Gewerkschaften auf dem aufsteigenden Ast? Was es mit den Berichten über zunehmende Mitgliederzahlen (nicht) auf sich hat

In vielen Medienberichten ist derzeit von (wieder) steigenden Mitgliederzahlen in den DGB-Gewerkschaften die Rede. Was läuft da ab, wenn man solche Schlagzeilen serviert bekommt: Die Gewerkschaften in Berlin und Brandenburg melden „so viele neue Mitglieder wie seit Jahren nicht mehr“, kann man beispielsweise diesem Artikel entnehmen: Wie Gewerkschaften in der Krise an Bedeutung gewinnen. »Immer mehr Menschen in Berlin und Brandenburg engagieren sich selbst und treten einer Gewerkschaft bei. Damit wird ein Abwärtstrend der letzten Jahre bei den meisten Gewerkschaften gebrochen.« An anderer Stelle kann man lesen: Gewerkschaften boomen wieder – auch dank aggressiver Streiks: »Nach dem Streikjahr 2023 wächst die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder in Deutschland. Streikzeiten scheinen gute Zeiten zur Mitgliedergewinnung zu sein. Je härter der Arbeitskampf, desto größer die Nachfrage.« Und in dem Artikel findet man wahrlich beeindruckende Zahlen: In den DGB-Gewerkschaften »hat sich die Zahl der Neueintritte im vergangenen Jahr um 37 Prozent auf 437.000 erhöht.« Offensichtlich ist da richtig was los: »Gewerkschaften verzeichnen teils stark steigende Mitgliederzahlen – auch viele junge Menschen wollen sich gewerkschaftlich organisieren. Forscher beobachten ein neues Selbstbewusstsein bei Beschäftigten«, so dieser Beitrag: Warum Gewerkschaften wieder großen Zulauf haben.

Da muss man doch mal einen Blick auf die Zahlen werfen.

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Und da ist der nächste Streik. Nach den Lokführern machen es die Busfahrer im öffentlichen Nahverkehr. Bei denen geht es vor allem um Zeit

Die von vielen Menschen als eine „Streikwelle“ wahrgenommenen Arbeitskampfmaßnahmen in den vergangenen Woche zeichnen sich dadurch aus, dass sie anders als viele deutlich größere Streikaktionen der Vergangenheit beispielsweise in der Industrie von Millionen Menschen unmittelbar als Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens erfahren werden, wenn wir beispielsweise an die vielen Pendler denken. Wenn in der Automobilindustrie oder anderen industriellen Produktionsstätten die Arbeit niedergelegt wird, dann bekommt der normale Bürger davon wenn überhaupt nur über die Nachrichten etwas mit. Persönlich ist man nicht tangiert.

Das ist anders gelagert, wenn Erzieherinnen in den Kitas die Arbeit niederlegen oder die Lokführer für mehrere Tage am Stück die Gleise im Personen- und Güterverkehr in Ruhezonen verwandeln. Und kaum war der lange Eisenbahner-Streik beendet, ging es weiter. Jetzt mit den Busfahrern. Die Tarifverhandlungen im kommunalen Nahverkehr waren bislang erfolglos. Deshalb hat die Gewerkschaft ver.di zum bundesweiten Streiktag im ÖPNV aufgerufen. Mehrere Tausend Beschäftigte waren auf der Straße und ließen viele Busse im Depot stehen.

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Schatten-Prekariat der digitalen Welt: Für die digitalen Drecksarbeiter hinter unserem Rücken ist auch der Bundestag keine Schutzzone

»Es verändert sich viel in der Arbeitswelt – und das häufig nicht zum Guten. In den vergangenen Jahren wurde viel diskutiert über Leiharbeit, Werkverträge oder befristete Beschäftigung. Immer wieder tauchen auch Berichte auf über die Arbeitswelt jenseits der in Berliner Cafés mit Apple-Geräten arbeitenden Kreativlinge. Vieles, um das es hier geht, nutzen wir alle, beispielsweise Google und Facebook. Aber auch in dieser anscheinend schönen neuen Glitzerwelt gibt es Drecksarbeit, digitale Drecksarbeit, um genau zu sein.« So begann ein kurzer Beitrag, der hier am 13. Mai 2015, also vor über acht Jahren, veröffentlicht wurde: Digitale Drecksarbeit hinter unserem Rücken. Wenn man so einen Begriff verwendet, dann muss es sich um wirklich üble Arbeit handeln. Google-Suchergebnisse bewerten, pornografische Inhalte bei Youtube herausfiltern, Hass-Postings bei Facebook löschen: Hinter den Kulissen der Internetgiganten machen viele Menschen digitale Drecksarbeit zum Hungerlohn. Auf der re:publica 2015 in Berlin war die Rede vom „Arbeitsstrich des 21. Jahrhunderts“. Den Begriff hatte Johannes Kleske bei seinem Vortrag „Mensch, Macht, Maschine” verwendet.

In den zurückliegenden Jahren ist immer wieder über dieses Schatten-Prekariat der digitalen Welt berichtet worden.

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