Hartz IV: Wie hoch müssten sie denn sein? Eine alternative Ermittlung der Regelbedarfe in der Grundsicherung mit Vorschlägen in Euro pro Monat

Mit dem Start des neuen Jahres sollen sich die Bezieher von Grundsicherungsleistungen freuen, denn sie bekommen jetzt mehr Geld. Machen wir das mal konkret: Eine alleinstehende Person hat in der Grundsicherung im vergangenen Jahr 446 Euro pro Monat für den Regelbedarf bekommen (hinzu kommen die Kosten einer angemessenen Unterkunft sowie Leistungen für die Kranken- und Pflegeversicherung). Die Bundesregierung hat nun zum 1. Januar 2022 diesen Betrag angehoben – um drei Euro auf 449 Euro. Die – nun ja: überschaubare – Anhebung in der Größenordnung von 0,7 Prozent hat für Irritationen bis hin zu zynischen Kommentierungen geführt und allein angesichts der Preisentwicklung in den vergangenen Monaten kann es nicht verwundern, dass man bei einem Aufschlag von nur 0,7 Prozent berechtigt eine zeitnahe Anpassung der Regelbedarfe einfordert (vgl. dazu ausführlicher den Beitrag Die Sicherung des Existenzminimums durch einen zeitnahen Inflationsausgleich in der Grundsicherung? Vom Bundesverfassungsgericht auf die Antragsebene im Bundestag vom 23. November 2021). Für eine solche Forderung kann man auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts heranziehen:

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„Aufstocker“ im Hartz IV-System. Darunter sind überdurchschnittlich viele Alleinerziehende (mit ihren Kindern)

Im vergangenen Jahr mussten 13,4 Millionen Menschen in Deutschland mit einem Einkommen unterhalb der offiziellen Armutsgefährdungsschwelle über die Runden kommen. Die Armutsquote lag damit bei 16,1 Prozent der Bevölkerung, folgt man dem Armutsbericht 2021 des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der sich das nicht ausgedacht oder gewürfelt hat, sondern auf die Zahlen der amtlichen Sozialberichterstattung der Statistischen Ämter der Länder und des Bundes zurückgreift. Besonders auffällig bei einem Blick auf einzelne Personengruppen sind die Alleinerziehenden in unserem Land, ganz überwiegend Mütter: Bei Ihnen lag die Armutsquote im vergangenen Jahr bei über 40 Prozent.

Und mit Blick auf as vergangene Jahr: Fast jeder vierte erwerbsfähige Leistungsberechtigte hatte 2020 Einkommen aus einer eigenen Erwerbstätigkeit (insgesamt waren das 933.234), so die Darstellung der Aufstocker-Zahlen in diesem Beitrag vom 12. September 2021: Von einem Kellner mit Leistungskürzung, weil er eine kostenlose Mahlzeit bei der Arbeit hätte essen können, zu den „Aufstockern“ im Hartz IV-System allgemein. Dort wurde auch darauf hingewiesen, dass „Erwerbstätigkeit“ erst einmal nur eine Oberkategorie darstellt, unter der ganz unterschiedliche Beschäftigungsformen versammelt sind – von der Vollzeitbeschäftigung bis hin zu einer ausschließlich geringfügigen Beschäftigung.

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Von einem Kellner mit Leistungskürzung, weil er eine kostenlose Mahlzeit bei der Arbeit hätte essen können, zu den „Aufstockern“ im Hartz IV-System allgemein

Aus dem ganz eigenen Hartz IV-Universum, in dem sich Millionen Menschen bewegen müssen, kommen tonnenweise Urteile der Sozialgerichtsbarkeit. Entscheidungen wie diese: »Einem als Hartz-IV-Aufstocker staatlich unterstützten Berliner Kellner darf die Unterstützung gekürzt werden, weil ihn sein Arbeitgeber an jedem Arbeitstag mit Essen versorgt.« Das hat das Bundessozialgericht in Kassel entschieden und wies damit die Revision gegen eine entsprechende Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg zurück. »Demnach stellt das im Arbeitsvertrag zugesicherte Essen des Kellners ein Einkommen dar. Dieses dürfe folglich bei der Berechnung der Hartz-IV-Leistungen mit berücksichtigt werden. Der sogenannte geldwerte Vorteil liegt demnach auch dann vor, wenn der Hartz-IV-Bezieher das bereitgestellte Essen gar nicht in Anspruch nimmt.« In dem Artikel Kostenlose Mahlzeit bei der Arbeit darf von Hartz IV abgezogen werden, in dem über diese Entscheidung berichtet wird, findet man zu dem Sachverhalt:

»Im konkreten Fall ging es um eine Berliner Familie mit drei Kindern. Der Mann arbeitete als Kellner, konnte aber mit seinem Einkommen nicht den Lebensunterhalt decken. Das Jobcenter gewährte der Familie daher aufstockendes Arbeitslosengeld II. Laut Arbeitsvertrag stand dem Mann neben seiner regulären Vergütung auch an jedem Werktag eine Mahlzeit an der Arbeit zu. Der Arbeitgeber rechnete dies in Höhe von 3,17 Euro pro Arbeitstag als „Sachbezug“ ab. Das Jobcenter sah in der bereitgestellten Verpflegung ein auf das Arbeitslosengeld II mindernd anzurechnendes Einkommen. Es handele sich um „Einnahmen in Geldeswert“. Entsprechend der Arbeitslosengeld-II-Verordnung berücksichtigte die Behörde die Verpflegung als Einkommen in Höhe von monatlich 30,18 Euro. Ohne Erfolg verwies die Familie darauf, dass der Mann die Verpflegung gar nicht in Anspruch nehme.« Auch andere Artikel haben das Thema aufgegriffen: Kellner darf kostenloses Essen von Hartz-IV-Unterstützung abgezogen werden oder dieser Beitrag: Staat darf kostenloses Essen für Arbeitnehmer mit Hartz IV verrechnen. Daraus dieser Hinweis zum Sachverhalt: »Laut dieses Urteils hatte der 1962 geborene Kläger von 2008 bis 2018 in Berlin in Vollzeit als angestellter Kellner im Schichtdienst gearbeitet. Jeden Tag stellte ihm der Arbeitgeber demnach kostenfrei Getränke und Verpflegung zur Verfügung. Zugleich bezog der Mann zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern staatliche Unterstützung nach Sozialgesetzbuch II … (2017) zog der Mann vor das Berliner Sozialgericht … Er nehme die kostenlose Verpflegung gar nicht in Anspruch, sondern esse lieber mit seiner Familie. Seine Tochter sei behindert, er wolle so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen, zitiert das Urteil den Kläger: „Ein tatsächlicher Zufluss des Sachbezugs sei mithin nicht gegeben.“ Die Klage blieb sowohl vor dem Sozialgericht als auch in der nächsthöheren Instanz ohne Erfolg.« Und landete nun schlussendlich vor dem Bundessozialgericht.

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