Gerichtstage: Das Bundesarbeitsgericht und das, was aus den Untiefen der Arbeitswelt nach oben gehievt wurde. Leiharbeiter bekommen das Mindeste, rumänische Bauarbeiter nichts

Diese Lebensweisheit kennen (fast) alle oder zumindest viele: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“. Dieser aus der Römerzeit stammende Stoßseufzer wird gern verwendet, um die scheinbare Hilflosigkeit im Umgang mit Recht und Gesetz auf den Punkt zu bringen. Den folgenden Sinnspruch kennen hier sicher deutlich weniger Menschen: „Vor Gericht braucht man drei Säcke, einen mit Papier, einen mit Geld und einen mit Geduld.“ Wobei der letztgenannte Aspekt, also die erforderliche Geduld, vor allem dann notwendig wird in Form eines sehr langen Atems, wenn ein strittiger Sachverhalt bis zur höchsten richterlichen Instanz getrieben wird.

Und dann geht das mal so oder eben anders aus. Nehmen wir als Beispiel das Bundesarbeitsgericht. Die haben zu Gericht gesessen und aus Sicht der Arbeitnehmer zwei ganz unterschiedliche Signal ausgesendet. In einer sehr verkürzten und zuspitzenden Variante geht das so: Leiharbeiter bekommen das Mindeste, was ihnen zusteht, ansonsten erheblich Mehr. Und rumänische Bauarbeiter bekommen Nichts, wenn sie in der Subunternehmerunterwelt gewerkelt haben.

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Nichts weniger als die Linderung der globalen Armut durch ziemlich kleine Sachen, die aber experimentell „evidenzbasiert“? Anmerkungen zum „Nobelpreis“ für Wirtschaftswissenschaften 2019

Ach, der „Nobelpreis“ für Wirtschaftswissenschaften. Same procedure every Oktober eines Jahres. Alle warten gespannt, wer es denn diesmal sein wird. Und manche hoffen für sich selbst seit Jahren auf den Anruf aus Stockholm. Und manche, die es trifft, sind dann wirklich überrascht, weil das, wofür sie geehrt werden, schon ziemlich lange zurückliegt. Auch wenn es manchen weh tun mag – es muss darauf hingewiesen werden, dass es sich bei diesem Preis eigentlich um eine Art Fake-Preis handelt, denn der noble Alfred würde sich im Grab umdrehen, wenn er das könnte und mitbekommen würde, welches Kuckuckskind sich da in sein Preisträger-Nest geschmuggelt hat.

Dass man da gerne rein will, ist verständlich: Der Nobelpreis ist eine seit 1901 jährlich vergebene Auszeichnung, die Alfred Nobel (1833–1896) gestiftet hat. In seinem Testament legte er fest, dass mit seinem Vermögen eine Stiftung gegründet werden sollte, deren Zinsen „als Preis denen zugeteilt werden, die im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben“. Das Geld sollte zu fünf gleichen Teilen auf die Gebiete Physik, Chemie, Physiologie oder Medizin, Literatur und für Friedensbemühungen verteilt werden. Da wollen die Ökonomen natürlich nicht fehlen – nur: sie waren schlichtweg nicht vorgesehen. Die Großnichten und -neffen von Alfred Nobel berichten, dass er die Wirtschaftswissenschaften verabscheut habe. „Ich habe keine Ausbildung in Ökonomie und hasse sie aus tiefstem Herzen“, heißt es in einem Brief von Nobel, so Patrick Bernau in seinem 2016 veröffentlichten Artikel Ein Preis verändert die Welt.

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Aus der Welt der in sich verhedderten Zuständigkeiten: „Klassischer“ Verbraucherschutz als wahrhaft existenzielle Frage und zugleich der Blick auf die Umrisse eines Staatsversagens

„Der gesundheitliche Verbraucherschutz gehört zu den zentralen Elementen der staatlichen Fürsorgepflicht. Sein Anliegen ist es, Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefahren durch Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, Tabakerzeugnisse und kosmetische Mittel zu schützen.“ (Bundesrechnungshof 2012)

Und erneut werden wir konfrontiert mit mehreren „Lebensmittelskandalen“. Wobei die Begrifflichkeit an sich schon zu hinterfragen wäre, denn sicher sind die einen oder anderen Lebensmittel von skandalös schlechtem Geschmack, aber sie können an sich keinen Skandal hervorrufen. Dahinter stehen Menschen, konkrete Unternehmen – und wieder einmal das (Nicht-)Handeln staatlicher Autoritäten, die eigentlich in einem Kernbereich der staatlichen Daseinsfürsorge unterwegs sind bzw. sein sollten.

Und bei den Fragen des Verbraucherschutzes geht es nicht nur um das von möglichst unabhängigen Institutionen zu prüfende Preis-Leistungsverhältnis bei Nassrasierern oder Waschmaschinen, wie man zuweilen bei der dominierenden Warentesterei annehmen könnte, sondern im wahrsten Sinne des Wortes um Leben oder Tod, wie wir diese Tage erneut leider wieder zur Kenntnis nehmen müssen. Die Ereignisse rund um den Wursthersteller Wilke werden als ein weiterer Fall in die Geschichte der (bekannt gewordenen) „Lebensmittelskandale“ eingehen.

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