»Mit Wohltätigkeit und Fürsorge begründete Zwangsmaßnahmen sind in vielen Feldern des Sozial- und Gesundheitswesens verbreitet. Dabei handelt es sich etwa um freiheitsentziehende Maßnahmen, wie die Unterbringung in Kliniken und anderen stationären Einrichtungen gegen den Willen der betroffenen Person oder das Anbringen von Bettgittern oder Fixierungsgurten, um medizinische Behandlungen oder Pflegemaßnahmen gegen den Willen eines Patienten oder um sogenannte intensivpädagogische Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe. Wenn eine Person sich selbst schwer zu schädigen droht, können solche Zwangsmaßnahmen dem Wohl der betroffenen Person dienen. Gleichwohl stellt jede Anwendung solchen „wohltätigen Zwangs“ einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Person dar und ist folglich in besonderem Maße rechtlich und ethisch rechtfertigungspflichtig. Dies führte immer wieder zu kritischen Diskussionen über entsprechende Praktiken in der Medizin, in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie in Pflege- und Behindertenheimen.«
Mit diesen Worten beginnt eine Mitteilung des Deutschen Ethikrates unter der Überschrift Wann dürfen Menschen vor sich selbst geschützt werden? Hier werden ganz elementare Fragen aufgerufen, die sich tagtäglich in vielen Bereichen des Sozial- und Gesundheitswesens stellen. Und die sporadisch an die Oberfläche der öffentlichen Wahrnehmung gespült werden, meistens im Kontext von Skandalisierung (vermeintlich) missbräuchlicher Ausübung von Zwang gegen den (vermeintlichen) Willen einzelner Menschen.