Die Leiharbeit erneut vor dem EuGH. Diesmal geht es um die Frage, was genau ein erforderlicher „Gesamtschutz“ der Leiharbeiter bedeutet. Am Ende doch (nicht) „Equal Pay“?

Die Leiharbeit ist seit langem immer wieder Thema höchst kontroverser Debatten, in denen von einer Hervorhebung ihrer angeblichen Brückenfunktion in „normale“ Beschäftigung oder ihrer (Arbeitgeber-)Funktionalität für die Herstellung „atmender“ Belegschaften bis hin zu einer Kritik als Instrument des Lohndumping und der Verteufelung als eine Ausprägung von modernen Menschenhandel reichen. Hin und wieder geraten dann aber auch die gängigen Typisierungen von „gut“ und „böse“ und die traditionellen Lager durcheinander, wenn man beispielsweise wie in der Pflege feststellen muss, dass Leiharbeiter mehr verdienen können und bessere Arbeitsbedingungen haben und Arbeitgeber auf einmal vehement ein Verbot der Leiharbeit in diesem Bereich von der Politik fordern(vgl. dazu beispielsweise den Beitrag Aus der mal nicht eindeutigen Welt der Leiharbeit. In der Pflege. Oder: Wenn ausnahmsweise Arbeitgeber vor Leiharbeitern geschützt werden sollen vom 23. Januar 2020).

Nun ist die Leiharbeit in den vergangenen Jahren immer wieder (Re-)Regulierungen unterworfen worden, die dazu geführt haben, dass der Einsatz dieses Instruments für die Entleihunternehmen teilweise deutlich teurer geworden ist (was in der Vergangenheit dann sofort Ausweich- und Umgehungsstrategien hervorgerufen hat, wie beispielsweise die Ausbreitung der Werkverträge, um Kostenvorteile an den Belegschaftsrändern realisieren zu können). Und zu den Regulierungsaspekten mit Blick auf die Leiharbeit gehört auch, dass sie immer wieder Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung war und ist. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) musste sich mehrfach mit dieser Beschäftigungsform befassen, insbesondere mit der Auslegung von „unbestimmten Rechtsbegriffen“.

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Die Zahl der Erwerbstätigen ist wieder raus aus dem Pandemieloch – aber nicht nur die Medien suchen nach Antworten auf die eine Frage: Wo sind die alle geblieben?

In den vergangenen Wochen reihte sich ein Bericht an den anderen mit der erstaunten Frage: Wo sind denn die ganzen Arbeitskräfte hin? Warum finden die Gastronomiebetriebe und die Flughäfen keine neuen Beschäftigten, wo doch die Nachfrage nach deren Dienstleistungen nach oben geht, warum wird in immer mehr Branchen ein Klagelied über massenhaft fehlendes Personal angestimmt, was von Menschen mit einem guten Riecher für Themen, die „laufen“, sofort begrifflich aufgegriffen und in ein folgerichtig ebenfalls gut absetzbares Buch gepresst wird? Gemeint ist hier Die große Arbeiterlosigkeit von Sebastian Dettmers, CEO der Online-Jobplattform StepStone, versehen mit der Drohungsverstärkung und zugleich dem Aufzeigen eines rettenden Strohhalms: »Warum eine schrumpfende Bevölkerung unseren Wohlstand bedroht und was wir dagegen tun können«, so lautet der Untertitel. Vgl. dazu auch seinen Beitrag Bevölkerungsrückgang: Statt Arbeitslosigkeit droht uns nun die Arbeiterlosigkeit, der im Handelsblatt veröffentlicht wurde.

In der aktuellen Debatte über die Personalprobleme mancher Unternehmen und bestimmter Branchen wurde zuweilen der durch die selektive Berichterstattung geförderte Eindruck erweckt, als ob es immer weniger Beschäftigte geben würde. Dem ist aber nicht so, selbst die erheblichen Beschäftigungsverluste in der ersten Phase der Corona-Pandemie sind mittlerweile wieder ausgeglichen, also zahlenmäßig. Die an der Zahl der Erwerbstätigen gemessene Beschäftigung hat das Niveau unmittelbar vor der Krise überschritten.

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Was ist schon eine Forderung von acht Prozent mehr gegen eine Erhöhung von über 20 Prozent? Zur Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro ab Oktober 2022

In den vergangenen Wochen wurde im Kontext der stark gestiegenen Inflation immer wieder das Noch-Gespenst einer „Lohn-Preis-Spirale“ an die Wand gemalt. In der bisherigen Entwicklung der Löhne kann man einen Inflationsturbo nicht wirklich erkennen, ganz im Gegenteil sehen wir flächendeckend Reallohnverluste bei den Beschäftigten. Abgelenkt wird zudem von der Tatsache, dass wir es wenn, dann mit einer „Preis-Lohn“-Spirale zu tun bekommen könnten. Das ist nicht nur ein semantischer Unterschied. Dennoch ist es gelungen, durch das mediale Dauerfeuer eine Sensibilisierung für die angeblich drohende Gefahr von „zu großen“ Lohnsteigerungen herzustellen – und alle scheinbaren Belege für diese These werden aufgegriffen und verbreitet. So beispielsweise das hier: Tarifverhandlungen mit Volkswagen: IG Metall fordert acht Prozent höhere Löhne: »Die IG Metall will in den anstehenden Tarifverhandlungen für die rund 125.000 Beschäftigten bei Volkswagen in Westdeutschland acht Prozent höhere Löhne durchsetzen. Die große Tarifkommission der bei dem Autobauer besonders stark vertretenen Industriegewerkschaft begründete die Forderung am Mittwoch mit der gestiegenen Inflation und hohen Gewinnen von Volkswagen. Der neue Tarifvertrag soll zwölf Monate laufen.« Die Forderung für den Haustarifvertrag mit VW entspricht von der Größenordnung acht Prozent der Zielvorgabe der IG Metall für die bundesweit 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustriefür. Aber da ist schon der wichtige und einschränkende Hinweis: Es handelt sich um die Forderung der Gewerkschaft. Und eine Forderung ist noch lange kein Abschluss und man kann gesichert davon ausgehen, dass wie immer der tatsächliche Lohnabschluss geringer, möglicherweise sogar deutlich niedriger ausfallen wird.

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Ein Viertel aller Erwerbstätigen hat 2021 im Homeoffice gearbeitet, darunter die einen viel und die anderen kaum. Erkennbar ist eine „dreifache Polarisierung“ der Heimarbeit

Es ist noch gar nicht so lange her, als die Medien voll waren mit Berichten über Homeoffice und der sicheren Prognose, dass die Arbeitswelt nie mehr wieder so sein wird wie früher, was hier als „Vor-Corona-Zeit“ gelesen werden muss. Das schlägt sich dann in solchen Berichten nieder: Nach zwei Jahren Pandemie: Gibt es noch eine Zukunft ohne Homeoffice?: »Kann es nach mehr als zwei Jahren Pandemie noch eine Arbeitswelt ohne Heimarbeit geben? Gründerin und Autorin Teresa Hertwig stellt im Interview klar: „Unternehmen, die sich dem Thema Homeoffice gegenüber versperren, haben keine Zukunft auf dem Arbeitsmarkt.“« Nun sollte man grundsätzlich immer skeptisch sein, wenn man etwas serviert bekommt, bei dem von „den“ Unternehmen gesprochen wird oder „die“ Beschäftigten wollen dieses oder das nicht. Dafür ist die Welt zu komplex und gerade beim Thema Homeoffice muss berücksichtigt werden, um welche Betriebe in welchen Branchen und um welche Mitarbeiter eines Unternehmens es (nicht) geht.

Da ist man doch dankbar, wenn man einige gleichsam hoch offizielle Zahlen geliefert bekommt. Das hat das Statistische Bundesamt für uns gemacht: Ein Viertel aller Erwerbstätigen arbeitete 2021 im Homeoffice, so ist die Meldung überschrieben. 2021 »haben so viele Menschen wie noch nie von zu Hause gearbeitet. 24,8 % aller Erwerbstätigen in Deutschland waren im Jahr 2021 zumindest gelegentlich im sogenannten Homeoffice … Für 10,0 % der Berufstätigen waren die eigenen vier Wände sogar an jedem Arbeitstag das Büro. Corona-Maßnahmen wie die im Früh- und Spätjahr 2021 geltende Homeoffice-Pflicht haben dazu geführt, dass sich der Anteil gegenüber dem Vor-Corona-Niveau fast verdoppelt hat: Im Jahr 2019 hatten noch 12,8 % der Erwerbstätigen im Homeoffice gearbeitet, im ersten Corona-Jahr 2020 waren es 21,0 %.«

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Mindestlöhne in Europa im Jahr 2022 – sowie die Frage, ob und wie man in inflationären Zeiten wie diesen angemessene Mindestlöhne sicherstellen kann

Eurofound, die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der EU mit Sitz im irischen Dublin, hat den jährlichen Bericht über die Mindestlöhne in Europa für das Jahr 2022 veröffentlicht:

➔ Eurofound (2022): Minimum wages in 2022: Annual review, Luxembourg 2022

Nach einer zurückhaltenden Anpassungsrunde der Mindestlöhne für 2021 wurden die Nominalsätze für 2022 deutlich angehoben, da die negativen Folgen der Pandemie nachließen und sich die Wirtschaft und die Arbeitsmärkte erholten. In diesem Zusammenhang haben 20 der 21 EU-Mitgliedstaaten mit gesetzlichen Mindestlöhnen ihre Sätze erhöht. In den mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten war ein erheblicher Anstieg zu verzeichnen, während der größte Anstieg in Deutschland erfolgte. Unter Berücksichtigung der Inflation stiegen die Mindestlöhne real jedoch nur in sechs Mitgliedstaaten.
Setzt sich der derzeitige Inflationstrend fort, werden die Mindestlöhne im Jahr 2022 in kaum einem Land real steigen. Erhebliche Einbußen bei der Kaufkraft von Mindestlohnempfängern dürften das Bild prägen, sofern das Problem nicht im Laufe des Jahres durch politische Änderungen angegangen wird. Die Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen und die entsprechenden Rechtsvorschriften in der EU sind im Großen und Ganzen unverändert geblieben oder wurden für 2022 nur geringfügig angepasst.

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