Es gibt ja diese Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die immer wieder aufgerufen werden, da man in ihnen wegweisende Hinweise finden kann, zuweilen auch in beeindruckender Eindeutigkeit ausformulierte Stopp-Schilder, die der Politik vor die Nase gestellt werden. Der eine oder andere wird beim Thema Asylbewerber sicher an die grundlegende Entscheidung des hohen Gerichts aus dem Jahr 2012 denken (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10), mit der die Verfassungswidrigkeit der damaligen Regelungen zu den Grundleistungen in Form der Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz festgestellt wurde. Die Leitsätze dieser Entscheidung haben Schneisen geschlagen im Bereich der Existenzsicherung: »Die Höhe der Geldleistungen nach § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes ist evident unzureichend, weil sie seit 1993 nicht verändert worden ist.« Und dann dieser Passus: »Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG garantiert ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums … Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch als Menschenrecht. Er umfasst sowohl die physische Existenz des Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Das Grundrecht steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu.«
Das vom BVerfG hervorgehobene Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums war bereits im Urteil des Verfassungsgerichts zum Arbeitslosengeld II (Hartz IV) aus dem Jahr 2020 Dreh- und Angelpunkt (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 09. Februar 2010 – 1 BvL 1/09). Dieses Grundrecht als Gewährleistungsrecht »ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden.« Auch in der BVerfG-Entscheidung zum Asylbewerberleistungsgesetz aus dem Jahr 2012 findet man daran anknüpfend deutliche Worte.
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