Die schwierigste Tarifrunde seit vielen Jahren: Die IG Metall, die Corona-Krise und der Rücken zur Wand

Es sind sehr unterschiedliche Welten, mit denen es die IG Metall zu tun hat – das war bei der überaus heterogenen Metall- und Elektroindustrie immer schon so, aber in diesen Zeiten wird die Komplexität nochmal gesteigert: Da gibt es beispielsweise den Lkw-Bauer MAN. Der will 9.500 von 36.000 Arbeitsplätzen streichen, jede vierte Stelle. Selbst potenziell vom Stellenabbau Betroffene erkennen an: MAN steckt in einer großen Transformation wie die gesamte Autobranche: hin zur Digitalisierung, weg vom Verbrennungsmotor, berichten Alexander Hagelüken und Benedikt Peters in ihrem Artikel Die härteste Tarifrunde seit Langem. Eines schein sicher: „Die Sicherheit, die wir jahrelang hatten, ist verloren“, so eine der Beschäftigten im Lkw-Werk in München. Und jetzt auch noch Corona.

„Vielen Firmen geht es schlecht.“ Aber nicht allen Unternehmen und das macht die anstehende Tarifrunde noch schwieriger. Beispielsweise Siemens Healthineers, die produzieren Computertomographen. Seit März verdoppelten sich die Aufträge zeitweise. Hier Medizintechnik und andere florierende Bereiche, da kriselnde Auto- und Maschinenbauer: Diese Kluft stellt die IG Metall vor sehr große Herausforderungen. Sie muss den Spagat schaffen zwischen jenen, die mehr verdienen möchten, und jenen, die um den Job fürchten.

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Neue Zahlen über den mittleren Verdienst eines Teils der Pflegekräfte in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten

»Der Pflegebranche fehlen akut Fachkräfte. In der aktuellen Corona-Krise könnte sich die Lage noch einmal deutlich verschärfen. Als eine Ursache für den Fachkräftemangel werden u. a. zu niedrige Gehälter angeführt. Seit dem Jahr 2012 sind die Entgelte in der Krankenpflege im Großen und Ganzen entsprechend der allgemeinen Lohnentwicklung gestiegen, in der Altenpflege waren die Steigerungen überdurchschnittlich.« Mit diesen Worten beginnt die zusammenfassende Darstellung einer neuen Auswertung der Lohneinkommen von Pflegekräften, die vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf der Grundlage der Beschäftigtenstatistik veröffentlicht wurde:

➔ Jeanette Carstensen, Holger Seibert und Doris Wiethölter (2020): Aktuelle Daten und Indikatoren: Entgelte von Pflegekräften, Nürnberg: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), 4. November 2020

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Der „beste Niedriglohnsektor“, der in Europa geschaffen wurde, bleibt weiterhin eine Konstante der deutschen Arbeitsmarktverhältnisse: 2018 gab es 8 Millionen Niedriglohnjobs

Im Januar 2005 – Hartz IV hatte gerade das Licht der Welt erblickt – lobte der damalige Noch-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in seiner Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos sein ganz besonderes Kind: „Wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt.“

Millionen arbeitende Menschen mussten in den vergangenen Jahren die Erfahrung machen, was es heißt, in einem Niedriglohnjob zu arbeiten. Das Statistische Bundesamt hat uns nun mit konkreten Zahlen versorgt, über wie viele Menschen wir hier sprechen: 8 Millionen Niedriglohnjobs im Jahr 2018, so ist eine Pressemitteilung vom 21. Oktober 2020 überschrieben. »Gut jede und jeder fünfte abhängig Beschäftigte (21 %) in Deutschland arbeitete im April 2018 im Niedriglohnsektor. Damit wurden rund 8 Millionen Jobs unterhalb der Niedriglohnschwelle (11,05 Euro brutto je Stunde) entlohnt.«

Wo arbeiten die meisten Niedriglohnbeschäftigten? Die Anteilswerte (bezogen auf die Vollzeitbeschäftigten ohne Auszubildende) in den einzelnen Wirtschaftsbereichen überraschen nicht:

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Wächst jetzt zusammen, was zusammen gehört? Die Lohnspreizung – gemessen am Abstand zwischen Gering- und Besserverdienenden – nimmt (etwas) ab

Neue Zahlen vom Statistischen Bundesamt: »Der Verdienstabstand zwischen Gering- und Besserverdienenden hat sich zwischen 2014 und 2018 leicht verringert«, berichten die Bundesstatistiker. Im Jahr 2014 hatten die Statistiker einen Stopp der bis dahin zunehmenden Lohnspreizung zwischen oben und unten in ihren Zahlen gefunden, vier Jahre später, also bezogen auf das Jahr 2018, wird erstmals eine Tendenz zur Lohnangleichung zwischen Gering- und Besserverdienenden hervorgehoben: «2018 erzielten Besserverdienende das 3,27-Fache des Bruttostundenverdiensts von Geringverdienenden, während es 2014 noch das 3,48-Fache gewesen war.«

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Die Speerspitze der neuen systemrelevanten Berufe: Was ein Teil der Pflegekräfte in Krankenhäuser und in der Altenpflege in der Mitte verdient. Und was die Zahlen nicht zeigen (können)

In diesen Tagen wird an vielen Stellen über die in der derzeitigen Krisensituation systemrelevanten oder systemkritischen Berufe berichtet (vgl. beispielsweise den Beitrag So schlecht sind systemrelevante Berufe bezahlt von Annika Leister oder die am 24. März 2020 veröffentlichte Studie aus dem DIW von Josefine Koebe et al.: Systemrelevant und dennoch kaum anerkannt: Das Lohn- und Prestigeniveau unverzichtbarer Berufe in Zeiten von Corona). Dabei geht es immer auch, zuweilen nur um die Vergütung der Menschen, die in diesen Berufen arbeiten.

Und man kann sicher bilanzierend sagen, dass bislang vor allem die Pflegekräfte im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit standen und stehen – in einer ersten Phase vor allem die in den Krankenhäusern, zunehmend aber geraten auch die Altenpflegekräfte in den Fokus, da sich die Pflegeeinrichtungen zunehmend zu Hotspots der Corona-Krise entwickeln. Nun wird in diesem Kontext immer wieder gefordert, man müsse die Pflegekräfte besser bezahlen, sie würden zu wenig Geld bekommen für ihre wertvolle Arbeit. Nun stimmt das generell und man kann mit guten Argumenten für eine bessere Bezahlung plädieren, zugleich ist es aber auch hilfreich, wenn man den „den“ Pflegekräften etwas genauer hinschaut, denn tatsächlich kann man eine immer noch sehr ausgeprägte Hierarchie der Löhne im Pflegebereich beobachten. Dazu hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit (relativ) neue Zahlen veröffentlicht (für das Jahr 2018, genauer: zum Stichtag 31.12.2018) und diese verglichen mit dem Jahr 2012:

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