Urteil vom 7.6.2019 – B 12 R 6/18 R – BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44).

Man ahnt bereits hier, dass wir uns in einer höchst umstrittenen, weil ganz unterschiedliche Interessen betreffende Zone befinden. Aus einer sozialstaatlichen Perspektive und damit nicht nur, aber auch mit Blick auf die immer noch überwiegend an die Löhne aus abhängiger Erwerbsarbeit gekoppelten Sozialversicherungsbeiträge wird man verhindern wollen, dass sich Arbeitgeber ihren Pflichten aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis – und das sind nicht nur Finanzierungspflichten – dadurch zu entziehen versuchen, in dem sie an sich abhängige Arbeit in eine „selbstständige“ umetikettieren. Dahinter steht das legitime Interesse, Scheinselbstständigkeit zu verhindern.

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Bundessozialgericht: Auch ein Minijob kann möglicherweise einen Hartz IV-Anspruch für nach Deutschland eingereiste EU-Bürger begründen

Der Leistungsausschluss von EU-BürgerInnen aus dem SGB II/SGB XII beschäftigt seit Jahren die Sozialgerichtsbarkeit. In kaum einer anderen Rechtsfrage gehen die Entscheidungen der Sozialgerichte so weit auseinander wie in den Entscheidungen zum Leistungsausschluss von EU-Bürgern. »Der Ausschluss bestimmter EU-BürgerInnen von Leistungen des SGB II/SGB XII wurde zuletzt mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch am 29.12.2016 geändert. Motiv der Änderung war, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 3. Dezember 2015 (BSG, B 4 AS 44/15 R) zu korrigieren«, so Bernd Eckhardt in seinem im Oktober 2019 veröffentlichten Beitrag Disparate Rechtsprechung bei den Leistungsausschlüssen von EU-BürgerInnen im SGB II/SGB XII. Das höchst umstrittene und politisch mehr als brisante Thema (dahinter steht letztendlich auch die Debatte über eine – angeblich – „Einwanderung in das deutsche Sozialsystem“) wurde auch hier schon behandelt, vgl. beispielsweise den Beitrag Arbeitnehmerfreizügigkeit, aber: Der EuGH gegen Sozialleistungen für EU-Bürger in anderen EU-Staaten, das BSG teilweise dafür, andere Sozialgerichte gegen das BSG vom 25. Februar 2016. Nun kann von zwei neuen Entscheidungen des Bundessozialgerichts berichtet werden, die es durchaus in sich haben. Zur Einordnung muss man wissen, dass seit Januar dieses Jahres der gesetzliche Ausschluss von Hartz-IV-Leistungen für EU-Bürger mit in Deutschland zur Schule gehenden Kindern weggefallen ist.

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