Pflegeheime in der Insolvenzwelle? Diesseits und jenseits der Brutto- und Nettozahlen

Mit Zahlen, vor allem mit möglichst einer großen Zahl kann man Politik machen oder zumindest in deren Aufmerksamkeitsradius kommen. Nehmen wir den sowieso hoch sensiblen Bereich der Langzeitpflege. Allen ist klar, dass zum einen der Bedarf (weiter) steigt, für die zunehmende Zahl an pflegebedürftigen Menschen eine entsprechende Versorgung zu ermöglichen. Darüber hinaus wird seit Jahren mantrahaft der Personalmangel in der professionellen Langzeitpflege beklagt, in den Medien finden sich wiederkehrend Skandalisierungen von Missständen vor allem in der stationären Pflege (die sich auch leichter beobachten lässt als das, was im ambulanten oder gar im häuslichen Setting passiert) – und seit einigen Monaten werden wir konfrontiert mit sich überschlagenden Berichten über eine Insolvenzwelle, die über die Einrichtungen und Dienste der Langzeitpflege eingebrochen ist.

Die lokale, regionale und auch die bundesweite Berichterstattung der Medien ist prall gefüllt mit Meldungen über Pflegeheime, die in die Insolvenz gerutscht sind. Und immer wieder liest und hört man von Schließungen sowie dem damit verbundenen (angeblichen) Wegfall von Heimplätzen.

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„Flucht“ in die Leiharbeit. In der Pflege. Was ist daraus geworden?

Der eine oder andere wird sich erinnern: Unmittelbar nach den beiden Corona-Pandemie-Jahren häuften sich die Berichte in den Medien über einen Boom der Leiharbeit in der Pflege (vgl. als Beispiel diesen Artikel: Leiharbeit in der Pflege: Ohne geht es fast nicht mehr in Rheinland-Pfalz). Aus den Krankenhäusern, vor allem aber aus der stationären Langzeitpflege gab es zahlreiche Meldungen über eine zunehmende Inanspruchnahme von Leiharbeitskräften in den Einrichtungen. Zeitweilig konnte man den Eindruck bekommen, dass immer mehr Pflegekräfte in die Leiharbeit „flüchten“, weil sie dort – anders als das, was man sonst mit Leih- und Zeitarbeit verbindet – deutlich bessere Arbeitsbedingungen vorfinden als die Stammbelegschaft in einer Einrichtung oder eines Pflegedienstes. 

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Rechtsanwälte vertragen wegen der anwaltlichen Unabhängigkeit keine Finanzinvestoren, so der EuGH. Und wie ist das dann mit Ärzten in medizinischen Versorgungszentren?

Das sogenannte Fremdkapitalverbot für deutsche Anwaltskanzleien, also das Verbot, dass sich Investoren an Anwaltsgesellschaften beteiligen dürfen, verstößt nicht gegen die Vorschriften des europäischen Rechts. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden (EuGH, Urteil vom 19.12.2024, Az. C-295/23). Die Pressemitteilung des Gerichts vom 19. Dezember 2024 ist unmissverständlich: Das Verbot der Beteiligung reiner Finanzinvestoren an einer Rechtsanwaltsgesellschaft ist zulässig. Und in der Unter-Überschrift wird auch gleich der Begründungskern der Entscheidung offen gelegt: »Ein solches Verbot ist gerechtfertigt, um die anwaltliche Unabhängigkeit zu gewährleisten.«

»Ein Mitgliedstaat darf die Beteiligung reiner Finanzinvestoren am Kapital einer Rechtsanwaltsgesellschaft verbieten. Eine solche Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs ist durch das Ziel gerechtfertigt, zu gewährleisten, dass Rechtsanwälte ihren Beruf unabhängig und unter Beachtung ihrer Berufs- und Standespflichten ausüben können.«

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Entwicklung der Tarifbindung und betrieblichen Mitbestimmung: Immer mehr Beschäftigte haben nichts davon. Und die neue Bundesregierung macht in Recycling

Regelmäßig veröffentlicht das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit Daten sowohl zur Tarifbindung wie auch der betrieblichen Mitbestimmung über Betriebs- und Personalräte der Betriebe und der Beschäftigten in Deutschland sowie getrennt nach West- und Ostdeutschland. Datengrundlage ist das Betriebspanel des IAB.1 Und verfolgt man die Entwicklung dieser wichtigen Parameter der Arbeitsbeziehungen in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre, dann sind die Befunde ernüchternd.

»Sowohl die Tarifbindung als auch die betriebliche Mitbestimmung in Deutschland verlieren weiter an Bedeutung. Mittlerweile arbeiten lediglich 41 Prozent aller Beschäftigten in Betrieben mit Branchentarifvertrag, weitere 8 Prozent in Betrieben mit Haustarifvertrag. Und in privatwirtschaftlichen Betrieben ab fünf Beschäftigten werden nur rund 37 Prozent der Beschäftigten durch Betriebsräte vertreten«, berichten Christian Hohendanner und Susanne Kohaut in ihrem Beitrag Tarifbindung und betriebliche Mitbestimmung: keine Trendwende in Sicht, in dessen Überschrift wenigstens die Möglichkeit einer anderen Entwicklung angesprochen wird.

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Soziale Gerechtigkeit ist eine Frage von Leben und Tod. Das hat die WHO 2008 mit Blick auf gesundheitliche Ungleichheiten ausgeführt. Und 2025 muss sie es wiederholen

Soziale Gerechtigkeit ist eine Frage von Leben und Tod. Sie beeinflusst die Art und Weise, wie die Menschen leben, ihr Krankheitsrisiko und ihr Risiko eines vorzeitigen Todes. Wir beobachten mit Erstaunen, wie die Lebenserwartung und der Gesundheitszustand in einigen Teilen der Welt weiter steigen, und mit Sorge, wie sie sich in anderen nicht verbessern. Ein Mädchen, das heute geboren wird, kann mit einer Lebenserwartung von mehr als 80 Jahren rechnen, wenn es in einigen Ländern geboren wird – aber weniger als 45 Jahre, wenn es in anderen Ländern geboren wird. Innerhalb der Länder gibt es dramatische Unterschiede im Gesundheitszustand, die eng mit dem Grad der sozialen Benachteiligung zusammenhängen.

So beginnt eine Mitteilung, die im August 2008 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlicht wurde. Und dann kommt ein klares Statement: »Differences of this magnitude, within and between countries, simply should never happen.«

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