Die Löhne steigen in Zeiten von Corona. Oder sinken sie? Auch hier gilt: „Die“ Löhne gibt es so wenig wie „die“ Rentner oder „die“ Jugendlichen

Endlich mal eine gute Nachricht, wird der eine oder andere gedacht haben: »Die Tarifverdienste werden nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Jahresdurchschnitt 2020 voraussichtlich um 2,1 % höher liegen als 2019.« Da haben die Bundesstatistiker unter der Überschrift Tarifverdienste 2020 voraussichtlich 2,1 % höher als 2019 am 21. Dezember gemeldet. Damit man nicht euphorisch wird, schieben sie sogleich hinterher: »Dies wäre der geringste Anstieg der Tarifverdienste seit dem Jahr 2016 (ebenfalls 2,1 % gegenüber 2015). 2019 waren die Tarifverdienste um durchschnittlich 3,2 % gegenüber 2018 gestiegen.«

»Berücksichtigt wurden monatliche tarifliche Grundvergütungen und tariflich festgelegte Sonderzahlungen wie Einmalzahlungen, Jahressonderzahlungen oder tarifliche Nachzahlungen. Ohne Sonderzahlungen werden die tariflichen Monatsverdienste voraussichtlich um 2,4 % über dem Jahresdurchschnitt 2019 liegen.« 2,1 bzw. 2,4 Prozent mehr – das ist doch ordentlich, wenn man bedenkt, in welchen Zeiten wir gerade leben. Nun sind das nominale Werte, um zu erfahren, was die Leute real mehr in der Tasche haben, muss man die Inflationsrate berücksichtigen, die für 2020 auf nur 0,6 Prozent geschätzt wird, so dass die Verdienstentwicklung der Tarifbeschäftigten im Jahr 2020 deutlich über der Inflationsrate liegen wird. Alles gut also angesichts der Corona-Krise?

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(Nicht nur) „Corona-Helden“ sollen auch in Zukunft weiter abgehängt bleiben. Eine Studie warnt vor zunehmender Lohnungleichheit. Aber wegen der Arbeitsproduktivität? Kritische Anmerkungen zu einem fragwürdigen Konzept

Auf der einen Seite ist es in diesen Tagen, Wochen und Corona-Monaten verständlich, wenn man zum Narrativ der „Corona-Helden“ greift und immer wieder gerne das Applaus-Bild von einigen Balkonen und aus dem Plenum des Bundestag, das im Frühjahr des sich nun dem Ende zuneigenden Jahres 2020 gezeichnet wurde, wiederbelebt, wenn es um bestimmte Berufsgruppen und deren reale Situation geht, sei es in der ehrenvollen Absicht, auf die große Diskrepanz zwischen den Lobhudeleien über deren besondere Bedeutung für unser Gemeinwesen in der Krise zu dem, was sich eben nicht verbessert hat bei ihren Arbeitsbedingungen, hinzuweisen – oder aber schlichtweg, weil man glaubt, mit dem Gefühl des schlechten Gewissens Aufmerksamkeit für die eigene Botschaft zu bekommen.

Wie dem auch sei – man konnte davon ausgehen, dass so eine skandalisierende Botschaft in diesen Zeiten ankommt und erst einmal das generiert, was gewünscht ist: Aufmerksamkeit in medialen Zeiten, in denen die eine überaus knappe Ressource darstellt: Corona-Helden gehen leer aus: »Pfleger und Verkäuferinnen, für die im Frühjahr geklatscht wurde, fallen beim Gehalt zurück. Gerade alleinerziehende Mütter sind betroffen. Eine Studie warnt vor gesellschaftlichen Ungleichheiten«, so Alexander Hagelüken in seinem Artikel. Darin berichtet er über eine Studie, die von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht wurde. Und Hagelüken hat der entnommen, dass viele der Berufsgruppen, die als „Corona-Helden“ etikettiert werden, »auch in fünf Jahren weit unter dem Durchschnittslohn (liegen werden), sagt eine neue Studie voraus. Der Bertelsmann-Stiftung zufolge bleiben auch Alleinerziehende und generell viele Frauen beim Einkommen abgehängt.«

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Eine „beschäftigungssichernde Brücke in das Jahr 2022“: Die Sonderregelungen zur Kurzarbeit werden verlängert, mindestens ein Grundproblem dieses Instruments bleibt

Bereits in der letzten schweren Rezession im Gefolge der Finanz- und Wirtschaftskrise wurde vor allem Jahr 2009 die Kurzarbeit als arbeitsmarktpolitisches Brückeninstrument intensiv eingesetzt – in der Spitze gab es im Frühjahr 2009 mehr als 1,4 Millionen Kurzarbeiter in Deutschland, im Jahresdurchschnitt 2009 waren es 1,1 Millionen. Damals wurde die Kurzarbeit vor allem in der Industrie genutzt, darunter vor allem in der Metallbranche, dem Maschinenbau und der Automobilbranche. Das ist aber kein Vergleich zum Einsatz dieses Instruments in der gegenwärtigen Corona-Krise. Für den April 2020, auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle, werden von der Bundesagentur für Arbeit (BA) fast 6 Millionen Kurzarbeiter genannt, der durchschnittliche Arbeitszeitausfall lag bei 48 Prozent. Mittlerweile ist die Zahl der Kurzarbeiter nach Hochrechnungen der BA* wieder deutlich zurückgegangen.

*) Kurzarbeit gem. § 96 SGB III auf Basis der Betriebe-Abrechnungslisten. Kurzarbeiter (realisierte Kurzarbeit) für die letzten vier Monate vorläufige hochgerechnete Werte mit zwei Monaten Wartezeit.

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Neue Zahlen über den mittleren Verdienst eines Teils der Pflegekräfte in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten

»Der Pflegebranche fehlen akut Fachkräfte. In der aktuellen Corona-Krise könnte sich die Lage noch einmal deutlich verschärfen. Als eine Ursache für den Fachkräftemangel werden u. a. zu niedrige Gehälter angeführt. Seit dem Jahr 2012 sind die Entgelte in der Krankenpflege im Großen und Ganzen entsprechend der allgemeinen Lohnentwicklung gestiegen, in der Altenpflege waren die Steigerungen überdurchschnittlich.« Mit diesen Worten beginnt die zusammenfassende Darstellung einer neuen Auswertung der Lohneinkommen von Pflegekräften, die vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf der Grundlage der Beschäftigtenstatistik veröffentlicht wurde:

➔ Jeanette Carstensen, Holger Seibert und Doris Wiethölter (2020): Aktuelle Daten und Indikatoren: Entgelte von Pflegekräften, Nürnberg: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), 4. November 2020

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Der „beste Niedriglohnsektor“, der in Europa geschaffen wurde, bleibt weiterhin eine Konstante der deutschen Arbeitsmarktverhältnisse: 2018 gab es 8 Millionen Niedriglohnjobs

Im Januar 2005 – Hartz IV hatte gerade das Licht der Welt erblickt – lobte der damalige Noch-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in seiner Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos sein ganz besonderes Kind: „Wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt.“

Millionen arbeitende Menschen mussten in den vergangenen Jahren die Erfahrung machen, was es heißt, in einem Niedriglohnjob zu arbeiten. Das Statistische Bundesamt hat uns nun mit konkreten Zahlen versorgt, über wie viele Menschen wir hier sprechen: 8 Millionen Niedriglohnjobs im Jahr 2018, so ist eine Pressemitteilung vom 21. Oktober 2020 überschrieben. »Gut jede und jeder fünfte abhängig Beschäftigte (21 %) in Deutschland arbeitete im April 2018 im Niedriglohnsektor. Damit wurden rund 8 Millionen Jobs unterhalb der Niedriglohnschwelle (11,05 Euro brutto je Stunde) entlohnt.«

Wo arbeiten die meisten Niedriglohnbeschäftigten? Die Anteilswerte (bezogen auf die Vollzeitbeschäftigten ohne Auszubildende) in den einzelnen Wirtschaftsbereichen überraschen nicht:

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