Das Bundesverfassungsgericht als Retter der Pensionskassen? Auf alle Fälle werden der Sozialversicherung goldene Eier aus dem Nest genommen

Die betriebliche Altersvorsorge ist ein Universum für sich. Man verfällt einem gewaltigen Irrtum, wenn man von „der“ Betriebsrente ausgeht. Nicht nur, weil viele Menschen bei „Betriebs“rente davon ausgehen, dass die vom Unternehmen finanziert wird, als Zusatzleistung, was in Zeiten der Entgeltumwandlung, bei der die Beschäftigten einen Teil oder gar die ganze Betriebsrente selbst finanzieren, nicht mehr stimmen muss. Da gibt es auch eine verwirrenden Formenvielfalt bei der Art und Weise der betrieblichen Altersvorsorge. Nehmen wir nur als Beispiel die unterschiedlichen „Durchführungswege“, über die eine betriebliche Altersvorsorge realisiert werden kann.

Und seit dem letzten Versuch einer gesetzgeberischen Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge werden wir mit der „Zielrente“ im Sozialpartnermodell einen weiteren Durchführungsweg bekommen (vgl. dazu ausführlicher und kritisch den Beitrag Die halbierte Betriebsrentenreform, eine „kommunikative Herausforderung“ gegenüber den Arbeitnehmern und das von vielen totgesagte Pferd Riester wird erneut gedopt vom 3. Juni 2017). 

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Immer wieder Konflikte um die Unterkunftskosten der Hartz IV-Empfänger. Und eine eigenartige Seitwärtsbewegung des Bundesverfassungsgerichts

Wenn über „Hartz IV“, also die Grundsicherung nach SGB II, diskutiert wird, dann stehen meistens die Regelleistungen im Mittelpunkt, also der Geldbetrag, mit dem Hartz IV-Empfänger ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen- für einen alleinstehenden Leistungsbezieher sind das 416 Euro im Jahr 2018. Aber da gibt es noch eine zweite ganz wichtige Säule des Grundsicherungssystems: Bedarfe für Unterkunft und Heizung, so ist der hier relevante § 22 SGB II überschrieben. Dort findet man gleich am Anfang diesen Satz: »Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.«

Das liest sich im ersten Moment einfacher, als es dann tatsächlich ist. Denn das Problem verbirgt sich hinter dem unbestimmten Rechtsbegriff „angemessen“, denn die Angemessenheit selbst ist eben nicht im Gesetz definiert, muss also im Verwaltungsalltag festgelegt und durch Richterrecht falls notwendig korrigiert und fortgeschrieben werden. Vgl. dazu ausführlich den Beitrag Die angemessenen „Kosten der Unterkunft und Heizung“ im Hartz IV-System: Wenn ein unbestimmter Rechtsbegriff mit elementaren Folgen von der einen Seite bestimmt werden soll vom 16. Februar 2018. Die Konflikte zwischen den Betroffenen und den Jobcentern um die Frage, welche Mietkosten (noch oder nicht mehr) „angemessen“ sind, landen oftmals vor den Sozialgerichten. 

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Wenn untere Richter gegen obere Richter rebellieren und die dann von den Richtern noch weiter oben runtergeholt werden: Sachgrundlose Befristungen und das Bundesverfassungsgericht

Eigentlich ist es ganz einfach: Es gibt befristete Arbeitsverträge in zwei Varianten. Der „Normalfall“ einer Befristung wäre beispielsweise der Tatbestand, dass eine Mitarbeiterin in die Elternzeit geht und für den Zeitraum, in dem sie ausfällt, wird ein anderer Arbeitnehmer befristet eingestellt, denn nach Ablauf der Elternzeit hat die zeitweilig ausgestiegene Mitarbeiterin einen Anspruch auf Rückkehr in das Unternehmen und der Vertretungsbedarf entfällt wieder. So eine Befristung wäre eine „mit Sachgrund“. Aber es gibt auch noch eine andere Möglichkeit und die stand in den vergangenen Monaten im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte: die „sachgrundlosen Befristungen“. Die kann man nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) bislang bis zu einer Dauer von zwei Jahren machen, innerhalb dieser zwei Jahre ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung möglich, so der § 14 Abs. 2 TzBfG. Dann ist aber Schluss, denn dem Gesetz kann man entnehmen: »Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.«

Nun sollte man meinen, dass das eindeutiger nicht formuliert werden kann. Und dass man darüber nicht weiter diskutieren muss.

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Auch noch ein Streikrecht für Beamte? Nicht mit dem Bundesverfassungsgericht. Ein Blick hinter die Fassaden eines Stammtischaufreger-Themas

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mal wieder Klartext gesprochen: Streikverbot für Beamte verfassungsgemäß, so kurz und eindeutig ist eine Pressmitteilung des höchsten Gerichtes unseres Landes überschrieben. Und das Streikverbot sei auch mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar.

Bevor wir uns die Details der höchstrichterlichen Entscheidung anschauen – man kann sich die Reaktionen vieler Menschen auf diese Nachricht vorstellen: Jetzt wollen „die“ Beamten mit ihren betonsicheren Arbeitsplätzen, ihrer Sonderbehandlung mit Beihilfe und privater Krankenversicherung sowie im Fall der Erkrankung der garantierten Weiterzahlung der Bezüge, ihren gepamperten Pensionen, um nur einige der Vorzüge des Beamtendaseins in den Raum zu stellen, auch noch streiken dürfen. Geht’s noch? Da wird die Entscheidung des BVerfG mit großer Zustimmung zur Kenntnis genommen. Vor allem, wenn man auch noch erfährt, dass es vier Lehrer waren, die sich bis nach Karlsruhe vorgekämpft haben. Na klar, die Lehrer, das sind die mit dem vielen Urlaub. Da war doch  mal ein mittlerweile gewesener Bundeskanzler, der sich zu diesem Analyseergebnis über die Lehrer hat hinreißen lassen: „Ihr wißt doch ganz genau, was das für faule Säcke sind.“.

Nun haben die meisten von uns einige oder zuweilen auch überwiegend traumatische, zumindest aber frustrierende Erfahrungen mit dem Lehrkörper unserer Schulen machen müssen, so dass die zugespitzt vorgetragene Stammtisch-Position bei vielen auf einen entsprechenden Resonanzboden stoßen wird. Aber davon sollte man sich natürlich bei einer nüchternen Analyse nicht leiten lassen. Schon eher von dem für den einen oder anderen erstaunlichen Befund, dass die Hardcore-Vertreter des deutschen Berufsbeamtentums die Botschaft aus Karlsruhe gleichsam begeistert aufgenommen haben: „Mit seiner Entscheidung hat das oberste deutsche Gericht unsere Rechtsauffassung zum Beamtenstatus einhundertprozentig bestätigt“, so wird kein geringerer als der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (dbb), Ulrich Silberbach, von seiner eigenen Organisation zitiert.

Aber müssten die nicht eigentlich zerknirscht sein, denn der dbb verhandelt doch über die Besoldung der Beamten wie andere Gewerkschaften über die Löhne und Gehälter? Wäre da das Druckmittel eines Arbeitskampfes nicht eine anstrebenswerte Angelegenheit? 

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Das Kreuz mit den Sanktionen im Hartz IV-System und die (nicht nur verfassungsrechtlich) eigentlich offene, in der Praxis allerdings gegebene Antwort auf die Frage: Wie weit darf man gehen?

Viele, sehr viele Beiträge haben sich in diesem Blog angesammelt zum Thema Sanktionen im Hartz IV-System. Es ist ein in mehrfacher Hinsicht polarisierendes Thema. Für die einen sind die Sanktionen das scharfe Schwert eines strafenden Systems, dem es um Einschüchterung und Drangsalierung geht, um die Betroffenen auf das „richtige“ Gleis zu setzen. Zugleich kann man mit dem Damoklesschwert-Charakter der Sanktionen die vielen anderen dazu bringen, sich systemkonform zu verhalten. Auf der anderen Seite wird der bedürftigkeitsabhängige Sozialhilfe-Charakter der Grundsicherung herausgestellt und auf die unbedingten Mitwirkungspflichten der Hilfeempfänger abgestellt. Wenn man das Instrumentarium der Sanktionen nicht mehr zur Verfügung hätte, dann könnten einem die Transferleistungsbezieher auf der Nase herumtanzen.

Wir können schon an dieser holzschnittartigen Zusammenfassung erkennen, dass es hier zum einen um ganz unterschiedliche Menschenbilder geht (die sich auch in der letztendlich nie auflösbaren und höchst widersprüchlichen Dichotomie von Fördern und Fordern spiegeln), zum anderen geht es hier aber eben auch um den systemischen Aspekt, dass es sich bei Hartz IV um eine Art „nicht-bedingungsloses Grundeinkommen“ (vor allem für diejenigen, die lange Zeit in diesem System verbringen müssen) handelt, in dem man die Einhaltung der Bedingungen im Griff behalten muss.

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