Schatten-Prekariat der digitalen Welt: Für die digitalen Drecksarbeiter hinter unserem Rücken ist auch der Bundestag keine Schutzzone

»Es verändert sich viel in der Arbeitswelt – und das häufig nicht zum Guten. In den vergangenen Jahren wurde viel diskutiert über Leiharbeit, Werkverträge oder befristete Beschäftigung. Immer wieder tauchen auch Berichte auf über die Arbeitswelt jenseits der in Berliner Cafés mit Apple-Geräten arbeitenden Kreativlinge. Vieles, um das es hier geht, nutzen wir alle, beispielsweise Google und Facebook. Aber auch in dieser anscheinend schönen neuen Glitzerwelt gibt es Drecksarbeit, digitale Drecksarbeit, um genau zu sein.« So begann ein kurzer Beitrag, der hier am 13. Mai 2015, also vor über acht Jahren, veröffentlicht wurde: Digitale Drecksarbeit hinter unserem Rücken. Wenn man so einen Begriff verwendet, dann muss es sich um wirklich üble Arbeit handeln. Google-Suchergebnisse bewerten, pornografische Inhalte bei Youtube herausfiltern, Hass-Postings bei Facebook löschen: Hinter den Kulissen der Internetgiganten machen viele Menschen digitale Drecksarbeit zum Hungerlohn. Auf der re:publica 2015 in Berlin war die Rede vom „Arbeitsstrich des 21. Jahrhunderts“. Den Begriff hatte Johannes Kleske bei seinem Vortrag „Mensch, Macht, Maschine” verwendet.

In den zurückliegenden Jahren ist immer wieder über dieses Schatten-Prekariat der digitalen Welt berichtet worden.

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Neben, unter oder über dem „Großstreiktag“ wird auch noch gestreikt. Aber nicht für mehr Geld

Was wurde da mit Blick auf den gemeinsamen Streiktag der Gewerkschaften Verdi, die sich in Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Bund und Kommunen befindet, und der Eisenbahnergewerkschaft EVG, die mit der Deutschen Bahn AG verhandelt, an die Wand gemalt: Stillstandsszenarien, von einem „Generalstreik“ wurde gefaselt, ein (verbotener) „politischer Streik“ wurde einfach mal so behauptet. Und manche Medienvertreter hyperventilierten im Kontext eines eintägigen Warnstreiks in zwei normalen Tarifrunden in nicht-normalen Zeiten von der angeblichen Notwendigkeit, das Streikrecht in Bereichen der „Daseinsvorsorge“ müsse eingeschränkt werden. In vielen Berichten wurde über ebenfalls angeblich völlig überzogene Lohnforderungen hergezogen und gewerkschaftliche Forderungen wurden behandelt wie bereits vor der Tür stehende Lohnabschlüsse.

Aber bei der ganzen Fixierung auf diesen großen Tarifkonflikt wird wieder einmal übersehen, dass auch an anderer Stelle gestreikt wird – und das in einem Kernbereich der vielbeschworenen Daseinsvorsorge, von den einst systemrelevanten Helden der Pandemie-Jahre. Gemeint ist der Krankenhausbereich.

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Amazon mal wieder: Scheinselbstständigkeit und der „Beifang“ der ununterbrochenen Erfassung der Arbeit der Beschäftigten

Seit Jahren wird immer wieder und sehr kritisch über die Arbeitsbedingungen bei Amazon berichtet – auch in diesem Blog. Das Unternehmen – das die meisten als Online-Händler kennen (und viele nutzen) – hat viele Geschäftsfelder, die über den reinen Online-Handel hinausgehen. Eine Unternehmensanalyse zeigt: Das Kerngeschäft von Amazon basiert weiterhin auf der e-Commerce-Plattform. Die Hälfte aller Einnahmen wird durch den Online-Handel generiert. Hier werden allerdings die geringsten Margen generiert. Das Wachstum der Betriebserträge war vor allem durch die hohen Margen in den anderen Geschäftssegmenten möglich wie Amazon Web Services (AWS). AWS bietet hunderte von Cloud-basierten Services an, unter anderem Datenspeicherung, Analytics oder auch Künstliche Intelligenz. Konkurrenz hierfür sind Unternehmen und ihre Angebote wie Google Cloud und Microsoft Azure. Abonnement-Dienstleistungen sind ein lukratives und wichtiges Geschäft für Amazon. Das bekannteste Abo ist Prime.

Wenn man sich die zurückliegenden Jahre anschaut, dann hat Amazon eine beispiellose Erfolgsgeschichte geschrieben, gemessen an der Umsatz- und Beschäftigungsentwicklung.

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Die große Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ist tariffähig, sagt das Bundesarbeitsgericht. Auch da, wo sie ganz klein ist: In der Pflegebranche

In den vergangenen Monaten und Jahren ist in der pflegepolitischen Diskussion immer wieder gerade mit Blick auf die Langzeit- bzw. Altenpflege darauf hingewiesen worden, dass der extrem niedrige gewerkschaftliche Organisationsgrad der Beschäftigten mit ein Grund dafür sei, dass die von vielen ebenfalls seit Jahren angemahnten Verbesserungen der Arbeitsbedingungen nur schleppend vorankommen bzw. sogar eine weitere Verschlechterung nicht verhindert werden konnte.

Und schon vor Jahren wurde darauf hingewiesen, dass gerade in der Altenpflege mit ihren vielen eher kleinteiligen Einrichtungen und Diensten und dem zunehmenden Anteil an privat-gewerblichen Trägern ein gewerkschaftliches Machtvakuum zu beklagen sei, was auch dazu beigetragen habe, dass (im Zusammenspiel mit der Sonderrolle der den freigemeinnützigen Sektor der Altenpflege dominierenden kirchlichen Träger, die eigene Regelungswerke haben) es in diesem Bereich eine tariflose Zone geben würde, bei der man noch nicht einmal von einer „tarifpolitischen Erosion“ sprechen kann, die seit den 2000er Jahren zunehmend kritisch diskutiert wird, denn es gibt kaum, geschweige denn flächendeckende Tarifverträge.

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Auch vor dem Landesarbeitsgericht scheitert das Universitätsklinikum Bonn mit einer Klage gegen den Streik der Beschäftigten

Seit Wochen streiken nicht-ärztliche Beschäftigte an den sechs Unikliniken des Landes Nordrhein-Westfalen – nicht für mehr Geld, sondern für einen „Entlastungstarifvertrag“ (vgl. dazu den Beitrag Zum Streik von nicht-ärztlichen Beschäftigten der Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen und einem Spaltpilz zwischen Pflege und Nicht-Pflege vom 12. Juni 2022). Während die Medienberichterstattung über den Arbeitskampf mehr als überschaubar ist – die meisten Kräfte der Presse sind offensichtlich gebunden an den Flughäfen des Landes, um die dortigen Warteschlangen und abgesagten Flüge in Augenschein zu nehmen – warten die Streikenden immer noch auf ein ernsthaftes Angebot von der Arbeitgeberseite. Und die geht lieber gerichtlich gegen die Streik-Aktionen des eigenen Personals vor.

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