Paketdienste: Die Weihnachtsschlacht ist geschlagen, ein weiter wachsender Berg voll Arbeit bleibt in einem „System der Ausbeutung“. Und wieder einmal: Amazon

Es wurde wieder angeliefert was das Zeug hält. Täglich waren es Millionen Pakete, die in den vergangenen vorweihnachtlichen Wochen an die Haustüren der Menschen geliefert wurden, die von Büchern bis hin zu den skurrilsten und kiloschweren Gütern des außeralltäglichen Lebens unzählige Waren im Internet bestellt haben und selbstverständlich davon ausgegangen sind, dass die ihnen an die Haustür gebracht werden.

Und während der „klassische“ stationäre Einzelhandel nunmehr die zweite, durch die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie enttäuschende Weihnachtssaison abschreiben musste, boomt der Internet- und Versandhandel – der allerdings schon lange vor Corona abgehoben hat gemessen an der Umsatzentwicklung, während der Einzelhandel in Verkaufsräumen vor sich hinstagniert.

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Weiterhin gibt es einen konstant hohen Anteil von Niedriglöhnern. Und Millionen von ihnen würden von einem Mindestlohn von 12 Euro in der Stunde profitieren

Im April 2021 lag der Medianverdienst in der Gesamtwirtschaft (ohne Auszubildende) bei 18,41 Euro brutto je Stunde. Der Median ist der mittlere Wert einer aufsteigend geordneten Datenreihe. Ober- beziehungsweise unterhalb des Medians des Bruttostundenverdienstes liegt jeweils die Hälfte der Beschäftigungsverhältnisse. Die eine Hälfte hat also mehr, die andere weniger als die genannten 18,41 Euro brutto in der Stunde. Der Median ist weniger durch (mögliche) Ausreißereffekte verzerrt als das arithmetische Mittel, was viele normalerweise verwenden, um einen Durchschnitt auszurechnen.

Wenn man also die 18,41 Euro brutto in der Stunde verdient, dann gehört man zum Durchschnitt. Aber wann ist man soweit darunter, dass man zu den immer wieder ins Feld geführten Nedriglöhnern in diesem Land gezählt wird? Auch darauf haben die offiziellen Statistiker eine Antwort, die sie sich nicht ausgedacht haben, sondern die international Anwendung findet – so verwendet die OECD wie auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) den folgenden Maßstab: »Zum Niedriglohnbereich zählen alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Verdienstes (also 12,27 Euro brutto je Stunde im April 2021) entlohnt werden. Auszubildende sind bei dieser Analyse nicht berücksichtigt.«

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Von Tarif- und anderen Löhnen, einer Inflation, die das Land spaltet und dem Schlossgespenst der „Lohn-Preis-Spirale“

»Derzeit ist viel die Rede von der angeblichen Gefahr einer sogenannten Lohn-Preis-Spirale. Das bedeutet, dass Gewerkschaften aufgrund der Preiserhöhungen höhere Löhne einfordern, was wiederum die Inflationsrate nach oben drückt. Doch tatsächlich ist – bis auf die hohe Teuerungsrate – davon noch nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil: So sind die Tarifabschlüsse dieses Jahr besonders niedrig und bedeuteten für die Beschäftigten letztlich Reallohnverluste«, kann man diesem Artikel entnehmen: Inflation frisst Löhne auf. Die Bedeutung dessen, was da gerade vor unseren Augen abläuft, kann man dieser Formulierung entnehmen: »Wegen der hohen Inflation schrumpfen die Tarifgehälter preisbereinigt um 1,4 Prozent – das gab es seit Jahrzehnten nicht«, so Alexander Hagelüken unter der Überschrift Arbeitnehmer verlieren real Einkommen. Die Gewerkschaften haben sich offensichtlich vor dem Hintergrund der Corona-Krise zurückgehalten: »Vor Abzug der Inflation nahmen die Tarifgehälter bundesweit mit 1,7 Prozent geringer zu als in früheren Jahren – zwischen 2012 und 2019 waren die Löhne nominal immer zwischen 2,4 und 3,1 Prozent gewachsen.«

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Mit „exorbitanten Gehaltssteigerungen“ und flexiblen Arbeitsmodellen gegen den Personalmangel im Gastgewerbe?

Es sollte angekommen sein, dass sich die Kräfteverhältnisse auf vielen Arbeitsmärkten zu verschieben beginnen. Anders ausgedrückt: Nun sind die Arbeitnehmer dran, weil sie weniger werden, vor allem bei den Fachkräften, sie könnten nun ganz andere Bedingungen erstreiten, wobei der Konjunktiv hier besonders unterstrichen werden muss, denn das ist kein Selbstläufer. Das betrifft nicht nur Bereiche wie die Pflege, sondern auch Handwerker und Facharbeiter werden zur Mangelware. Selbst un- und angelernte Arbeitskräfte werden zunehmend knapp. Corona hat in manchen Branchen wie ein Brandbeschleuniger gewirkt, da es Abwanderungsbewegungen in größerem Umfang gegeben hat. Der Hotel- und Gaststättenbereich – im vergangenen Jahr ziemlich gebeutelt von den Betriebsschließungen und selbst nach der Öffnung begrenzt durch die Auflagen – ist hier ein besonders betroffenes Beschäftigungssegment, nicht wenige haben die Betriebe verlassen und sich in andere Branchen umorientiert. Bessere Bezahlung, bessere Arbeitszeitbedingungen – warum soll man dann wieder zurückkommen?

Natürlich könnte der eine oder die andere an dieser Stelle den erwartbaren Einwand vortragen, dass dann eben die „andere“ Seite die Löhne erhöhen und de Bedingungen verbessern muss, damit wieder (mehr) Arbeitskräfte kommen. Nun ist das offensichtlich einfacher geschrieben, als getan. Aber nun erreichen uns aus dem Gastgewerbe interessante Meldungen.

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„Mit diesem Kompromiss können wir leben“. Zum Tarifabschluss im Bauhauptgewerbe

Bei der Diskussion über die Situation beispielsweise in der Pflege wird immer wieder darauf hingewiesen, dass in solchen Arbeitsmarktbereichen, in denen ein Mangel an Personal zu beobachten ist, die Bedingungen für die Arbeitnehmerseite, auch über Arbeitskampfmaßnahmen die eigenen Arbeitsbedingungen zu verbessern, an und für sich hervorragend sind. Man müsste nur …

Aber grau ist alle Theorie. Nicht nur die Schwierigkeiten, in der Pflege die tatsächlich günstigen Voraussetzungen beispielsweise für deutliche Lohnerhöhungen zu nutzen, verweisen darauf, dass es in der Praxis eben nicht so einfach ist, mal eben auch mit einem Streik zu drohen und diesen ggfs. auch durchzuziehen, denn das muss organisiert werden und zahlreiche Hürden sind in Rechnung zu stellen (vgl. dazu ausführlicher den Beitrag Pflegestreik? Zwischen Theorie und Praxis der starken Arme, die theoretisch alles lahmlegen können, praktisch aber mit vielen Hürden konfrontiert werden vom 22. August 2021).

Wenn man nun über Bereiche spricht, bei denen von außen betrachtet hervorragende Bedingungen gegeben sind, um mal einen kräftigen Schluck aus der Pulle zu nehmen, dann darf das Baugewerbe nicht fehlen. Denn dort brummt der Laden, auch im vergangenen ersten Corona-Jahr und in den Monaten des laufenden Jahres wurde weitergebaut und die Nachfrage nach Bauleistungen ist hoch. So legte beispielsweise der Auftragseingang zwischen Januar und Juli 2021 um 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Seit 2013 wuchs der Jahresumsatz der Branche in jedem Jahr, zuletzt 2020 um 4,9 Prozent. Vor diesem Hintergrund kann man erwarten, dass die Beschäftigten am Bau nun ordentlich was aufs Konto bekommen.

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