Mehr Mängel in privaten als in gemeinnützigen Pflegeheimen? Zahlen aus Bremen zur Kommerzialisierung des Pflegesektors

Seit Jahren wird immer wieder die Diskussion geführt, ob private, gewinnorientierte Anbieter von Pflegeleistungen schlechter sind als die gemeinnützigen Anbieter. Dahinter steht die für viele durchaus nachvollziehbare Überlegung, dass profitorientierte Anbieter, ob nun im ambulanten oder stationären Bereich, dort einsparen müssen, wo die größten Kosten anfallen, um daraus dann Gewinne realisieren zu können, die man dann in den privaten Einrichtungen verwenden kann wie man will, also auch an Anteilseigner ausschütten oder für welche Zwecke auch immer dem Unternehmen entnehmen kann, wie das in der gewinnorientierten Unternehmenslandschaft generell üblich und auch (an sich) legal ist.

Legalität ist das eine, Legitimität etwas anderes. Immer wieder wird man in der Debatte über Gewinne in bzw. durch Pflege mit dem ebenfalls prima facie nachvollziehbaren Argument konfrontiert, dass man aus der Pflege alter Menschen keinen Profit schlagen sollte. Gestützt wird diese Perspektive dann durch den Hinweis, dass eine (übermäßige) Gewinnorientierung im bestehenden System dazu führt und führen muss, dass auf Kosten der Pflegebedürftigen wie auch derjenigen, die pflegen, gespart wird. Was dann wiederum Qualitäts- und Versorgungsprobleme generiert, im schlimmsten Fall die Quelle von eklatanten Pflegemissständen darstellt, über die in den Medien dann punktuell und skandalisierend berichtet wird.

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Überall rumort es wegen steigender Preise und Kosten. Teile der ambulanten Pflege sehen sich einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt

Die Klagen über steigende Preise und damit verbunden höhere Kosten ziehen sich durch die ganze Gesellschaft, bei vielen Haushalten und Unternehmen gleichermaßen. Natürlich ist die Betroffenheit der Haushalte von der bisherigen (und absehbaren) Inflationsentwicklung nicht gleichverteilt, gerade die mit unteren und mittleren Einkommen gehen da stärker auf die Knie als andere. Und auch bei den Unternehmen gibt es eine unterschiedliche Betroffenheit, die auch davon abhängig ist, inwieweit man die Kostenanstiege durch die Preisentwicklung beispielsweise bei Energie und Vorprodukten an die eigenen Abnehmer weiterreichen kann oder ob das aufgrund der Wettbewerbsintensität oder der Preissensitivität der Nachfrage nicht oder nur teilweise möglich ist. Nun können aber „normale“ Unternehmen zumindestens versuchen, die Kostenanstiege auf ihre Kunden zu überwälzen. Schwierig bis unmöglich ist das für Unternehmen, die mit administrierten Preisen konfrontiert sind, deren (Nicht-)Anpassung durch andere Interessen wie der Einhaltung vorgegebener Budgetsteigerungen bestimmt werden. Pflegedienste gehören mit Blick auf das, was ihnen von den Kranken- und Pflegekassen gewährt wird, zu dieser „Problemgruppe“.

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„Pflegebonus“: Klappe, die nächste. Sie haben es schon wieder getan. Aber (vielleicht) gut gemeint kann auch schlecht gemacht zur Folge haben

Schauen wir noch einmal zurück in das Jahr 2020: Im Frühjahr kam die Corona-Pandemie über uns und viele andere Länder. In den Kliniken und Pflegeheimen an vielen Orten liefen Katastrophen ab und das Personal war gerade in dieser alle schockartig verunsichernden ersten Corona-Welle extrem belastet. Und massiven Risiken ausgesetzt. Unser Nachbarland Frankreich wurde hart getroffen von der Corona-Pandemie und wie in anderen Ländern auch wurden die vor Corona produzierten Mängel des Gesundheitssystems schmerzhaft erfahrbar. Gerade in Frankreich gab es lange vor der aktuellen Corona-Krise eine intensive Debatte und auch zahlreiche Proteste gegen die Sparmaßnahmen und den Abbau von Kapazitäten beispielsweise in den Krankenhäusern. Der französische Gesundheitsminister hatte im Mai 2020 eine abgabenbefreite Prämie für die Pflegekräfte angekündigt, „um das unerlässliche Engagement während der Krise anzuerkennen“. Bereits im Juni zahlte die französische Regierung eine 1.5000 Euro-Prämie an das medizinische Personal in den 40 am härtesten betroffenen Départemts aus. In den 61 übrigen Départements 1.000 Euro. Neben der Einmal-Zahlung gab es eine dauerhafte Verbesserung für Ärzte und Pflegekräfte bis hin zu den Hilfskräften: im Schnitt wurden die Löhne um 183 Euro pro Monat erhöht. Wobei man korrekterweise anmerken muss: In der Hochphase der Corona-Krise hatte Gesundheitsminister Olivier Véran wiederholt eingestanden, dass die Gehälter für Pflegekräfte in Frankreich um 300 Euro unter dem europäischen Durchschnitt liegen.

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