Offensichtlich ist eine Epidemie ausgebrochen. Nicht bundesweit, nicht begrenzt auf eine Region oder einen Ort – sondern auf ein Unternehmen. Bei TUIfly muss ein ganz besonderer Erreger sein Unwesen treiben. Massenhafte Krankmeldungen von Flugzeugbesatzungen haben den Ferienflieger lahmgelegt. Zahlreiche Flüge mussten und müssen ersatzlos gestrichen werden. Ein echtes Problem für diejenigen, die mit dem Beginn der Herbstferien in Urlaub fliegen wollen oder die in Spanien oder der Türkei festsitzen und einfach nach Hause kommen wollen. Das Unternehmen ist der Auffassung, dass Kunden keine Entschädigung für die Flugausfälle verlangen können. Bei den massenhaften Krankmeldungen der Mitarbeiter handele es sich um höhere Gewalt, findet das Unternehmen. Verbraucherschützer und Reiserechtsexperten sehen das jedoch anders.
Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um die die These zu wagen: Offensichtlich werden wir hier mit einem informellen Streik konfrontiert. Mit Streiks im Luftverkehr haben wir in den vergangenen Jahren durchaus einige Erfahrungen machen müssen, jeder wird die Pilotenstreiks bei der Lufthansa in langsam verblassender, aber noch präsenter Erinnerung haben. Nur waren das „seriöse“ Arbeitskämpfe, organisiert von der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC). Da ging es beispielsweise um die betriebliche Altersversorgung der Piloten (vgl. dazu beispielsweise den Blog-Beitrag Über den Wolken geht es weniger um grenzenlose Freiheit, als um Gehälter, Altersversorgung und Sparprogramme. Wie unten auf dem Boden. Zur Arbeitsniederlegung der Lufthansa-Piloten vom 1. April 2014). Allerdings hatte sich im Verlauf der konfrontativen Entwicklung zwischen den Piloten und der Lufthansa das Ziel des Arbeitskampfes verschoben. Im Jahr 2015 sei es der Gewerkschaft Cockpit maßgeblich darum gegangen, zu verhindern, dass eine von ihr als „Billigfluglinie“ bezeichnete weitere Anstellungsgesellschaft für Piloten ins Leben gerufen werden sollte. Offiziell kommuniziert wurde jedoch, es gehe um die Regelung der betrieblichen Altersversorgung für alle Piloten. Das LAG Hessen hat in diesem Fall in einer kontrovers diskutierten Entscheidung festgestellt (LAG Hessen, 09.09.2015 – 9 SaGa 1082/15), dass Streiks, welche nur der Verhinderung unternehmerischer Entscheidungen dienten, von vornherein unzulässig seien. Maßgeblich für die Bewertung der Streikziele seien nicht nur die offiziell verkündeten Streikbeschlüsse, sondern auch andere Verlautbarungen der Gewerkschaft. Seit dieser Entscheidung ist – vorerst – Ruhe an der Streikfront der Lufthanseaten eingekehrt.
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