Keine Konkurrenz, Gewinner und lustvoll schaffende „Asyl-Azubis“? Umrisse einer Diskussion jenseits des postulierten „Verlustgeschäfts“ durch Zuwanderung

Hans-Werner Sinn hat mit seinen steilen Thesen das „Verlustgeschäft“ Zuwanderung nach Deutschland betreffend für einigen Wirbel gesorgt (vgl. hierzu kritisch den Beitrag: Was für ein Jahresenddurcheinander: Sinn und Unsinn sind zwei Seiten einer Medaille. Sinn hat zwischenzeitlich auf die heftige Kritik an seinen modelltheoretischen Überlegungen reagiert und ein etwas relativierendes Interview mit ihm ist überschrieben mit „Ich vermute per Saldo immer noch einen großen Gewinn“, was zugleich – ob gewollt oder ungewollt – das Niveau der Debatte allgemein umreißt, denn Vermutungen sind Vermutungen). Das liegt nicht nur, aber eben auch in der Natur eines derart komplexen sozialen Prozesses wie Zuwanderung vieler ganz unterschiedlicher Menschen. Kosten und Nutzen von Migration lassen sich kaum exakt berechnen, sagt der Ökonom Herbert Brücker in dem Interview „Deutsche Arbeitskräfte gewinnen“. Doch „es müsste mit dem Teufel zugehen“, wenn Deutschland nicht profitiere, so wird der Migrationsforscher zitiert, was wiederum darauf verweist, dass wir es hier mit einem offensichtlich sehr unübersichtlichen Terrain zu tun haben, ansonsten würde ein Ökonom nicht semantische „Amtshilfe“ aus dem theologischen Bereich in Anspruch nehmen (müssen). In die gleiche Richtung – think positive – geht das Diktum des obersten Arbeitslosenverwalters, Frank-Jürgen Weise, dem Chef der Bundesagentur für Arbeit, dessen Positionierung schon im Titel eines Artikels so auf den Punkt gebracht wird: Zuwanderer sind keine Konkurrenz für Arbeitslose. Punkt und aus. Also alles gut?

»Erwerbslose müssen Zuwanderer nicht fürchten. Im Gegenteil«, so die Botschaft des Herrn Weise. Wie so oft muss man genau lesen, was er gesagt hat: »Gut qualifizierte Zuwanderer nehmen nach Einschätzung von Bundesagentur-Chef Frank-Jürgen Weise Langzeitarbeitslosen in Deutschland keine Arbeitsplätze weg. „Die Zuwanderer kommen oft mit einer guten Qualifikation und motiviert nach Deutschland“ … „Sie wollen als Fachkraft arbeiten, und hier haben wir auch viele offene Stellen.“

Auch hier wird – wie übrigens schon bei Hans-Werner Sinn und in der Bertelsmann-Studie von Holger Bonin, mit der er sich auseinandergesetzt hat – ein Unterschied gemacht zwischen solchen und anderen Zuwanderern. Auch der Migrationsökonom Brücker stellt in seiner Argumentation darauf ab: »Es hängt ganz entscheidend von der Qualifikationsstruktur der Migranten ab. Die Ausländer, die im Moment in Deutschland leben, sind im Schnitt eher nicht so gut ausgebildet. Wäre die Qualifikationsstruktur der Neuankömmlinge ebenso schlecht, dann würde das Loch in den Kassen tatsächlich größer. Das ist aber nicht der Fall. Schon heute sind die Zuwanderer sehr viel besser ausgebildet als der Durchschnitt der hier lebenden ausländischen Bevölkerung.« Obgleich es natürlich auch eine andere Seite der Medaille gibt: »Zwar haben zugleich rund 30 Prozent keine abgeschlossene Berufsausbildung, aber dieser Anteil sinkt.«

Aber das es nun keine Konkurrenz geben soll, das sieht Brücker anders: »Bisher hat sich gezeigt, dass gerade die deutschen Arbeitskräfte durch die Einwanderung gewinnen. Die großen Verlierer hingegen sind die ausländischen Arbeitnehmer, die schon länger hier leben.« Und bei der Begründung dieser These erkennt man, dass es eben doch nicht so einfach ist:

»Die neuen Einwanderer konkurrieren eher mit den bereits hier lebenden Ausländern um Stellen. Ihre Qualifikationen ähneln sich, denn trotz der hohen Akademikerquote gibt es unter den Neuankömmlingen immer noch viele Unqualifizierte … Das heißt, die Ausländer verdrängen sich gegenseitig, während die Deutschen vom zunehmenden Wettbewerb kaum betroffen sind.«

Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmer in Berufen und Branchen, auf die sich die Zuwanderer konzentrieren, verlieren, während Arbeitnehmer in Tätigkeiten, die durch Zuwanderer ergänzt werden, gewinnen, so Brücker. Zusammenfassend: »Wenn die Migranten überhaupt in den Wettbewerb mit deutschen Arbeitnehmern treten – und die Empirie zeigt bislang, dass das nur sehr begrenzt der Fall ist – dann also mit Akademikern und Ungelernten.«

Also doch Konkurrenz, was ja auch nicht wirklich überrascht.

Letztendlich ist das alles – losgelöst von den individuellen Schicksalen – eine Frage von Angebot und Nachfrage. Und natürlich haben wir durch die Zuwanderung eine Veränderung auf der Arbeitsangebotsseite – und die Arbeitsnachfrageseite reagiert darauf.

Hierzu ein Beispiel: Nach vielen Jahren, in denen es immer deutlich mehr Bewerber um einen Ausbildungsplatz gab als verfügbare Stellen, hat sich in den vergangenen Jahren – angefangen in Ostdeutschland und nunmehr auch in Westdeutschland – aufgrund der demografischen Entwicklung wie aber auch aufgrund des sich verändernden Ausbildungsverhaltens der jungen Menschen – die Angebots-Nachfrage-Relation dergestalt verschoben, dass es zumindest in vielen Branchen immer schwerer wird, ausreichend Nachwuchs zu finden. Nun kann man das auch deshalb positiv sehen, weil sich dadurch ceteris paribus die Bedingungen zugunsten derjenigen verschieben müssten, die früher nicht mal in die Nähe eines Vorstellungsgesprächs gekommen wären, weil es genügend andere Bewerber gab. Das wäre gut für die jungen Menschen, deren Freiheitsgrade wie auch Zugangsmöglichkeiten sich dadurch verbessern – und für die Unternehmen ist das deshalb schlecht, weil sie sich öffnen müssten auch für Bewerber/innen, die sie vorher aussortiert hätten oder aber sie müssten sogar insgesamt die Bedingungen in ihren Unternehmen verbessern, damit überbaut noch jemand kommt.

Aus dieser Perspektive macht es durchaus Sinn, wenn man versucht, die Zahl der ausbildungsuchenden Menschen zu erhöhen und von der daraus resultierenden Konkurrenz zu profitieren. Und genau in diese Richtung geht die Hoffnung, dass ein Teil der zu uns kommenden Menschen dafür die Grundlage legen kann. Dazu der Artikel Unternehmen schwärmen von fleißigen Asyl-Azubis von Freia Peters. »Die Azubis begeistern durch ihren Fleiß – auch nach Dienstschluss«, können wir dem Artikel entnehmen:

(Mohammed) Rahmati, 25 Jahre, ist seit dem Frühling vergangenen Jahres in Deutschland, sein kleines Zimmer in einem Wohnhaus im oberbayerischen Freising teilt er mit zwei anderen Flüchtlingen aus Afghanistan.
Seit drei Monaten hat Rahmati einen Job in seiner neuen Wahlheimat: Er ist Auszubildender als Einzelhandelskaufmann in einem Discounter. Jeden Morgen fährt er 60 Kilometer mit Bus und Bahn zu einem Penny-Markt in der Münchner Innenstadt, in dem er sich mit „Warenwälzung, Frischekontrolle und Preisauszeichnung“ befasst. „Der ist super“, sagt Verkaufsleiter Björn Wecker, „ein absoluter Zugewinn für unsere Firma. Wenn wir von der Sorte noch mehr bekommen würden, das wäre toll.“
Das Problem bzw. das Risiko:  Rahmati hat keinen Aufenthaltstitel in Deutschland, er wird derzeit nur geduldet, er könnte auch während einer Ausbildung abgeschoben werden. „Die Ausbildung ist meine große Chance, aus meinem Leben in Deutschland etwas zu machen“, so wird Rahmati in dem Artikel zitiert. »Trotz seiner weiten Anreise ist er jeden Morgen pünktlich, auch wenn die Frühschicht um sieben Uhr beginnt und er dafür um 5.20 Uhr das Haus verlassen muss. Abends lernt Rahmati für die Berufsschule.« Ein Traum für viele Arbeitgeber.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) hat sich mit Forderungen an die Politik zu Wort gemeldet: »Geduldete sollten sofort arbeiten dürfen, ohne das „unnötige Hemmnis“ der Vorrangprüfung. Außerdem sollten Flüchtlinge so früh wie möglich an Deutschkursen teilnehmen und während der Ausbildung grundsätzlich nicht abgeschoben werden dürfen.«
Aber zurück zu Mohammed Rahmati. Dem Artikel von Freia Peters kann man entnehmen:

Binnen acht Monaten lernte er Deutsch, in zwei Monaten holte er seinen Hauptschulabschluss nach – sein Abitur konnte in Deutschland nicht anerkannt werden. Anschließend gab seine Lehrerin ihm den Tipp, eine Last-minute-Jobmesse zu besuchen, auf der sich Firmen vorstellen, die noch Mitarbeiter suchen, obwohl die Ausbildung schon begonnen hat.
600 Euro verdient Rahmati momentan bei Penny. 150 Euro davon muss er für das Zimmer in der Flüchtlingsunterkunft zahlen – wer Arbeit hat und verdient, muss einen Teil abgeben. Eigentlich bekommen Flüchtlinge, die nach der Schule eine Ausbildung beginnen, finanzielle Unterstützung. Doch nur, wenn sie sich bereits seit vier Jahren in Deutschland aufhalten. Rahmati hat zu schnell Deutsch gelernt.
Trotz der Ungerechtigkeit will er weiter nach oben. „Nach der Ausbildung will ich weitermachen, wenn es geht, an die Uni gehen“, sagt Rahmati und lächelt: „Schauen wir mal.“

Natürlich hat ein Unternehmen bei der Auswahl eines Azubis den Drang, demjenigen eine Chance zu geben, der die „richtige“ Einstellung mitbringt. Also die Motivation, Leistungsbereitschaft usw. – da haben die „Abgehängten“ unter den anderen Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen keine Chance. Auf der anderen Seite eröffnet das dem zu uns Gekommenen Chancen, sich durch eigene Arbeit über Wasser halten zu können. Dazu passend:

»Es ist eine Illusion, Zuwanderung auf Zuruf regeln zu wollen. Auch die Menschen, die ungerufen zu uns kommen, brauchen Arbeit und Chancen zum sozialen Aufstieg.« So formuliert es Götz Aly in seiner Kommentierung Migration lässt sich nur begrenzt regulieren. Aly sieht die Diskussionen rund um eine gesteuerte Zuwanderung mehr als skeptisch: »Die meisten ausländischen Spezialisten wollen nicht nach Deutschland. Auch sollten wir uns nicht einbilden, wir könnten auf Zuruf einige Zehntausend ledige philippinische Frauen anheuern, damit sie unsere Alten liebevoll pflegen.«

Und weiter:

»Die wichtigsten Zuwanderer sind bereits heute diejenigen, die sich ungerufen zu uns durchgeschlagen haben. Da versorgt ein frankophoner, stets gut gelaunter westafrikanischer Pfleger die behinderte Tochter; in der Reha arbeitet die afghanische Sporttherapeutin, im Hort des Enkels der türkischstämmige Erzieher. Im Alltag treffe ich auf die ausnehmend freundliche Krankenschwester mit Kopftuch, den meisterlichen Tischler aus Damaskus, den irakischen Fahrer eines bestellten Taxis.«

Und er beendet seinen Kommentar mit einem Blick auf seine eigene Familiengeschichte, die eben auch eine Migrationsgeschichte ist:

»Mein osmanischer Urahne kam vor 329 Jahren als Kriegsgefangener nach Berlin, er heiratete die Türkin Marusch, die es nach Spandau verschlagen hatte. Die sechs Kinder der beiden stiegen sofort in die bürgerliche, damals noch sehr schmale Mittelschicht auf. Einer meiner Urururgroßväter hatte sich aus Polen in die hinterpommersche Kreisstadt Schlawe gemogelt.
Sein Sohn Wilhelm, mit vaterländischem Vor- und dem eingedeutschten Nachnamen Kosnik versehen, ging zunächst zur Armee, wurde hernach Bahnbeamter der untersten Stufe und brachte es bis zum Vorsteher des Bahnhofs Leipzig-Neustadt. Wilhelms Sohn Friedrich wurde preußischer Studiendirektor.«

Ein schöner Schluss.

Die Bundesagentur für Arbeit als Little-Facebook oder gar als Miniatur-Ausgabe der NSA? Das „Neuland“ Internet soll jetzt ganz modern durchsucht werden

Ach, die Bundesagentur für Arbeit (BA). So eine große Behörde, Pardon: so ein großes Unternehmen. Moderner Dienstleister am Arbeitsmarkt nennt man sich selbst. Und wer „modern“ ist, macht auch mit im „Neuland“, also diesem Internet mit seinen vielfältigen Ausprägungen.  Da wird ja so viel geschrieben und von sich gegeben. Und hin und wieder auch über die Bundesagentur für Arbeit. Und natürlich: jede große Organisation interessiert sich auch für sich selbst, manche kreisen sogar überwiegend um sich selbst. Da will man doch wissen, was die anderen da draußen so denken, schreiben, posten oder wie das ganze Zeugs so heißt. Aber es gibt so ein unglaubliches Rauschen im Neuland, da muss man systematisch rangehen, also eben modern. Das könnte erklären, warum die Bundesagentur für Arbeit konkrete Arbeitsplätze schaffen will. In der IT-Branche. Was doch erst einmal löblich erscheint. So sucht die BA »auf der Onlinevergabeplattform des Bundes ein Unternehmen, das ihr ein »Social Media Monitoring Tool« (Programm zum Beobachten sozialer Medien) für zunächst zwei Jahre zur Verfügung stellt. Die Firma, die den Zuschlag erhält, soll die Software warten und BA-Angestellte in der Nutzung schulen.

Laut Auftrag geht es um »automatisierte Identifikation und Analyse von Diskussionen und Kommentaren im deutschsprachigen Social Web«. Der Vertrag soll von Mitte März 2015 bis zum Frühsommer 2017 laufen«, berichtet Susan Bonath in ihrem provozierend mit Nürnberger Spionageamt betitelten Artikel. Also Informationen zu bekommen, was die Menschen im Internet so treiben, bestellen und (nicht) machen, daran haben viele Unternehmen ein Interesse, sind doch Daten mittlerweile eine eigenständige „Rohstoff“-Kategorie geworden. Und das Unternehmen wie Facebook oder Google, die mit Werbung ihr Geld verdienen, ein Interesse an diesen Informationen haben, liegt auf der Hand. »Verkäufe bei Ebay, Onlinebuchung eines Fluges, ein Kommentar bei Facebook: An diesen Daten haben … Konzerne Interesse, die Produkte oder Dienstleistungen bewerben wollen.« Aber die Bundesagentur für Arbeit? Die BA als „Little-Facebook“ macht nun wirklich keinen Sinn. Es muss also um etwas anderes gehen.

Nun könnte man an dieser Stelle das Argument vortragen, es geht der Behörde, pardon: dem Dienstleister am Arbeitsmarkt vielleicht nur darum zu erfahren, wie man über sie spricht und diskutiert, wo sie überall auftaucht, welche Meinungen und Stimmungen ausgetauscht werden. Das wäre aus Sicht der Organisation ein durchaus legitimes Interesse, das machen andere auch. Schauen wir also genauer hin, was die BA da eigentlich einkaufen will. Dazu Susan Bonath in ihrem Artikel:

»Mit solchen »Monitoring Tools« können Foren, Blogs, Verkaufsplattformen oder Kommentarspalten im Internet mit Hilfe von Stichwörtern oder Namen abgescannt werden. Konzerne forschen so persönliche Interessen aus und spüren potentielle Kunden im World Wide Web auf, die sie dann mit Werbung überhäufen. Wie der Anbieter Infospeed auf seiner Internetseite erklärt, dient die Software dafür, »benutzergenerierte Inhalte« zu »identifizieren und zu analysieren«, etwa für »Marktforschungszwecke«. Im Gegensatz zum »Webmonitoring«, wo es darum geht, kommerzielle Nachrichten und Artikel zu durchforsten, würden beim »Social Media Monitoring« Einträge und Daten bestimmter Nutzer ausgewertet. Es eröffne sich eine »breite Quelle an Informationen«, etwa zu Kaufentscheidungen, Ansichten und persönlichen Details, heißt es.«

In dem Artikel wird Frauke Wille, die Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit zitiert, die wir hier auch zu Wort kommen lassen wollen, denn was sie zu Protokoll gegeben hat, würde den ersten Erklärungsansatz – also der Beobachter des Arbeitsmarktes beobachtet selbst, wie er beobachtet wird  – stützen: »Mit der Onlinedurchsuchung sollen Mitarbeiter aus den Bereichen IT, Presse und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) betraut werden.« Wie viele, das stehe angeblich noch nicht fest und wenn doch, dann würde es wahrscheinlich auch nicht bekannt gegeben werden. Und weiter erfahren wir:

»Ermittelt werde unter anderem in Foren, Blogs und sozialen Netzwerken. Verfolgt werden sollten vor allem »aktuelle Diskussionsthemen mit Bezug auf die BA«, so Wille weiter.«

Das ist hinreichend unpräzise, um weitergehenden Spekulationen nicht den Boden zu entziehen. Diese Spekulationen schießen auch deshalb ins Kraut, weil es schon in der Vergangenheit Erfahrungen mit der BA gegeben hat, die an einen anderen – möglichen – Ansatz erinnern: Im November 2013 wurde berichtet, dass die Bundesagentur für Arbeit eine Internet-Überwachung von ALG-II-Beziehern plane, um mögliche Nebeneinkünfte aufzuspüren. Umgesetzt werden sollte nach den damaligen Vorschlägen die Internet-Fahndung demnach vom Bundeszentralamt für Steuern, das bereits für die Finanzämter nach Steuersündern sucht.

Und auch der damalige Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, hatte 2013 seine Erfahrungen mit der BA und ihren Ambitionen hinsichtlich der sozialen Netzwerke machen und eine Rüge aussprechenmüssen, wie Susan Bonath berichtet: »Laut Schaar hatten damals Jobcenter bei ihm nachgefragt, ob sie Infos auf Facebook von Hartz-IV-Beziehern verwenden dürften. Keinesfalls, so seine Antwort, habe die BA das Recht, sich in Foren einzuloggen oder Suchmaschinen zu nutzen, um Klienten zu beobachten. Anders liege der Fall nur, wenn es einen konkreten Betrugsverdacht gebe. »Eine Spionage ins Blaue hinein ist immer illegal«, hatte Schaar erklärt.«

Da ist es doch beruhigend, dass eine Sprecherin der heutigen Bundesbeauftragten für Datenschutz, Andrea Voßhoff, erklärt: „Unsere Auffassung von damals gilt auch heute“. Allerdings besteht hinsichtlich der neueren Vorstöße in die unbekannten Weiten des Netzes noch ein gewisses Informationsdefizit bei den Datenschützern: „Wir wissen nichts von dieser Ausschreibung, so wird die Behördensprecherin zitiert. Sie werde bei der BA nachhaken.

Die wird das alles sicher voll umfänglich aufklären mit ihrer modernen Kommunikationsmaschinerie.

Geht uns die Arbeit (doch noch) aus? Zur „Digitalisierung“, der Debatte über „digitale Arbeitslosigkeit“ und den möglichen sozialpolitischen Herausforderungen

Die älteren Semester werden sich erinnern, beispielsweise an die 1980er Jahre, als eine intensive Debatte über die Zukunft der Arbeit stattfand und unzählige Bücher im Soft- und Hardcover-Format mit Titeln wie „Geht uns die Arbeit aus?“ zahlreiche Arbeitsplätze im Verlagswesen, in Druckereien und in Buchhandlungen gesichert haben. Letztendlich ging und geht es hier um die vielgestaltige strukturelle Arbeitslosigkeit, die differenziert werden kann nach sektoralen, regionalen, technologischen oder qualifikationsspezifischen Ursachen. Immer wieder lassen sich Debatten-Wellen beobachten, in denen über den tatsächlichen oder möglichen Wegfall von Arbeitsplätzen aufgrund der technologischen Entwicklung gestritten wurde. Und wird. So beispielsweise seitens der Gewerkschaften, wie man diesem Artikel entnehmen kann: Verdi-Chef Bsirske warnt vor Jobabbau durch Digitalisierung. »Der Gewerkschaftschef warnte vor digitaler Arbeitslosigkeit. „Ganze Berufsfelder sind von der Digitalisierung bedroht“, meinte er. „Die Frage ist, inwieweit auf die Automatisierung der Muskelkraft eine Automatisierung des Denkens folgt.“ Große Sparpotenziale bei den Arbeitsplätzen drohten. Eine Automatisierungsdividende entstehe. Diese müsse in neue Arbeitsplätze investiert werden – etwa im Erziehungs- oder Gesundheitsbereich. Verwegen wäre es laut dem Verdi-Chef, sich darauf zu verlassen, dass sich genug Ersatzarbeitsplätze von selbst entwickelten.« 

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