»Kauf- und Warenhäuser sind Einzelhandelsgeschäfte, die ein breites Warensortiment auf großer Fläche (in der Regel ab 3.000 Quadratmeter Verkaufsfläche) für Endverbraucher vorhalten. Als letzte große Unternehmen sind in Deutschland nach einer langen Konsolidierungsphase Karstadt und Galeria Kaufhof verblieben.« So beginnen die Hinweise zum Thema Kauf- und Warenhäuser in Deutschland auf der Statista-Seite. Und weiter erfahren wir: »Historisch entwickelten sich Kauf- und Warenhäuser im Tandem mit der Industrialisierung. Die innerstädtischen Konsumtempel verdrängten kleinere Facheinzelhändler durch ihre stärkere Einkaufsmacht und wurden zu einem Symbol der entstehenden Konsumgesellschaft. Diese Stellung haben sie in den letzten Jahrzehnten eingebüßt.« Das schlägt sich auch in den nackten Zahlen nieder: »Der Branche laufen die Kunden davon. Galeria Kaufhof hat nach Schätzungen … zwischen 2013 und 2016 etwa zwei Millionen Kunden verloren, Karstadt knapp eine Million Kunden.« Man könnte auf die Idee kommen, dass wir hier mit einem Auslaufmodell konfrontiert sind und der Untergang gleichsam unaufhaltsam erscheint.
Tarifverträge
Tariflohn für alle Pflegekräfte in der Altenpflege: SPD und Union sagen: kommt. Die anderen fragen sich: wie denn?
Immer wieder bekommt man in der aufgeheizten Debatte über die Pflege, vor allem hinsichtlich der Altenpflege, seitens der Union und der SPD die Aussage serviert, man habe sich darauf verständigt, dass in Zukunft auch in der Altenpflege „nach Tarif“ bezahlt werden soll. Schon im Ergebnispapier der Sondierungsgespräche vom 12. Januar 2018 hat man diesen Passus finden können, der sich auch im Koalitionsvertrag wiederfindet:
»Wir wollen die Bezahlung in der Altenpflege nach Tarif stärken. Gemeinsam mit den Tarifpartnern wollen wir dafür sorgen, dass Tarifverträge in der Altenpflege flächendeckend zur Anwendung kommen.« Wie schön.
Erste Zweifel an der Umsetzbarkeit dieses hehren Anliegens wurden bereits in diesem Beitrag vorgetragen: Umrisse einer GroKo neu. Teil 3: Gesundheitspolitik und Pflege vom 15. Januar 2018. Und am 19. Januar 2018 wurde das in diesem Beitrag weiter vertieft: Der sich ausbreitende Mangel an Pflegekräften, die besondere Problematik eines doppelten Mangels in der Altenpflege und ein lösungsorientierter Blick auf die Arbeitsbedingungen.
Um es auf den Punkt zu bringen: Wieder einmal werden den Pflegekräften deutlich bessere Arbeitsbedingungen an die Wand gemalt, ohne dass die Verantwortlichen auch den Weg aufzeigen können, wie man in diese schöne neue Welt kommen kann.
Habemus Tarifabschluss. Die IG Metall, die Arbeitgeber und ein höchst komplexer „Meilenstein“ mit Licht und Schatten
Sie waren schneller, die Tarifparteien der Metallbranche. Während die GroKo in Gründung noch immer in den letzten Zügen liegt, haben die Tarifparteien im Pilotbezirk Baden-Württemberg wieder einmal in den ganz späten Abendstunden eine Verständigung hinbekommen, die sicher von den anderen Bezirken übernommen werden wird. Und die Tarifeinigung betrifft nicht nur den industriellen Kernbereich der deutschen Volkswirtschaft, sondern auch 3,9 Millionen Beschäftigte. Also eine ganz große Nummer.
»Der härteste Tarifstreit in der Metallbranche seit vielen Jahren ist beendet – und sowohl Gewerkschaft als auch Arbeitgeber haben bekommen, was sie wollten«, so Florian Diekmann in seinem Übersichtsartikel Darauf haben sich IG Metall und Arbeitgeber geeinigt. Er bringt die wirklich schwierige Ausgangslage bei diesem Tarifkonflikt auf den Punkt – und die lag nun keineswegs an einer exorbitant hohen Lohnerhöhungsforderung der Gewerkschaft und/oder dem Bestreben der Arbeitgeber, möglichst nicht oder nur sehr wenig an der Entgeltschraube zu drehen. Sondern: »Die IG Metall wollte das Recht für Arbeitnehmer durchsetzen, ihre Arbeitszeit vorübergehend verkürzen zu können. Die Arbeitgeber wollten verhindern, dass dadurch automatisch die Summe der Arbeitszeit bei gleicher Mitarbeiterzahl sinkt – und schon gar nicht kam für sie in Frage, die Arbeitszeitverkürzung, wie von der Gewerkschaft gefordert, durch Lohnzuschläge noch attraktiver zu machen. Eine schwierige Gemengelage.«
Der sich ausbreitende Mangel an Pflegekräften, die besondere Problematik eines doppelten Mangels in der Altenpflege und ein lösungsorientierter Blick auf die Arbeitsbedingungen
Wenn man in diesen Tagen einen Streifzug durch die Berichterstattung im Land macht, dann müsste man schon mit Blindheit geschlagen sein, um die immer mehr anschwellenden Meldungen über den sich ausbreitenden Mangel an Pflegekräften zu übersehen. Nur einige wenige willkürlich herausgegriffene Beispiele dafür: »Gute Pflegekräfte sind rar im teuren München. Mittlerweile müssen sogar Notaufnahmen schließen, weil es an Personal fehlt. Die städtischen Kliniken greifen nun tief in die Tasche, um an Krankenschwestern oder Pfleger zu kommen – mit einer Kopfprämie von satten 8.000 Euro«, wird uns aus der bayerischen Landeshauptstadt berichtet. Dazu leider passend der Fernsehbericht: Not im Krankenhaus: München gehen die Pfleger aus: »Leere Betten, Patienten müssen weggeschickt werden. Münchens Krankenhäuser schlagen Alarm. Ihnen gehen die Pfleger aus. Schuld sind die steigenden Lebenshaltungskosten in München. Teilweise können die Krankenhäuser schwerkranke Patienten nicht versorgen. Selbst Krebspatienten mussten auf andere Krankenhäuser verteilt werden.« Und natürlich – gerade am Beispiel München förmlich sich aufdrängend – hängen die hier beschriebenen Probleme zusammen mit anderen gesellschaftlich überaus brisanten Entwicklungen, Stichwort Mangel an halbwegs noch bezahlbaren Wohnungen. Dazu passen dann diese Reaktionen auf die Berichterstattung: „Man müsse insbesondere den Mietmarkt in den Griff bekommen“.
Umrisse einer GroKo neu. Teil 3: Gesundheitspolitik und Pflege
»Sie sind überall, sie werden gezogen, gesetzt und überschritten: die roten Linien. Angemahnt mal vom Beamtenbund, mal vom FDP-Politiker und Jamaika-Aus-Schöpfer Christian Lindner«, so Johann Schloemann, der sich auf die Suche nach der Herkunft dieser Floskel gemacht hat. »Im „Red Line Agreement“ von 1928 vereinbarten die großen Ölfirmen in der Turkish Petroleum Company ein Kartell: In den Grenzen des untergegangenen Osmanischen Reiches dürfe keine der Ölgesellschaften auf eigene Faust agieren. Nicht ganz klar waren ihnen die Grenzen, bis sie, so wird erzählt, mit einem roten Buntstift auf der Karte eingezeichnet wurden. Von dort wanderte der Begriff in die amerikanische Diplomatiesprache und wurde inflationär.« Und dann das: »Die rote Linie für rote Linien ist die Nichtdurchsetzbarkeit: als Barack Obama seine leeren Drohungen gegenüber Syrien aussprach, vermutete der republikanische Senator John McCain, die rote Linie sei „offenbar mit Zaubertinte geschrieben“.« Das leitet hervorragend über zum dritten Themenfeld der Serie „Umrisse einer GroKo neu“: Gesundheitspolitik und Pflege.
Hier gab es sogar dunkelrote Linien – vor der Sondierung: Noch Ende November 2017 musste man diese knallharte Ansage zur Kenntnis nehmen: »SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach nannte die Bürgerversicherung ein „zentrales Anliegen“ seiner Partei. Die SPD wolle eine „Bürgerversicherung mit einem gemeinsamen Versicherungsmarkt ohne Zwei-Klassen-Medizin“, sagte der Gesundheitsexperte … Wenn die Union der SPD nicht entgegen komme, werde es Neuwahlen geben.« Nun wird es möglicherweise – wer weiß das schon in diesen Tagen – Neuwahlen geben, aber nicht, weil die SPD in den Sondierungsgesprächen auf der „Bürgerversicherung“ bestanden hat, ganz und gar nicht.