(Un)Abhängigkeit der Beratung von Patienten. Ein Lehrstück in vielerlei Hinsicht

Das Gesundheitswesen ist bekanntlich ein Dschungel und viele Patienten sind mehr als verunsichert, an wen sie sich wenden und wohin sie gehen sollen. Die einen greifen – wie bei vielen Erfahrungs- und Vertrauensgütern üblich – zurück auf das, was ihnen von Freunden und Bekannten empfohlen wird oder sie hören auf den Ruf, ob der nun stimmt oder nicht. Andere betreiben aufwendige Recherchen im Netz und versuchen, sich zur Erkenntnis durchzugoogeln. In so einer Gemengelage macht unabhängige Beratung Sinn und kann, wenn sie denn zur Verfügung steht und in Anspruch genommen wird, nicht nur dem Einzelnen helfen, sondern auch eine gesamtgesellschaftlich positive Funktionalität haben.

Nun ist gerade die Unabhängigkeit einer Beratung von Patienten im „Haifischbecken“ Gesundheitswesen, in dem es um milliardenschwere Umsätze geht, eine zentrale Anforderung, die man erst einmal erfüllen muss – denn es gibt ja bereits eine unübersehbare Vielfalt an Beratungsangeboten, nur dass viele davon den Interessen ihrer Auftraggeber und/oder Finanziers folgen und das in die Beratung einfließen lassen. Teilweise läuft die Inbesitznahme eigentlich nur dem Patienten verpflichteter Beratungsangebote im Hintergrund und subtil, man denke hier an die eine oder andere Selbsthilfegruppe, deren Finanzierung über natürlich völlig uneigennützig agierende Pharma-Unternehmen läuft.

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Bohren geht immer. Die zahnärztliche Einzelpraxis als Auslaufmodell in Zeiten des „Dentalbusiness“ und der heuschreckenfinanzierten renditeträchtigen Bohr-Kombinate?

Über Zahnärzte zu schreiben, kostet Überwindung. Nicht nur, wenn man zur Mehrheit der Menschen gehört, die sich gewiss einen anderen Zeitvertreib vorstellen können, als bei denen auf dem Stuhl zu sitzen. Und auch nicht deshalb, weil man bei nicht wenigen Vertretern dieser Zunft den Eindruck hat, dass nicht unbedingt die Interessen des Patienten primär handlungsleitend sind, sondern die geschickte Kombination abrechnungsfähiger Leistungen mit dem gerade hier anfallenden Universum an privaten Zuzahlungen, dem dann auch mal der eine oder andere Zahn zum Opfer fallen kann, der ansonsten noch vielleicht Aussicht auf Rettung gehabt hätte.

Das Problem, dass die Monethik einen ganz eigenen Stellenwert hat bei dem einen oder der anderen in diesem Feld der Gesundheitsversorgung, an dem wir alle nicht vorbeikommen, ist ja nicht wirklich begrenzt auf die oder viele Zahnärzte – vergleichbare Debatten führt man auch mit Blick auf andere Mediziner, die sich nicht festbeißen müssen an den zahnärztlichen Vergütungsregeln und der Zahlungsbereitschaft wie auch -fähigkeit der Patienten. Letztendlich wird man hier konfrontiert mit dem unauflösbaren Dilemma einer anwaltlichen Vertretung der eigenen Patienten und dem Erfordernis, als freiberuflicher Leistungserbringer im betriebswirtschaftlichen Korsett aus Kosten und Erlösen dem eigenen Geschäft nachgehen zu müssen. 

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Import hui, Export pfui? Die politische Verlogenheit mit Blick auf ausländische Ärzte und den eigenen zu geringen Ausbildungsinvestitionen in Deutschland

Verlogenheit ist eine zugegeben harte Bewertungskategorie. Zumindest aber das Urteil einer sehr ungleichgewichtigen Doppelmoral muss man sich gefallen lassen, wenn man auf der einen Seite das Abschöpfen ausländischer Fachkräfte als eine der (angeblichen) Hauptlösungsstrategien für einen Personalbedarf im eigenen Land proklamiert – und damit den Abgabeländern nicht nur einen Vermögens- und Versorgungsschaden zufügt, wenn wir an Gesundheitsberufe denken, sondern auch deren Ausbildungsinvestitionen voraussetzt, um über die mitesserhafte Verwertung der im Ausland qualifizierten Arbeitskräfte im Importland die Rendite aus einer Investition abzuschöpfen, die man gar nicht getätigt hat. Und wenn man gleichzeitig die eigenen Ausbildungsanstrengungen über viele Jahre bremst und niedriger hält, als es lange absehbar notwendig wäre, dann aber auch noch hingeht und die Abwanderung der „eigenen“ Arbeitskräfte als Problem in den Raum stellt.

Eine solche offensichtlich logisch und auch moralisch fragwürdige Unwucht (außer man betrachtet die Potenzierung der Eigennutzmaximierung auf Kosten anderer als eine moralisch zulässige Verhaltensvariante) kann es nicht geben? Also bestimmt nicht in Deutschland? Dann muss man sich eines besseren belehren lassen, wenn man in die Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 16. September 2018 schaut und dort auf Aussagen des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) stößt. 

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Die bisher mindestens Zweidrittel- und am Ende 50-Prozent-Gesellschaft: Erwerbsbiografien in Deutschland und ein Teil der Rentenfrage

Jedes Jahr veröffentlichen Krankenkassen ihre Gesundheitsberichte, oftmals mit einem wechselnden Schwerpunktthema. So auch die Techniker Krankenkasse. Deren Gesundheitsreport 2018 steht in diesem Jahr unter der Überschrift „Fit oder fertig? Erwerbsbiografien in Deutschland“. Dabei geht es beispielsweise um solche Fragen: Wie häufig und warum unterbrechen die Beschäftigten in den verschiedenen Altersgruppen und Beschäftigungsverhältnissen ihre Berufstätigkeit oder scheiden sogar ganz aus dem Erwerbsleben aus? Durch erwünschte Pausen wie Studium oder Elternzeit? Oder eher unfreiwillig durch Arbeitslosigkeit oder Krankheit? Jens Baas, der Vorstandsvorsitzende der TK, bilanziert in seinem Vorwort: »Die gute Nachricht ist: Zwei Drittel der Erwerbspersonen waren im Untersuchungszeitraum von Anfang 2013 bis Ende 2017 durchgängig beschäftigt.« Und mit Blick auf die vorgelegten Daten kann man ergänzen: Von den 35 bis 60-Jährigen waren es sogar mehr als 80 Prozent.

Nun kann es für Unterbrechungen im Erwerbsleben unterschiedliche Gründe geben, beispielsweise ein begrenzter Ausstieg wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit mit anschließender Rückkehr auf den Arbeitsplatz. Oder aber eine Unterbrechung wegen Arbeitslosigkeit (mit einem Anteil von gut 15 Prozent war Arbeitslosigkeit der mit Abstand häufigste Grund für eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit) oder eine Erwerbsunfähigkeit – was natürlich aus sozialpolitischer Sicht besonders bedeutsame und mit Folgeproblemen versehene Ereignisse im Lebenslauf sind.

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Ein Tag von 365 Tagen mit einer langen und für viele tödlichen Warteliste: Organspenden, Organtransplantationen und ja, auch Organhandel

Der 2. Juni ist in diesem Jahr der „Tag der Organspende“. Natürlich gibt es dazu eine offizielle Webseite: www.organspendetag.de. Dort werden wir mit dieser Botschaft versorgt: »Alle Jahre wieder: Seit nunmehr 36 Jahren ist der Tag der Organspende ein guter Grund, sich den ersten Samstag im Juni im Kalender rot anzustreichen. Der Tag der Organspende findet jedes Jahr in einem anderen Bundesland statt; in diesem Jahr wird er am 2. Juni in Saarbrücken ausgerichtet … Die Veranstaltung startet mit dem Ökumenischen Dankgottesdienst in der Ludwigskirche.« Man kann das als eines dieser ritualisierten Formen der „Tage des …“ abtun. Letztendlich geht es sicher auch darum, im Strom der medialen Masseninhalte um und an einem Tag ein Stück Aufmerksamkeit zu erheischen. Und beim Thema Organspende handelt es sich nun wirklich nicht um den Hinweis auf irgendeine Skurrilität, sondern im wahrsten Sinne des Wortes um eine Frage von Tod oder Leben und das in mehrfacher Hinsicht.

Wir sind – hier bewusst technokratisch formuliert – in dieser überaus ambivalenten Angelegenheit im Grenzbereich zwischen Leben und Tod – mit einem massiven Angebots-Nachfrage-Problem konfrontiert. Man kann das so in einen Satz pressen: »In Deutschland warten etwa 10.000 Schwerkranke auf ein neues Organ. 2017 gab es nur knapp 800 Spender – der niedrigste Stand seit 20 Jahren.«

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