Das Renten-Wunder! Der Demografie-Kollaps bleibt aus! Ist jetzt doch alles gut bei der Rentenversicherung?

Da werden sich nicht wenige BILD-Zeitungsleser die Augen gerieben haben: In den typisch ganz großen Buchstaben hat ihnen die Zeitung, die ansonsten gerne auf den apokalyptischen Wellen reitet, vor allem wenn es um Soziales geht, eine solche Schlagzeile etwas verfrüht in die vor die Tür gestellten Nikolaus-Schuhe gesteckt: Renten-Überraschung! Und wenige Zeilen später dann sogar im Fettdruck: Das Renten-Wunder! Was ist passiert?

Die BILD-Leser werden mit Hammer-Nachrichten versorgt, die bei nicht wenigen das vorher in vielen Jahren einzementierte Weltbild des ganz bald in sich zusammenbrechenden Renten-Gebäudes schwer erschüttern muss: »Mega-Rentenerhöhungen, gigantische Rücklagen, stabiler Beitrag – die Rente entwickelt sich viel besser als Experten und Regierung in den vergangenen Jahren schwarzgemalt haben! Und jetzt? Zeichnet sich auch noch ab, dass der prognostizierte Demografie-Kollaps ausbleibt!« Da ist doch nun wirklich nach den langen Jahren des Kaputt-Redens der gesetzlichen Rente ein rentenpolitisches Halleluja fällig. Oder?

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Die Debatte über niedrige Renten sei „faktisch falsch“. Vom Wert eines langen und durchschnittlichen Erwerbslebens in der Rentenversicherung

Bereits seit Jahren werden regelmäßig Anfragen im Bundestag gestellt, mit denen man (gemessen an der Resonanz in den Medien) „erfolgreiche“ Pressearbeit machen kann. Weil die eine oder andere große Zahl gerne unter die Leute gebracht wird. Ein aktuelles Beispiel dazu: »Bei fast der Hälfte der heute Vollzeitbeschäftigten in Deutschland wird die Rente eher gering ausfallen. Das geht aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Demnach werden nach jetzigem Stand 9,3 Millionen von den derzeit rund 22 Millionen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten im Alter eine monatliche Rente von weniger als 1.500 Euro erhalten.« Das kann man diesem Artikel entnehmen: „Nach 45 Jahren Maloche in die Altersarmut“: Millionen Beschäftigte müssen mit weniger als 1500 Euro Rente rechnen. Und dort werden wir dann mit solchen Zahlen versorgt:

»Aktuell müssten Beschäftigte der Berechnung zufolge bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden 45 Jahre lang gearbeitet und rechnerisch einen Stundenlohn von 20,78 Euro erreicht haben, um auf die Altersbezüge von 1.500 Euro zu kommen. Das entspreche einem Bruttomonatslohn von 3.602 Euro. Für eine spätere monatliche Rente in Höhe von 1.200 Euro ist demnach derzeit rechnerisch ein Stundenlohn von 16,62 Euro bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden über 45 Jahre nötig. Das entspreche einem Bruttomonatslohn von 2.882 Euro. Bei einer Rente von 1.300 Euro wären ein Stundenlohn von 18,01 Euro beziehungsweise ein monatlicher Bruttolohn von 3.122 Euro notwendig.«

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Sozialverbände scheitern (auch) vor dem Bundesverfassungsgericht mit einer Klage gegen eine Stichtagsregelung zuungunsten der vielen „alten“ Erwerbsminderungsrentner

Wir reden beim Thema Erwerbsminderungsrenten nicht von einer kleinen Gruppe oder gar Einzelfällen. Beispiel 2021: In diesem Jahr wurden 848.000 Altersrenten neu bewilligt, hinzu kamen 166.000 Erwerbsminderungsrenten, die neu bewilligt und ausgezahlt wurden. In den vergangenen Jahren lag der Anteil der neuen Erwerbsminderungsrenten an allen neuen Renten immer zwischen 16,2 bis 18,2 Prozent. Man muss zudem berücksichtigen, dass zahlreiche Anträge auf eine EM-Rente abgelehnt worden sind bzw. werden: Insgesamt wurden im Jahr 2021 knapp 352.000 Anträge auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt. Bewilligt wurden gut 175.000 (vgl. zu diesem Thema bereits den Beitrag Über den (Nicht-)Zugang zur Erwerbsminderungsrente vom 22. April 2019). Das durchschnittliches Zugangsalter in Erwerbsminderungsrenten betrug 2021 bei den Männern 54,1 Jahre und bei den Frauen 53,1 Jahre.

Und immer wieder wurde in den vergangenen Jahren angemahnt, die finanzielle Situation der Erwerbsminderungsrentner zu verbessern – was die Politik durchaus in mehreren Schritten auch gemacht hat, also zumindest für einen Teil dieser Rentner, im Regelfall für die nach der gesetzlichen Neuregelung dann neu hinzukommenden Erwerbsminderungsrenten. Bis vor kurzem sind die vielen, die sich bereits im Bezug einer solchen Rente befanden, von den Verbesserungen auf der Leistungsseite ausgeschlossen worden.

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