Psychiatrie: Das Ziehen der Notbremse beim geplanten Systemwechsel der Finanzierung stationärer psychiatrischer Leistungen

In der Sozialpolitik gibt es leider nicht wirklich oft das Erfolgserlebnis, eine von vielen, die sich auskennen oder das erledigen müssen, als untauglich oder gar gefährlich eingeschätzte Veränderungen vor ihrer Realisierung aufzuhalten und sogar eine Kehrtwende in die andere Richtung hinzubekommen. Und wenn dann noch in einem Kommentar von einem Lob dem Aufstand der Basis in der Überschrift gesprochen wird, dann kann schon doppelte Freude aufkommen, denn offensichtlich sind hier die unmittelbar Betroffenen aktiv geworden und haben eine als problematisch erkannte Neuausrichtung verhindern können.

Darum geht es: »Die Koalition zieht bei der Reform der Vergütung stationärer psychiatrischer Leistungen die Notbremse. Sehr spät, aber immerhin noch rechtzeitig, hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass das geplante Entgeltsystem PEPP in seiner aktuellen Fassung das Personal auf den Stationen ausdünnt und qualitativ hochwertige Behandlung finanziell bestraft. In den Häusern, die schon danach abrechneten, wuchs die Belastung durch Bürokratie, das Verständnis der Medizinischen Dienste für die besonderen Bedürfnisse der akut psychisch kranken Menschen nahm ab«, so Arno Fricke in seinem Artikel über die erfolgreiche Basis, die sich gegen diesen Umbau des Systems gewehrt hat. Und weiter erfahren wir: »Nun soll alles ganz anders werden. Die Krankenhäuser sollen künftig aufgrund von Daten aus Kliniken bezahlt werden, die nachweislich leitliniengerecht behandeln und ausreichend Personal beschäftigen.« Das hört sich erst einmal gut an.

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Ein deutscher Wiedergänger in der französischen Arbeitsmarktpolitik? Der sozialistische Präsident Hollande versucht 2016, den Gerhard Schröder zu machen

Ein Blick über den deutschen Tellerrand ist geboten, schon grundsätzlich, aber mit Blick auf Frankreich im Besonderen. Es geht dabei ja nicht nur um einen unserer Nachbarn, sondern die deutsch-französischen Beziehungen sind für Europa von substanzieller Bedeutung, wie man derzeit in den Untiefen der (Nicht-)Flüchtlingspolitik innerhalb der EU schmerzhaft von deutscher Seite zur Kenntnis nehmen muss. Und die besondere Bedeutung macht sich auch rein ökonomisch bemerkbar. Über viele Jahre hinweg konnte man bei einer Analyse des deutschen Außenhandels gewissermaßen automatisch ohne weitere Prüfung der Daten bei der Frage, wer denn gemessen an den Exporten der wichtigste Handelspartner Deutschlands sei, antworten: Frankreich. In dieses Land wird aus Deutschland am meisten exportiert.

Nun aber muss man erstmals seit 1961 sagen: wurde. Denn das vergangene Jahr markiert eine Zäsur: Frankreich ist nicht mehr Deutschlands größter Kunde: »Die Vereinigten Staaten haben Frankreich nach mehr als einem halben Jahrhundert als wichtigsten Kunden der deutschen Wirtschaft abgelöst. Die deutschen Warenexporte in die Vereinigten Staaten schnellten 2015 um fast 19 Prozent auf 114 Milliarden Euro nach oben … Die Ausfuhren nach Frankreich wuchsen dagegen nur um 2,5 Prozent auf 103 Milliarden Euro.« Diese nackten Zahlen sind nur einer der vielen Hinweise auf die tiefgreifende Krise, in der sich die französische Volkswirtschaft befindet – eine fundamentale Krise, die bis in alle Ecken der französischen Gesellschaft ausstrahlt. Die anhaltend hohe (registrierte) Arbeitslosigkeit verdeutlicht die Malaise – gerade im Vergleich mit den deutschen Werten aus den vergangenen Jahren. Seit 2009 laufen die Kurven auseinander – in Frankreich steigt die Arbeitslosenquote, in Deutschland ist sie deutlich zurückgegangen. 

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McKinsey kommt. Und soll jetzt die Flüchtlingsintegration in Berlin erledigen, weil die Verwaltung die „komplexe Aufgabe“ nicht bewältigen könne

McKinsey unterhält ein globales Netz aus ehemaligen Mitarbeitern – und wird langsam unheimlich. Die Berater-Alumni sitzen in den Schaltzentralen von Unternehmen und Politik, bewegen Milliarden, steuern ganze Volkswirtschaften. So beginnt der Artikel McKinsey ist überall von Michael Freitag und Dietmar Student, der bereits im Oktober 2012 veröffentlicht wurde. Hier wird an vielen Beispielen beschrieben, wie es diese globale Unternehmensberatung schafft, überall die Finger reinzubekommen. Man kann das „Geschäftsgeheimnis“ der Meckies relativ einfach beschreiben – und bei aller Distanz bis Abneigung muss man dabei fast schon ehrfurchtsvoll zur Kenntnis nehmen, dass es denen gelungen ist, eine Art Perpetuum mobile der (Folge-)Auftrags- und damit Geldbeschaffung in die Welt zu setzen. »In den Vorständen internationaler Konzerne, auf Ministerposten, in Kulturorganisationen, Stiftungen und auch in Internetfirmen wie Autoscout 24: Die Jünger McKinseys sind überall«, schreiben Freitag und Student. Und liefern auch ein paar eindrucksvolle Zahlen:

»Mehr als 25.000 ehemalige McKinsey-Berater besetzen in 120 Ländern meist hochrangige Positionen; bei McKinsey selbst sind aktuell nur 9000 Berater registriert. Weltweit haben es rund 7000 Ex-Meckies in höchste Führungspositionen geschafft; 200 leiten Firmen, die mehr als eine Milliarde Dollar im Jahr umsetzen; die Top-Five-CEOs kommen zusammen auf mehr als 400 Milliarden Dollar; sie führen Boeing (USA), BHP Billiton (Australien), Vodafone (Großbritannien), Eni (Italien) und die Deutsche Post.«

Die McKinsey-Berater beraten und dringen dann ein in die Unternehmen, oftmals über die Schiene Vorstandsassistenz. Wenn die dann weiter aufsteigen, sitzen sie später an Positionen, von denen aus sie selbst wieder Aufträge vergeben können – und an wen? Keine Frage, ein sich selbst erhaltendes und expandierendes Geschäftsmodell. 

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