Feuer frei nicht nur in Berlin. Das bedeutet wieder Ausnahmezustand für die Rettungsdienste. Den gibt es aber zunehmend als Normalität an immer mehr Tagen des Jahres

»Nach zweijähriger Pause darf Berlin wieder böllern – die Feuerwehr plant den Ausnahmezustand«, so dieser Artikel kurz vor dem Jahreswechsel: Feuer frei. Nach dem zweijährigen pandemiebedingten »Böllerverbot« darf in Berlin dieses Jahr wieder fast überall gezündelt werden. Die Berliner Feuerwehr weist auf die fatalen Folgen in Form zahlreicher medizinischer Notfälle hin: abgetrennte Gliedmaßen, insbesondere Finger, Verbrennungen, oftmals im Gesicht, Augenverletzungen. In über 30 Prozent der Fälle seien Menschen betroffen, die den Feuerwerkskörper nicht selbst gezündet hatten. Und das gilt nicht nur für Berlin: An den Silvester- und Neujahrstagen in der Vergangenheit gab es immer ein Mehfaches an medizinischen Notfällen im Vergleich zu den anderen „normalen“ Tagen eines Jahres. Und das hat nicht nur, aber eben auch mit der Böllerei zu tun, wie eine Auswertung von Abrechnungsdaten seitens der Barmer Krankenkassen zeigt, die auch einen besonderen, hier positiven „Corona-Effekt“ in den beiden ersten Jahren der Pandemie zu Tage gefördert hat (vgl. dazu auch Deutlich weniger Notfallbehandlungen in Krankenhäuser zu Silvester 2020 und 2021).

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Die vom Bundesverfassungsgericht bestätigte „einrichtungsbezogene Impfpflicht“: Ein Lehrstück über löchrige Gesetzgebung und Umsetzungsdurcheinander

Das Bundesverfassungsgericht hat sich am 19. Mai 2022 zu Wort gemeldet. Unter der Überschrift Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Pflicht zum Nachweis einer Impfung gegen COVID-19 (sogenannte „einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht“) teilt uns das höchste deutsche Gericht mit, dass der Erste Senat eine Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen hat, die sich gegen § 20a, § 22a und § 73 Abs. 1a Nr. 7e bis 7h des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) richtet. Darin ist die auf bestimmte Einrichtungen und Unternehmen des Gesundheitswesens und der Pflege bezogene Pflicht geregelt, eine COVID-19-Schutzimpfung, eine Genesung von der COVID-19-Krankheit oder eine medizinische Kontraindikation für eine Impfung nachzuweisen. Die Botschaft an die Beschwerdeführer, an die Politik und letztlich an die gesamt Bevölkerung ist unmissverständlich:

»Soweit die Regelungen in die genannten Grundrechte eingreifen, sind diese Eingriffe verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums einen angemessenen Ausgleich zwischen dem mit der Nachweispflicht verfolgten Schutz vulnerabler Menschen vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und den Grundrechtsbeeinträchtigungen gefunden. Trotz der hohen Eingriffsintensität müssen die grundrechtlich geschützten Interessen der im Gesundheits- und Pflegebereich tätigen Beschwerdeführenden letztlich zurücktreten.«

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Über einen unfreien, als freien Mitarbeiter deklarierten Physiotherapeuten und die Bedeutung eines Urteils für andere (nicht nur) Gesundheitsberufe

Seit vielen, sehr vielen Jahren wird immer wieder auch vor Gericht darüber gestritten, ob jemand als „freier Mitarbeiter“ und damit als Selbstständiger arbeitet bzw. arbeiten kann – oder aber nicht. Denn dann handelt es sich um einen abhängig beschäftigten Arbeitnehmer, für den andere Spielregel gelten, beispielsweise müssen Sozialabgaben gezahlt werden und es wird ein Arbeitsverhältnis begründet, mit dem für den Arbeitgeber ganz andere Pflichten verbunden sind als wenn der einen Auftrag vergeben würde an einen (formal) selbstständigen Unternehmer (seiner selbst).

Denn wenn es sich um einen Selbstständigen handelt würde, dann muss der oder die eben selbst für sich sorgen, also für sowas wie Krankenversicherungsschutz oder eine wie auch immer ausgestaltete Altersvorsorge. Und wenn der oder die Urlaub machen will, dann ist das kein Anspruch, den ein Arbeitgeber einlösen muss, sondern das muss der Selbstständige selbst hinbekommen (oder eben nicht).

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Wieder auf die lange Bank schieben? Zur Ankündigung von Modellprojekten zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf Pflegefachpersonen

Es gibt immer wieder diese Meldungen, die so unscheinbar daherkommen, dass die meisten sie überlesen oder nur am Rande zur Kenntnis nehmen. Wie wäre es mit dieser Nachricht aus der Online-Ausgabe des Deutschen Ärzteblatts: Übertragung ärztlicher Tätigkeiten soll in Modellprojekten erprobt werden: »Die Regierungsfraktionen wollen die Krankenkassen dazu verpflichten, in jedem Bundesland je­weils ein Modellvorhaben zur Übertragung von ärztlichen Tätigkeiten auf Pflegefachkräfte durchzuführen. Die Vorhaben sollen spätestens am 1. Januar 2023 beginnen. Das geht aus einem Änderungsantrag zum Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) hervor.« Endlich Bewegung in einem seit vielen Jahren diskutierten Thema, wird der eine oder andere denken.

Lesen wir weiter, was da auf den Weg gebracht werden soll: »In den Modellvorhaben sollen auch Standards für eine interprofessionelle Zusammenarbeit entwickelt werden. Einzelheiten zu den Modellvorhaben sollen die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene in einem Rahmenvertrag festlegen. Der Bundes­ärzte­kammer, der Bundespflegekammer und den Verbänden der Pflegeberufe auf Bundesebene soll Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben werden. Der Rahmenvertrag soll unter anderem einen Katalog der ärztlichen Tätigkeiten enthalten, die von Pflege­fachkräften in den Modellvorhaben selbstständig durchgeführt werden können sowie Anforderungen an die hierfür erforderliche Qualifikation der Pflegefachkräfte.« Interessant wird es bei der Beschreibung der Zeitschiene, die hier geplant wird:

»Die Vorhaben sollen spätestens am 1. Januar 2023 beginnen … Die Modellvorhaben sollen höchstens vier Jahre laufen.«

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Riskante Berufe in Corona-Zeiten. Erneut belegen Daten von Krankenkassen eine erhebliche Ungleichverteilung der Erkrankungshäufigkeit zuungunsten der Erziehungs- und Gesundheitsberufe

»Beschäftigte in Gesundheitsberufen waren von März bis Mai 2020 am stärksten von Krankschreibungen im Zusammenhang mit Covid-19 betroffen. Eine Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten der AOK-Mitglieder durch das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) zeigt, dass in diesem Zeitraum 1.283 je 100.000 Beschäftigte in der Altenpflege im Zusammenhang mit Covid-19 an ihrem Arbeitsplatz gefehlt haben. Damit liegt die Betroffenheit dieser Pflegekräfte mehr als das 2,5-fache über dem Durchschnittswert von 474 Betroffenen je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte. Gleichzeitig gab es bei Beschäftigten in der Altenpflege auch häufiger Krankenhausbehandlungen im Zusammenhang mit Covid-19: Je 100.000 Beschäftigte wurden 157 Personen mit dieser Diagnose in einer Klinik behandelt – der Vergleichswert aller AOK-Mitglieder liegt bei 91 je 100.000 Beschäftigen.« Das wurde hier am 9. Juli 2020 in dem Beitrag Corona-Ungleichheiten: Riskante Gesundheitsberufe, relative Sicherheit im Homeoffice. Krankschreibungen und Krankenhaus-Aufenthalte von Beschäftigten im Kontext von Covid-19 berichtet. Die Daten bezogen sich auf die erste Corona-Welle. Auf der Grundlage von AOK-Versichertendaten wurde dann einige Monate später eine Folge-Auswertung präsentiert, deren Ergebnisse in dem Beitrag Erziehungs- und Gesundheitsberufe ganz oben im Ranking. Bei den Krankschreibungen wegen Covid-19 vom 21. Dezember 2021 aufbereitet wurden.

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