Pflegeheime – ein Auslaufmodell? Über eine dieser Entweder-Oder-Diskussionen und den Blick auf Pflege mit Schlagseite

Dem Thema Altenpflege kann man in diesen Monaten auf der einen Seite kaum entgehen, wenn man sich die Medienberichterstattung anschaut, auf der anderen Seite kann man durchaus begründet das Gefühl haben, dass den oftmals verzweifelten Schilderungen aus dem Pflegealltag kaum bis gar keine politischen Konsequenzen folgen, dass man sich in einer semantischen Betroffenheits-, aber zugleich einer praktischen Nicht-Handlungsmaschinerie befindet. Dabei fokussiert die aktuelle Diskussion nicht ohne Grund auf den bereits vorhandenen eklatanten Personalmangel in der Pflege und den daraus resultierenden Folgen für die pflegebedürftigen Menschen. Und auch völlig zu Recht beschleicht einen das Gefühl, dass wir sehenden Auges in einen Versorgungsnotstand reinschlittern, wenn man sich anschaut, wie viele zusätzliche Pflegebedürftige in den vor uns liegenden Jahren allein aufgrund der demografischen Entwicklung in das Pflegesystem kommen werden.
Besonders im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit ist die stationäre Pflege. Zahlreiche Berichte über angebliche oder tatsächliche Missstände in den Pflegeheimen reihen sich aneinander. Im Regelfall handelt es sich um skandalisierende Berichte und bei vielen Menschen hat sich der Eindruck verfestigt, dass der Übergang in ein Pflegeheim die Gewissheit schlimmer Zustände bedeutet. Überschaubar wenig Berichte hingegen gibt es aus dem großen Feld der häuslichen und ambulanten Pflege, obgleich auch dort vermutlich zahlreiche Missstände zu beklagen sind, nur wird darüber relativ selten berichtet.

In diesem Kontext muss man zur Kenntnis nehmen, dass mehr als 70 Prozent der Pflegebedürftigen nicht in den Heimen, sondern zu Hause gepflegt werden, viele davon ausschließlich von ihren Angehörigen. Und die Entwicklung der vergangenen Jahre verdeutlicht zugleich, dass die große Mehrheit der Betroffenen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden (oder in denen ihrer Angehörigen) verbleiben wollen. Das hat Konsequenzen, von denen gerade viele Pflegeheime ein Lied singen können, denn deren Bewohnerschaft hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verändert, da das Heimeintrittsalter angestiegen ist und auch die Pflegeintensität, zugleich hat die „Verweildauer“ in den Heimen abgenommen. Das verändert den Arbeitsalltag für die Pflegekräfte massiv und ist eine der Quellen für die manifeste Überforderung derjenigen, die in den Heimen arbeiten.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass es in der aktuellen Debatte oftmals nur noch um akute Rettungsstrategien für die Aufrechterhaltung der immer brüchiger werdenden gegebenen Pflegewelt geht, ist man regelrecht irritiert, wenn so eine Forderung aufgerufen wird: Schafft endlich die Altenheime ab! So die Überschrift eines Meinungsartikels von Anette Dowideit. »Am Lebensabend ins Pflegeheim? Für die meisten Deutschen eine Horrorvorstellung, ihr ganzes Leben aufgeben zu müssen. Trotzdem werden immer neue Einrichtungen gebaut – obwohl es längst anders ginge.«

Es geht längst anders? Schauen wir genauer auf die Argumentation von Dowideit. Im ersten Teil adressiert die Autorin die unguten bzw. die Angst-Gefühle, die viele Menschen haben, wenn sie an Pflegeheime denken. Die sind sogar der Ausgangspunkt für die von Dowideit aufgeworfene Frage – und das ist nicht unproblematisch, um das an dieser Stelle nur schon mal zu erwähnen:

»Das Altenheim ist ein angstbesetzter Ort. Neun von zehn Deutschen, ergab erst jüngst wieder eine Umfrage des Bayerischen Rundfunks, fürchten sich davor. Es ist an der Zeit, eine grundlegende Systemfrage zu stellen: Hat das Modell Altenheim ausgedient?«

Allein die Existenzfrage der Heime an sich wird viele verunsichern bis kopfschüttelnd zurücklassen. Aber Dowideit versucht das weiterzutreiben und zitiert einen Mann, der in Fachkreisen seit langem bekannt ist für seine radikalen Positionen: »Es gibt einen Mann, der schon seit Jahren die Abschaffung der Heime fordert: der bekannte Hamburger Psychiater Klaus Dörner. Wer alte Menschen dorthin abschiebe, argumentiert er, verletzte ihre Menschenrechte. Schließlich, findet Dörner, würden die Alten dort abgeschottet, segregiert, aus den Familien herausgelöst.«

Man kann Klaus Döner durchaus als eine Ikone der De-Institutionalisierung bezeichnen, sein Name ist in Deutschland mit der „Reform‐Psychiatrie‐Bewegung“ verknüpft und er ist durch die Auflösung des Heimbereichs der Westfälischen Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Neurologie in Gütersloh Mitte der 1990’er Jahre bekannt geworden, für die er als ärztlicher Leiter verantwortlich war. Dörner ist Autor unzähliger Veröffentlichungen, darunter Klassiker wie „Irren ist menschlich“ (1978) und „Tödliches Mitleid“ (1993).

Man kann es sich schon vorstellen – so jemand ist vorsichtig formuliert umstritten. Auch Dowideit weist darauf hin: »Dörner ist ein Radikaler, viele in der Branche nehmen ihn nicht ernst. Dabei ist sein Gedanke, die vollstationäre Pflege abzuschaffen, alles andere als abwegig – finden auch immer mehr Pflegewissenschaftler. Zumindest für den Großteil der Pflegebedürftigen.«
Damit stellt sie auf diese Perspektive ab: Nach ihrer Wahrnehmung der Idee der Pflegeversicherung, den Pflegebedürftigen zu helfen, ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht, »müsste das Heim als Endstation eines Lebens die absolute Ausnahme sein. Eine nur für die allerschwersten Fälle. Jene zum Beispiel, die komplett bettlägerig sind, mehrmals am Tag von mehreren starken Armen umgebettet werden müssen, damit sie sich nicht wundliegen. Oder jene, die rund um die Uhr von Maschinen beatmet werden müssen.«

Die Wirklichkeit aber, so Dowideit, sieht anders aus: Es werden immer weiter neue Heime gebaut. »Es gibt dafür Kredite von der KfW und Fördergelder von den Bundesländern. Davon profitieren auch internationale Finanzinvestoren, die in den vergangenen Jahren viele deutsche Pflegeheime aufkauften.« Dazu vgl. auch den Beitrag Bei den einen zu wenig, von dem anderen eine Menge. Die Altenpflege und das Kapital vom 3. November 2017.

Und was wären die Alternativen nach Dowideit? »Sich zu Hause pflegen lassen zum Beispiel – was längst nicht mehr heißen muss, dass die Verantwortung allein an Kindern und Ehefrauen hängt. Die Pflege lässt sich heute gut auf einen Mix aus Familie, Pflegediensten und Ehrenamtlern aufteilen.«

Und das auch Skandinavien an dieser Stelle aufgerufen wird, überrascht nicht: »Skandinavien hat das vorgemacht und das System umgekrempelt: Dort fließt der Großteil des Pflegebudgets in ambulante Pfleger, die ins Haus kommen, sich – einen Großteil des Tages – um die Menschen kümmern und die Angehörigen entlasten, die ihrer Arbeit nachgehen können.«

Ihr schweben solche Mixturen vor: »Mischungen zwischen Pflege in der Familie und Profi-Pflege, die es möglich machen, zusammenzubleiben, ohne dass die gesunden Familienmitglieder unter der Last einknicken. Tagespflegeeinrichtungen zum Beispiel, in denen Pflegebedürftige die Zeit verbringen, während der Rest der Familie arbeitet.
Technische Überwachungssysteme, die dafür sorgen, dass Demenzkranke, die darauf keine Lust haben, sondern lieber zu Hause bleiben, trotzdem sicher sind. Es gibt sogar Modellversuche mit Pflegefamilien, die statt eines Pflegekindes einen Senior bei sich aufnehmen.«

Und was ist mit den Angehörigen, die irgendwann nicht mehr können? »Aber auch dann gibt es Alternativen zum Einheits-Heim. Betreutes Wohnen, barrierefrei, in dem man sich jede Leistung einzeln hinzubuchen kann: die Hauswirtschaft, die Tagespflege, das Einkaufen, die medizinische Versorgung. Das charmante an dieser Idee: Man bleibt selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden.«

Man mag motiviert sein, durch solche Perspektive, aber bei manchem bleibt ein schaler Geschmack zurück. Sollte diese rosige Variante wirklich realistisch, geschweige denn auch realisierbar sein – in dem man die vorhandenen Mittel einfach anders lenkt als bislang? Zweifel bleiben.

Der Widerspruch ließ nicht lange auf sich warten: Ohne Altenheime geht es nicht!, so hat Sönke Krüger seine Erinnerung überschrieben. Für ihn ist die Forderung von Anette Dowideit „weltfremd“. »Zumal die meisten Heime Großartiges leisten«, so seine These. Man muss ergänzend wissen – seine Mutter ist in einem Pflegeheim untergebracht.

So wie Dowideit die Angst vor den Heimen in den Mittelpunkt rückt, agiert der Autor der Gegenrede genau anders herum und mal ein solches Bild von den Heimen:

»Meine Mutter (und mit ihr Hunderttausende freiwilliger Heimbewohner in Deutschland) sind der lebende Beweis dafür, dass dieses Modell so verkehrt nicht sein kann. Die Bewohner werden professionell und oft mit viel Herzblut des Personals versorgt und betreut, auch medizinisch, Tag und Nacht, es gibt Mahlzeiten, Feste, Veranstaltungen, Vorträge, Computerkurse, Ausflüge.

Man hat Tischnachbarn und Etagennachbarn, es ergeben sich neue Bekanntschaften, manchmal auch Freundschaften, sogar Sex im Alter. Das ganz normale Leben halt, trotz Rollator und Demenz. Und wenn jemand einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleidet, dauert es nicht eine Nacht und einen Morgen, bis einem geholfen wird. So ist es jedenfalls in dem von der Diakonie getragenen Heim, in dem meine Mutter wohnt. Keine heile Welt, aber ein lebenswerter Ort.«

Und zu den Missständen schreibt er: »Nur weil es schwarze Schafe gibt: Sollte man deshalb gleich alle Schafe abschaffen?« Und fragwürdig, so Krüger, seien die Thesen des Psychiaters Klaus Dörner, auf den sich Dowideit beruft: Er fordert die Abschaffung der Heime. Wer alte Menschen dorthin abschiebe, verletze ihre Menschenrechte, weil sie abgeschottet und aus ihren Familien herausgelöst würden. »Aber pauschal von „Abschiebung“ zu sprechen, ignoriert den Fakt, dass es unzählige Menschen gibt, die freiwillig, vielleicht sogar gern in einem Altersheim wohnen. Die Formulierung ist vor allem darauf angelegt, Angehörige als „Abschiebende“ zu Tätern zu machen und ihnen ein schlechtes Gewissen einzureden.«

So bleibt man zurück mit den Pro- und Contra-Standpunkten zur Heimpflege. Und eigentlich ahnt man, dass wie so oft die Wahrheit in der Mitte liegen wird.

Und wenn man genauer hinschaut, muss man zur Kenntnis nehmen, dass in der Wirklichkeit auch in der seit Jahren expandierenden und angesichts der Kritik bzw. der unguten Gefühle mit viel Vorschusslorbeeren ausgestatteten Welt zwischen ambulant und stationär einiges schief läuft bzw. schief laufen kann. Die Grundidee klingt verlockend: Pflegebedürftige leben gemeinsam in überschaubaren Wohngruppen und entscheiden selbst, welche Leistungen sie von wem in Anspruch nehmen. Sie sind weder den rigiden Regeln von Heimleitungen ausgeliefert noch haben sie mit einem Pflegepersonal zu tun, das sich nicht um sie kümmert.  Aber auch dort gibt es kein Schwarz oder Weiß. Vgl. dazu diesen Beitrag: Wenn die Pflege-WG zur Falle wird: »Altenheime haben einen schlechten Ruf. Die Politik fördert als Alternative betreute Pflege-Wohngemeinschaften. Doch da werden Rechte von Pflegebedürftigen mitunter beschnitten. Und schwarze Schafe in der Pflegebranche profitieren«, so André Ricci in seinem Artikel.

Und auch hier wird man immer wieder mit strukturellen Aspekten konfrontiert und mit den daraus resultierenden Anreizen. Beispiel aus dem Ricci-Artikel: »Wohngruppen sind rechtlich keine Heime, sie werden viel lascher kontrolliert und für sie gelten bis hin zum Brandschutz geringere Standards. Wer in eine WG statt in ein Heim zieht, tauscht staatlichen Schutz gegen mehr Selbstbestimmung – so die Theorie. Die Praxis ist oft eine andere. Pflegedienste betreiben Wohngemeinschaften, sind die wahren Herren im Haus und verdienen gut dabei.«

Wie in einem Lehrbuch werden wir hier mit Entwicklungen konfrontiert, die man auch aus anderen Bereichen zur Genüge kennt – man startet mit guten Absichten und einem reformerischen Impetus und landet später in einer anderen Welt:

»Einer, der die Anfänge gut kennt, ist Klaus-Werner Pawletko. Der Geschäftsführer des Berliner Vereins „Freunde alter Menschen“ ist quasi der Erfinder der innovativen Wohnform zwischen Heim und Wohnung. Mit Mitstreitern gründete er 1995 in Berlin die erste Demenz-WG Deutschlands. „Damals konnten Heime noch nicht mit Dementen umgehen, die Verhältnisse waren schlimm“, sagt er. Eine Wohnform für Pflegebedürftige außerhalb des Heimrechts sei politisch nicht gewollt gewesen. Doch die Heimaufsicht hätte das Projekt nicht verboten, mangels Zuständigkeit. „Die Idee war: Kontrolle von innen statt von außen“, sagt Pawletko.

Doch die Idee ist in die Jahre gekommen. Seit 2009 sind die Bundesländer für das Heim-Ordnungsrecht zuständig. Andere rechtliche Aspekte sind jedoch weiter auf Bundesebene geregelt. Es ist ein Flickenteppich aus verschiedenen Gesetzen entstanden. Und damit auch Intransparenz, die zum Missbrauch einlädt.

„Gewinner sind die, die sich auskennen“, sagt Rechtsanwältin Ulrike Kempchen, Leiterin Recht bei der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebedürftige Menschen (Biva). „Einige Einrichtungen haben in der Vergangenheit gezielt ihre Verträge so umgearbeitet, dass die ordnungsrechtlichen Regelungen keine Anwendung mehr finden“, so die Juristin.

Die Kontrolldichte schwankt extrem. Manche Bundesländer, zum Beispiel Bayern, kontrollieren Heime und kommerziell betriebene Wohngemeinschaften in etwa gleich häufig. Die meisten gehen jedoch laxer vor: Nach einer Erstprüfung folgen nur noch anlassbezogene Kontrollen. Kommt der Behörde keine Klage zu Ohren, lässt sie die WG-Betreiber in Ruhe.«

Das soll jetzt eben nicht heißen, dass der ganze Ansatz schlecht ist. Gerade das nicht. Wir kommen nicht darum herum, hinsichtlich der Pflege alter Menschen das Gesamtsystem in den Blick zu nehmen, denn nicht alle, aber einige Missstände lassen sich auch dadurch erklären, dass es eben keinen übergreifenden Blick und auch keine entsprechende Kontrolle und Beratung gibt. Daran zu arbeiten – in Verbindung mit einer schnellen und massiven Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte wie auch Investitionen in Infrastrukturen, die es den pflegenden Angehörigen erleichtern, ihrer wichtigen Arbeit nachzugehen – wäre vermutlich zielführender als eine theoretische Debatte über Heime ja oder nein zu führen.

Dennoch lohnt es sich immer wieder, gerade wenn und weil man in den Komplexitäten und Unvollständigkeiten historisch gewachsener Systeme versinkt, die grundlegenden Fragen nach dem „Wohin soll denn die Reise gehen?“ aufzurufen. Man darf sich auch nicht einmauern lassen in dem Zustand, über den eigenen Tellerrand des Gegebenen nicht mehr hinausschauen zu können – oder zu dürfen.

Viele dunkle Wolken wie auch einige Lichtblicke in der großen weiten Welt der Pflege. Und die Rechtsprechung als Notnagel auf der Rutschbahn nach unten

Begeben wir uns auf eine kleine Rundreise durch die Berichterstattung über die große weite Welt der Pflege. Unter der knappen, aber aussagefähigen Überschrift Pflege: Krank gespart finden wir solche Hinweise: »Die Hilferufe sind kurz und sachlich. Doch was die Formulare erzählen, klingt bedrohlich: „Gefährdung des Personals durch eingeschränkte Hygiene“, heißt es in einem von ihnen. In einem anderen Dokument steht: „Zeitnahe Medikamenten-Gabe nicht möglich.“ Oder gar: „Pat. postoperativ kollabiert, Präsenz beim ersten Aufstehen konnte nicht gewährleistet werden, → Rea.“ Was bedeutet, dass ein frisch operierter Patient zusammengebrochen war und wiederbelebt werden musste, weil niemand bei ihm war, als er versuchte, das erste Mal selbständig aufzustehen.«

Die Sätze stammen aus internen Dokumenten deutscher Krankenhäuser. Es sind sogenannte Überlastungs- oder Gefährdungsanzeigen, so Kai Biermann in seinem Artikel. »Verzweifelte Pflegekräfte beschreiben darin ihren frustrierenden Alltag und immer wieder auch lebensbedrohliche Situationen. Ob Unfallchirurgie, Psychiatrie oder Intensivstation – das Problem ist überall das gleiche: Zu wenige Krankenschwestern und Pfleger müssen sich hierzulande um zu viele Patienten kümmern. Solche schriftlichen Gefährdungsanzeigen sind ihr Versuch, ihre Arbeitgeber auf das tägliche Drama hinzuweisen. Sie fordern endlich Hilfe, für sich und für ihre Patienten.«

Das Politikmagazin „Report Mainz“ hat das in seiner Sendung am 28.11.2017 aufgegriffen: Pflege im Ausnahmezustand: Eine Intensivstation schlägt Alarm, so ist der Beitrag überschrieben: „Extrem gefährliche Pflege“ durch Personalmangel: Das sind die Vorwürfe, die Pflegekräfte der Intensivstation des Diakonie-Klinikums in Stuttgart erheben. 120 Überlastungsanzeigen haben die Pflegekräfte der Intensivstation in den vergangenen Jahren verfasst – und sie sind ohne offensichtliche Wirkung geblieben. Der Personalmangel ist allerdings kein Einzelproblem. Gegenüber „Report Mainz“ berichten Pflegekräfte von drei weiteren Stuttgarter Kliniken von gravierender Patientengefährdung aufgrund von Personalmangel.

Dazu passen dann leider auch solche Meldungen: Dramatischer Hilferuf an Uniklinik. Man muss das einfach mal auf sich wirken lassen:

»Die Pflegekräfte der onkologischen Station am Universitätsklinikum des Saarlands sind offenbar überarbeitet und haben der Klinikleitung ein Ultimatum gestellt. „Die Pflegekräfte können nicht mehr. Sie warnen vor gefährlicher Pflege und möchten ihre Gesundheit nicht länger gefährdet wissen“, gab Verdi-Gewerkschaftssekretär Michael Quetting in einer schriftlichen Mitteilung bekannt. Demnach fordert die Station die Klinikleitung auf, ihr 23 Stellen mit examinierten Pflegekräften zuzuteilen. Geschieht dies nicht, wollen die Pflegekräfte ihren Dienst nur noch nach Vorschrift leisten. Das heißt, niemand wird mehr, „aus seiner Freizeit in den Dienst kommen, niemand mehr gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen“, sagt Dennis Dacke, Sprecher des Verdi-Landbezirks.«

Die Station habe das Ultimatum bereits am 4. Oktober gestellt. Sie fordert mindestens sechs Pflegekräfte für die Frühschicht, fünf für die Mittelschicht und zwei für die Nachtschicht (6-5-2). Die Uniklink habe daraufhin eine Mindestbesetzung von 5-4-2 ab 1. Januar zugesichert. Die Beschäftigten lehnen diesen Vorschlag ab, denn dadurch würde die absolute Notbesetzung gleichsam zur Normalbesetzung. Aktuell liege die Besetzung teilweise unter der Notbesetzung. Dass nachts eine Pflegekraft allein arbeitet, sei keine Seltenheit.

Von der Klinikleitung gab es noch keine Stellungnahme, sie war nicht erreichbar.

Man könnte das jetzt mit zahlreichen weiteren Beispielen fortführen, die alle aufzeigen, wie dramatisch der bereits bestehende Personalmangel in vielen Krankenhäusern ist.

Aber es gibt auch kleine Lichtblicke, die zeigen können, dass es Sinn macht, sich gewerkschaftlich zu organisieren und den Druck der vielen einzelnen Pflegekräfte zu kollektivieren und in Forderungen an die Arbeitgeber zu verdichten. Welche Folgen so ein Vorgehen haben kann, lässt sich beispielsweise diesem Artikel entnehmen: Knoten geplatzt: UKGM schafft 100 neue Stellen. Es geht um die Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, die sich in Trägerschaft der privaten Rhön Klinikum AG befindet.

»Mit zwei Warnstreiks hatten die Beschäftigten des UKGM die Aufnahme von Tarifverhandlungen erzwungen. Am Montagabend kam es zu einer Einigung im Tarifstreit.« Demnach habe sich das Klinikum verpflichtet, „100 neue Stellen in der Pflege, im Funktionsdienst und in weiteren Bereichen zu schaffen“, wird Verdi-Verhandlungsführer Stefan Röhrhoff zitiert.

Auch gebe es nun Regelungen für ein kurz- und langfristiges Ausfallmanagement, das festlegt, wie der Arbeitgeber darauf reagiert, wenn Beschäftigte ausfallen. Über die Stellen werde vierteljährlich über eine paritätisch besetzte Clearingstelle entschieden. Die Laufzeit des Tarifvertrags beginne am 1. Mai kommenden Jahres und ende am 31. Dezember 2019 – „denn wir gehen davon aus, dass es danach eine gesetzliche Regelung zum Personalmindeststandard geben wird, ansonsten wird nachverhandelt“, erläuterte Röhrhoff.

Bereits in den vorherigen beiden Verhandlungsrunden hatte die Geschäftsführung des UKGM den Forderungen zugestimmt, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen und einen Outsourcing-Schutz sowie die Übernahme der Auszubildenden gebe. Man kann also durchaus was erreichen.

Interessant und anschlussfähige an die alle betreffende Diskussion ist der Hinweis auf die geplante „gesetzliche Regelung zum Personalmindeststandard“. Hierzu wurde in diesem Blog bereits mehrfach berichtet, vgl. dazu den Beitrag Personalausstattung in der Pflege als Thema im Bundestag: So geht es nicht weiter und es muss sich was ändern. Aber wie? vom 23. November 2017. Am Ende der bisherigen Koalition von CDU/CSU und SPD wurde in einem ihrer letzten Gesetze beschlossen, Personaluntergrenzen für den Krankenhausbereich einzuführen – bzw. für bestimmte Pflegebereiche, denn Untergrenzen sollen nur in „pflegesensitiven Bereichen“ gelten (vgl. dazu am Beispiel der Intensivpflege die Beiträge Eigentlich könnt ihr zufrieden sein. Oder doch nicht? Eine Studie zur Intensivpflege. Ein Lehrstück zu unterschiedlichen Wahrnehmungen der Pflegewelt vom 28. Juli 2017 sowie Immer diese Studien. Und die so wichtige Kritik daran. Die Intensivpflege in deutschen Krankenhäusern als Beispiel vom 31. August 2017).

Welche „pflegesensitiven Bereiche“ das sein sollen, hat die „Selbstverwaltung“ zu bestimmen, bevor dann überhaupt über die konkrete Ausgestaltung der Personalmindeststandards verhandelt wird. Das wurde und wird kritisiert, vor allem, weil hier nur die Vertreter der Krankenhäuser mit denen der Krankenkassen und Krankenversicherungen verhandeln.

Dies wird auch deshalb kritisiert, weil sowohl die Krankenhausträger wie auch die Krankenkassen bislang immer auf der Bremse standen, wenn es um verbindliche Personalvorgaben ging. Eine Vorgabe existiert bislang nur für neonatologische Intensivstationen, also für Frühgeborenenstationen. Allerdings wurde sie durch eine Übergangsregelung so verwässert, dass die Kliniken die Anforderung bis Ende 2019 nicht erfüllen müssen.

Der Gesetzgeber fordert nun von den Krankenhäusern, dass sie sich bis Ende Juni 2018 für alle anderen Bereiche selbst verpflichten, „Personaluntergrenzen für sogenannte pflegeintensive Bereiche“ einzuführen. Seit Monaten verhandelt die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) darüber, was pflegeintensive Bereiche überhaupt sind.

Vor kurzem wurde dieses Verhandlungsergebnis bekannt: DKG und GKV-SV einigen sich auf Personaluntergrenzen, wobei die Überschrift mehr als verkürzt ist, denn man hat sich nur auf die Bereiche verständigt, für die dann Personaluntergrenzen zu vereinbaren sind: »Es handelt sich um folgende sechs Bereiche, auf die sich die Deutsche Krankenhaus-Gesellschaft (DKG) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) … geeinigt haben:

  • Geriatrie
  • Neurologie
  • Herzchirurgie
  • Intensivstationen
  • Kardiologie
  • Unfallchirurgie

Welche Personalvorgaben in der Pflege künftig im Detail gelten sollen, müssen DKG und GKV-SV laut gesetzlichen Vorgaben bis zum 30. Juni 2018 vereinbart haben, sonst droht eine Ersatzvornahme des Bundesgesundheitsministeriums (BMG).«

Natürlich wird nicht nur der eine oder andere die Frage aufwerfen, warum denn nun dieser Ausschnitt aus der Krankenhauswelt. Warum nicht auch Personaluntergrenzen für internistische Stationen oder warum nicht für die Kinder- und Jugendmedizin? Unabhängig davon kann man durchaus grundsätzlich den ganzen Ansatz mit den Personaluntergrenzen in Frage stellen und darauf hinweisen, dass das eben nur die Definition der unbedingt erforderlichen Personalmindestausstattung ist, wir aber in Wirklichkeit ein umfassendes Personalbemesungssystem benötigen, das die Aufgabe hätte, gute pflegerische Arbeit abzubilden, nicht irgendwelche Mindestausstattungen.
Und selbst die Geburt möglicher Personaluntergrenzen für nur einige Bereiche schleppt sich seit Jahren dahin. Was natürlich auch und gerade mit den finanziellen Auswirkungen zu tun hat, letztendlich mit der Konstruktionslogik des bestehenden Krankenhausfinanzierungssystems über Fallpauschalen, die auf DRGs basieren und die eben eine Pauschale abbilden für den gesamten Prozess. Vgl. dazu bereits aus dem Jahr 2014 den Beitrag Pflegenotstand – und nun? Notwendigkeit und Möglichkeit von Mindeststandards für die Ausstattung der Krankenhäuser mit Pflegepersonal (08.09.2014).

Wie kann es gelingen, gerade im Pflegebereich für genügend Personal zu sorgen – unter der Vorgabe, das bestehende Vergütungssystem im Krankenhausbereich nicht grundlegend zu verändern? Angesichts der Personalnot in den Kliniken (die eben auch durch die Anreize aus dem Vergütungssystem ausgelöst wird) muss das Plädoyer in Richtung auf eine gesetzliche Personalbemessung hinauslaufen. Diese könne am ehesten mit Hilfe von Systemen entwickelt werden, die den tatsächlichen Pflegeaufwand erfassen. Das ist kein grundlegend neuer Ansatz. Erfahrungen mit der PPR zeigten, dass solche Instrumente ohne weiteres ins DRG-System einzufügen sind. Die Pflege-Personalregelung (PPR) wurde 1993 eingeführt, um die Leistungen der Pflege transparenter zu machen und eine Berechnungsgrundlage für den Personalbedarf zu haben. Experten gingen damals davon aus, dass sich durch konsequente Anwendung der PPR bundesweit ein Personalmehrbedarf im fünfstelligen Bereich ergeben würde. Als sich abzeichnete, dass die daraus resultierenden Mehrkosten nicht zu tragen sind, wurde die Pflege-Personalregelung schnell wieder ausgesetzt. Das ist aber eine politische Entscheidung, keine methodische Blockade der Möglichkeit, das erforderliche Pflegepersonal in Form harter, also gesetzlicher Vorgaben zu bestimmen.

Auch auf der Landesebene tobt der Konflikt, Beispiel Saarland: Streit um Krankenhausplan: „Wo sind die 1000 Pfleger, Frau Bachmann?“, so ist ein Artikel der Saarbrücker Zeitung überschrieben. Konkret geht es um das Krankenhaus-Gutachten der CDU/SPD-Landesregierung.

aktiva – Beratung im Gesundheitswesen (2017): Empfehlungen zur Personalbesetzung im medizinischen/pflegerischen Bereich der Krankenhäuser im Saarland. Gutachten zur Vorbereitung des Saarländischen Krankenhausplans 2018 – 2025 für das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Köln, November 2017

Im Koalitionsvertrag hatte die saarländische Landesregierung versprochen, im Krankenhausplan verbindliche Personalvorgaben zu machen. Nun gibt es das zitierte Gutachten und darin heißt es: Das würde nicht gehen.

In dem am 22. November 2017 veröffentlichten Gutachten wird der Landesregierung empfohlen, die Ergebnisse der bundesweiten Verhandlungen über Personaluntergrenzen in sogenannten pflegesensitiven Bereichen abzuwarten und selbst keine verbindlichen Vorgaben zu machen. Begründet wird dies unter anderem damit, dass es in Deutschland bislang »keine relevanten Studien (gibt), die Aussagen zum Zusammenhang zwischen Personalausstattung und Ergebnisqualität  im Krankenhaus zulassen«. Das nun ist gelinde gesagt eine mehr als steile These der „Experten“. Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten: Gutachten zum Krankenhausplan Saar: Das ist Humbug, so beispielsweise eine Stellungnahme der Gewerkschaft Verdi.

An dieser Stelle muss man darauf hinweisen, dass parallel zu diesen (Nicht-)Entwicklungen offensichtlich die Rolle der Rechtsprechung an Bedeutung gewinnt. Nehmen wir als Beispiel diese Meldung: Gericht stärkt Schutz der Pflegekräfte: »Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter vor Überlastung zu schützen. Das gilt selbstverständlich auch für Pflegekräfte im Krankenhaus. Daher ist eine vorgeschriebene Mindestbesetzung von Stationen auch gegen den Willen des Arbeitgebers rechtmäßig. Das hat das Arbeitsgericht Kiel entschieden (Az.: 7 BV 67c/16).« Die Ansage des Arbeitsgerichts ist eindeutig:

»Das Gericht musste eine Auseinandersetzung zwischen einem Klinikbereich und dem Betriebsrat schlichten. Es ging um die Mindestbesetzung des Pflegedienstes auf bestimmten Stationen. Um Meinungsverschiedenheiten auszuräumen, bildeten Arbeitgeber und Betriebsrat zunächst eine paritätisch besetzte Einigungsstelle. Doch auch hier konnte der Streit nicht beigelegt werden. Zwar hatten gleich drei Gutachten festgestellt, dass die physische und psychische Belastung des Personals eine kritische Grenze erreicht hatte. Dennoch fanden die Mitglieder der Einigungsstelle keine einvernehmliche Lösung für das Problem. Daher entschied letztlich eine Mehrheit, für bestimmte Belegungssituationen eine Mindestzahl von Pflegekräften vorzuschreiben.

Das passte dem Arbeitgeber jedoch nicht. Er sah seine Entscheidungsfreiheit eingeschränkt und zog vor Gericht. Dort allerdings hatte er keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht entschied, die Mehrheitsentscheidung der Einigungsstelle sei rechtmäßig. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beziehe sich auch auf Regelungen zum Gesundheitsschutz, inklusive Schutzmaßnahmen bei konkreten Gefährdungen. Eine Mindestbesetzung vorzugeben, sei rechtens.«

Und da ist doch noch dieser andere Kontinent der Pflegewelt? Genau, die Altenpflege, wo die Verhältnisse oftmals noch katastrophaler aussehen als im Krankenhausbereich. Und auch hier spielt mittlerweile die Rechtsprechung die Rolle des letzten Notnagels gegen die Rutschbahn nach unten. Man führe sich nur als ein Beispiel die offensichtliche Notwendigkeit eines solchen Urteils vor Augen: Gericht: Ein Nachtpfleger für 60 Heimbewohner ist zu wenig. Wohl wahr, aber schauen wir uns die Meldung genauer an:

In einem Pflegeheim mit 50 bis 60 Bewohnern genügt es nicht, wenn eine einzelne Pflegekraft die Nachtwache übernimmt. So die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Cottbus. In dem Eilverfahren ging es um den Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung gegen den Betreiber eines Brandenburger Pflegeheims. Der Heimbetreiber hätte sich laut Bescheid zu festgestellten Mängeln und deren Beseitigung äußern müssen, dagegen aber Widerspruch eingelegt.

»Im noch nicht rechtskräftigen Urteil heißt es, dass es „nach Ansicht des Gerichts entbehrlich war, die Behauptung einer pflegerischen Unterversorgung mit konkreten Beispielen zu untermauern, wenn die Versorgung von 50 beziehungsweise 60 Bewohnern von Häusern in der Nacht – darunter etwa 20 Bewohnern mit dem Pflegegrad vier oder fünf, die nachts mindestens zweimal der Pflege bedürften – unstrittig lediglich durch eine Pflegefachkraft erfolge“.«

Solche Urteile sind im Jahr 2017 in unserem Land offensichtlich notwendig. Kann man eindrücklicher illustrieren, in welchem Morast wir bereits versunken sind?

Foto: © Stefan Sell 

Bei den einen zu wenig, von dem anderen eine Menge. Die Altenpflege und das Kapital

Da wird landauf landab über die Situation der Altenpflege diskutiert und immer wieder wird man konfrontiert mit Berichten über die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte und die Lage der Pflegebedürftigen in einer von offensichtlichem Mangel gekennzeichneten Welt.

Weniger Mangel herrscht an Kapital, das investiert werden will. Und offensichtlich sieht das Kapital bzw. dessen Strippenzieher in der Altenpflege ein überaus lohnendes Business. Vor diesem Hintergrund muss man dann solche Meldungen zur Kenntnis nehmen:

»In der stationären Altenpflege geht mit Emvia Living ein neuer, ambitionierter Anbieter an den Start. Wie das Unternehmen mitteilt, ist es entstanden durch die Abspaltung des Betriebs von 46 stationären Pflegeeinrichtungen aus der MK-Kliniken AG.«

Das berichtet die Ärzte Zeitung in dem Artikel mit der bezeichnenden Überschrift Neuer Anbieter will Markt aufräumen.

Emvia verfüge über rund 5.500 Betten für pflegebedürftige Menschen und beschäftige derzeit rund 3.200 Mitarbeiter in zwölf Bundesländern. Mit etwa 200 Millionen Euro Umsatz bezeichnet sich die Gruppe als „einer der führenden Akteure im Bereich der umfassenden Betreuung Pflegebedürftiger in Deutschland“.
Aber das Unternehmen ist noch wirklich sehr frisch unterwegs, denn die Internetpräsenz besteht derzeit neben einem Hinweis auf die großen Zahlen nur aus einer Ankündigung einer Internetpräsenz: www.emvia.de.

Handfester sind die Hintergründe der Neuerscheinung auf dem Feld der gewinnorientierten Pflegeheimbetreiber:

»Die Abspaltung sei von der Beteiligungsgesellschaft Chequers Capital finanziert und organisiert worden, die auf Wachstum fokussiert sei und verschiedene Beteiligungen im Gesundheitsbereich in mehreren europäischen Ländern halte.«

Chequers Capital? Das wird den einen oder anderen an was erinnern.

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Druck im Kessel. Die Pflegekräfte und das Herantasten an den großen Pflegestreik. Oder doch nur ein Sturm im Wasserglas?

Solche Meldungen können einen ersten Eindruck vermitteln, dass der Druck im Kessel „der“ Pflege, hier der Krankenhauspflege, immer weiter ansteigt: Aus Augsburg wird gemeldet: Hundert OPs abgesagt – Streit um Klinikums-Streik spitzt sich zu. Aus Hessen: »Im Streit um bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal an hessischen Kliniken haben am Dienstag rund 700 Mitarbeiter in Gießen, Marburg und Frankfurt gestreikt. Am Mittwoch geht es weiter«, berichtet der Hessische Rundfunk: 700 Klinik-Mitarbeiter legen Arbeit nieder. Man könnte jetzt mit einer langen Liste weitermachen. Was steckt dahinter? Streik gegen Personalknappheit in Kliniken, so das Handelsblatt: »In Deutschlands Krankenhäusern fehlen Zehntausende Pflegekräfte. Nun werden mehrere Kliniken bestreikt. Verdi fordert aber auch Abhilfe per Gesetz.« Die Gewerkschaft fordert Haustarifverträge zur Entlastung der Mitarbeiter in den einzelnen Kliniken. Darin sollen unter anderem eine Mindestpersonalausstattung festgelegt und Regelungen zum Ausgleich für Belastungen getroffen werden.

Für Aufsehen hatten zuletzt wieder einmal die Pflegekräfte an Berlins Universitätsklinik Charité mit einem – erneuten – Streik für eine verbesserte Personalsituation gesorgt. Bereits 2015 hatten die Pflegekräfte in einem zehntägigen Streik an Europas größter Universitätsklinik, die mit ihren Tochterfirmen mehr als 16.000 Mitarbeiter beschäftigt und einer der größten Arbeitgeber Berlins ist, für Aufsehen gesorgt und einen Entlastungstarifvertrag erkämpft, dazu der Beitrag Nur ein Stolpern auf dem Weg hin zu einer historischen tariflichen Einigung über mehr Pflegepersonal im Krankenhaus? Die Charité in Berlin und die Pflege vom 6. März 2017.
Zwischenzeitlich ist der neue Arbeitskampf beendet worden: Pflegekräfte beenden Streik an der Charité: »Charité und verdi einigen sich auf Tarifvertrag: Die Regeln zur Mindestbesetzung im Pflegedienst werden nachgeschärft.«

Man sieht, dass das Thema „Pflegestreik“ keineswegs aktuell vom Himmel gefallen ist. Sollten sich nun also die Voraussagen erfüllen? Bereits im Februar 2017 wurde beispielsweise dieser Artikel veröffentlicht: „Es macht einen krank“. Darin schreibt Zacharias Zacharakis: »Noch nie haben sich Pflegekräfte an Deutschlands Krankenhäusern zu einem gemeinsamen Großstreik verabredet. Das dürfte sich bald ändern. Die Forderung: mehr Personal.«

Hervorzuheben sind die Besonderheiten: Man sollte immer wieder gleich zu Beginn klären, über was wir genau sprechen – denn „die“ Pflege gibt es nicht. Geht es um die Altenpflege oder um die Pflege in den Krankenhäusern? Diese Unterscheidung ist von größter Bedeutung, denn es handelt sich um zwei Systeme mit ähnlichen Strukturproblemen, aber großen Unterschieden was beispielsweise die Finanzierung angeht. Vgl. dazu am Beispiel der Diskussion über das Thema Fachkräftemangel in „der“ Pflege wie auch über die Vergütung der Pflegekräfte das Interview Personalmangel in der Altenpflege: „Wir laufen auf eine Katastrophe zu“.

Da geht ständig was durcheinander, auch bei denen, die sich in den Medien damit beschäftigen. Nur als ein Beispiel: In der Frankfurter Rundschau konnte man unter der Überschrift „Billig wird auf Dauer nicht mehr funktionieren“ lesen: »Zu wenig Pflegekräfte, dazu schlecht bezahlt und überarbeitet. Wie ist die Lage bei der Krankenpflege in Deutschland? Peter Pick, Chef des Medizinischen Diensts der Krankenkassen, spricht im Interview mit der FR über Herausforderungen und neue Leistungen in der Pflege.« Nur – das Interview bezieht sich dann auf die desaströse Situation in der Altenpflege, nicht aber in der Krankenpflege.

In diesen Tagen stehen die Krankenhäuser im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Und die ist auch deshalb garantiert, weil es hier wie angesprochen zum einen nicht um eine „klassische“ Gewerkschaftsforderung nach mehr Geld geht, sondern gekämpft wird für mehr Personal. Und skandalisiert werden die Arbeitsbedingungen hinsichtlich der personellen Unterbesetzung. Dazu passen dann die Daten zur Entwicklung der Zahl der Pflegekräfte und der Fallzahlen in den Krankenhäusern vom Statistischen Bundesamt, die von der Deutschen Stiftung Patientenschutz in die öffentliche Debatte geworfen wurden (vgl. auch die Abbildung am Anfang dieses Beitrags). Während die Zahl der Pflegekräfte (gemessen an Vollzeitkräften) von 1991 bis 2016 mit -0,34 Prozent konstant geblieben ist, hat sich die Fallzahl je Pflegekraft um 34 Prozent erhöht.
Das ist auf große Resonanz in den Medien gestoßen: Die Pflege fährt „auf der letzten Rille“, titelt Matthias Schiermeyer in der Stuttgarter Zeitung mit Blick auf die Zahlen für Baden-Württemberg: »Demnach ist im Zeitraum von 1991 bis 2016 die Zahl der im Krankenhaus behandelten Patienten um 27 Prozent auf 2,17 Millionen Fälle gestiegen. Die Zahl der Ärzte ist in Relation dazu sogar noch stärker gewachsen – um 72 Prozent auf heute 19.400. Die Zahl der Pflegekräfte hingegen ging in dieser Zeit um ein Prozent auf 37.800 zurück.« Oder: „Der Pflegenotstand ist zum ernsten Gesundheitsrisiko geworden“, so Anette Dowideit: »Die Patientenzahlen in Krankenhäusern steigen immer weiter, während die Zahl der angestellten Pfleger stagniert. Deren Arbeitsbelastung ist mittlerweile besorgniserregend … Die Veröffentlichung der Zahlen sorgte bundesweit für Aufsehen und fachte die seit Jahren schwelende Debatte neu an, warum für Krankenhausbetreiber keine verbindlichen Vorgaben existieren, wie viele Pfleger auf einer gewöhnlichen Station eingesetzt werden müssen. Mit dem Rückenwind der nun wieder einsetzenden Debatte könnte das Thema Mindestpersonalvorgaben in den Koalitionsverhandlungen über ein mögliches Jamaika-Bündnis wesentlich werden.«
Auch wenn das sehr grobe Daten sind, so werfen sie ein Schlaglicht auf die besondere Problematik der Pflegekräfte in den Krankenhäusern, denn man muss im Hinterkopf behalten, dass die in den vergangenen Jahren nicht nur eine rein quantitative Zunahme der Fallbelastung erlebt haben, sondern die Grundgesamtheit derer, die hier abstrakt als „Fälle“ ausgewiesen werden, hat sich deutlich verändert – nicht nur aufgrund der demografischen Entwicklung eine beständige Zunahme älterer, darunter auch vieler multimorbider Patienten, sondern vor allem durch die seit 2001 laufende Umstellung des Krankenhausfinanzierungssystems von „tagesgleichen Pflegesätzen“ hin zu Fallpauschalen auf der Basis von DRGs wurde etwas in Gang gesetzt und auch erreicht, was mit diesem ökonomischen Systemwechsel beabsichtigt war: eine deutliche Absenkung der Verweildauer der Patienten in den Kliniken. Unauflösbar damit verknüpft ist eine massive Beschleunigung der „Umschlagsgeschwindigkeit“ der Patienten, da es in einem durchgängig fallpauschalierenden System eine betriebswirtschaftliche Logik gibt, die Patienten so schnell wir möglich wieder zu entlassen, was aber für die Pflege dazu führt, dass die Pflegeintensität der Patienten im Vergleich zu früher deutlich angestiegen ist und die Patienten nicht mehr da sind, die es früher gab und die nur noch wenig Pflegebedarf hatten.
Allein diese grobe Sicht von oben, vor allem aber die Berichte von den Betroffenen verdeutlichen, dass es mehr als gute Gründe dafür gibt, die Personalfrage zur zentralen Frage zu machen. Damit wären wir aber schon bei einer nicht zu unterschätzenden ersten Problematik eines Pflegestreiks angekommen: Es geht um den Adressat möglicher Arbeitskampfmaßnahmen. Bei einem „normalen“ Streik wenden sich die Arbeitnehmer mit ihren Gewerkschaften gegen ihren Arbeitgeber, der dann gezwungen werden soll, beispielsweise eine bestimmte Tariflohnerhöhung zu akzeptieren. Wenn er nicht will, kann man durch einen Streik versuchen, über einen unmittelbaren wirtschaftlichen Druck aufgrund der mit einem Streik verbundenen Produktionsausfälle den Arbeitgeber zu zwingen, den Forderungen nachzukommen.
Wer aber ist der Adressat bei einem Pflegestreik, nicht nur bei der Frage nach mehr Personal, sondern auch bei einer an sich „klassischen“ Forderung nach mehr Geld (die besonders relevant wäre für die Altenpflege angesichts des bestehenden erheblichen Vergütungsgefälles zur Krankenpflege, vgl. dazu den Beitrag Jenseits der Schaumschlägereien: Die Entlohnung in „der“ Pflege. Die ist gerade nicht ein Thema für die letzten Wahlkampfmeter vom 20. September 2017)?
Genau hier wird es verzwickt. Man kann sich das an folgendem Gedankengang deutlich machen: Stellen wir uns den Betreiber eines Krankenhauses oder eines Altenheimes vor, der selbst der Auffassung ist, die Pflegekräfte müssten deutlich besser vergütet werden oder man müsste den Personalschlüssel anheben. Selbst wenn der unmittelbare Arbeitgeber das wollte, wären im durchaus die Hände gebunden, denn wir bewegen uns hier nicht auf einem „Markt“, auf dem die Unternehmen dann versuchen werden, die Kostensteigerungen über die Preise auf die Kunden zu überwälzen, sondern die Krankenhäuser und Pflegeheime sind angewiesen auf eine entsprechende Refinanzierung der Kostensteigerungen in einem System, das die Ökonomen „administrierte Preise“ nennen. Also zugespitzt formuliert: Schon bei den „normalen“ Forderungen nach mehr Geld wäre die Ebene der Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Politik mindestens genau so Adressat der Forderung, wenn nicht der eigentliche Adressat. Das gilt besonders bei Forderungen nach mehr Personal. Das alles ist eine erste strukturelle Bremse für Streikaktivitäten in diesem Bereich.

Wie kompliziert das Thema Personalstandards in bzw. für die Pflege ist, kann man schon dem Beitrag Rückblick und Blick nach vorne: Die Mühen der Ebene – auf dem tariflichen Weg zu mehr Pflegepersonal im Krankenhaus? vom 28. Dezember 2015 entnehmen. Hinzu kommt eine grundsätzliche und zu diskutierende Frage: Ist es mittel- und langfristig wirklich sinnvoll, für Mindeststandards im Sinne von Untergrenzen der Personalausstattung zu kämpfen oder sollte man nicht auf Personalbesetzungsvorgaben abstellen, die einen guten Pflegebetrieb gewährleisten können?
Hinzu kommen weitere Restriktionen in diesem Bereich, die man berücksichtigen muss. Arbeitskämpfe setzen voraus, dass es Gewerkschaften gibt, in denen genügend Arbeitnehmer organisiert sind, um diese auch zu organisieren und legal durchführen zu können. Die im Pflegebereich relevante Gewerkschaft ist ver.di – und die haben es nicht einfach, denn der Organisationsgrad in der Pflege ist, wie in vielen anderen Dienstleistungsbereichen auch, eher überschaubar. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gewerkschaft seit Jahren auch innerhalb der Pflegeprofession mit Teilen über Kreuz liegt, wenn es um die Gründung von Pflegekammern liegt, die von ver.di ablehnt werden. Da wurden bislang viele Energien verbraucht bzw. verschwendet.
Nun kann man gerade der Gewerkschaft ver.di durchaus kritische Fragen stellen zu ihrem Vorgehen im Pflegebereich, das von nicht wenigen Pflegekräften auch kritisch gesehen wird, aber man darf die Pflegekräfte nicht aus der eigenen Verantwortung entlassen, sich zu organisieren, auch wenn man nicht immer einverstanden ist mit dem, was eine Gewerkschaft so treibt. Denn es gibt unter einem Teil der Pflegekräfte durchaus eine Neigung, die bestehenden Bedingungen der eigenen Arbeit scharf zu kritisieren, aber dann in eine Art Erwartungshaltung zu verfallen, „die“ Politik oder wer auch immer solle sich gefälligst darum kümmern, die Situation zu verbessern. Hinzu kommt bei vielen potenziellen Streikenden in der Pflege der Einwand, dass man eben nicht so einfach streiken könne wie IG Metaller bei Daimler oder andere Arbeitnehmer, denn man versorge ja Patienten und Pflegefälle und könne die nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. Ohne Zweifel wäre die Organisation eines „großen Pflegestreiks“ eine überaus komplizierte Angelegenheit. 
Kristiana Ludwig hat die hier erkennbaren ambivalenten Haltungsfragen durchaus provozierend für viele in ihrem Artikel Pflegerinnen sind zu nett für die Rebellion zum Ausdruck gebracht – und diese Ebene zugleich verbunden mit einem Blick auf die „überkomplexe Unterrepräsentation“ der Pflege im Politikbetrieb, so kann man ihren Hinweis vielleicht zusammenfassen:

»Viele Betreuerinnen leiden unter zu vielen Patienten und sehr geringer Bezahlung. Trotzdem fehlt ihnen der Wille zum Arbeitskampf – denn sie möchten die Hilfsbedürftigen nicht alleinlassen. Gleichzeitig treten etliche Verbände an die Berliner Politiker heran, die sich als Sprachrohr der Pflegekräfte sehen könnten.«

Was meint sie mit dem letzten Punkt?

»An die Berliner Politiker treten unterdessen eine Vielzahl von Verbänden heran, die sich alle als Sprachrohr der Pflegekräfte vorstellen. Neben der Gewerkschaft Verdi gibt es da etwa den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe, den Berufsverband für Altenpflege oder den Deutschen Pflegerat. Der Großteil ihrer Mitglieder sind Krankenhausmitarbeiter. Selbst die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hat kürzlich überlegt, um Mitglieder aus der Pflege zu werben. So steht eine ohnehin sehr geringe Zahl von engagierten Pflegekräften einer unübersichtlichen Landschaft aus Verbänden und Vertretern gegenüber.«

Ohne Zweifel ist das ein strukturelles Problem für die Interessenvermittlung der Pflegeprofession im Politikbetrieb, in dem die Pflege an sich schon eher untergewichtet wird.

Zu dem Problem einer entwicklungsfähigen Organisierung der Pflegekräfte – hier allerdings auf die Altenpflege bezogen – kann man dem Artikel von Kristiana Ludwig beispielhaft entnehmen:

»Experten schätzen den Anteil der Altenpfleger in einer Gewerkschaft auf fünf bis zwölf Prozent. In kaum einem Heim traten die Beschäftigten je in den Streik.
In privaten Heimen, die in Deutschland rund die Hälfte aller Einrichtungen ausmachen, gibt es nach einer neuen Studie des Politikprofessors Wolfgang Schröder vom Berliner Wissenschaftszentrum nur in jedem zehnten Haus einen Betriebsrat. In kirchlichen Einrichtungen liegt der Anteil mit 40 Prozent zwar höher. Allerdings gibt es dort sogenannte Mitarbeitervertretungen, die sich an das Kirchenrecht halten müssen und deshalb weniger erreichen können als in Privatunternehmen.« (Zu der im Zitat angesprochenen Studie von Wolfgang Schröder vgl. seinen Artikel Altenpflege zwischen Staatsorientierung, Markt und Selbstorganisation, in: WSI-Mitteilungen, Heft 3/2017).

In dem Zitat taucht eine weitere strukturelle Restriktion auf, die man in Rechnung stellen muss – gemeint ist der Hinweis auf die Sonderrolle der kirchlichen Arbeitgeber im Feld der Sozial- und Gesundheitseinrichtungen, denn für die weit mehr als eine Million Beschäftigten in Einrichtungen, die unter konfessionell gebundener Trägerschaft laufen, gelten elementare Bestandteile des Arbeitsrechts, wie sie für alle anderen Arbeitnehmer selbstverständlich sind, nicht. Dazu gehört auch das seit langem umstrittene Streikverbot in kirchlich gebundenen Einrichtungen. Oder auch das eigene Kündigungsrecht der Arbeitgeber, das weit über das hinausreicht, was man normalerweise akzeptieren würde bei Arbeitnehmern. Dieser Bezug der kirchlich gebundenen Arbeitgeber auf den sogenannten „Dritten Weg“ spielt gerade aktuell wieder eine prominente Rolle, denn für den 11. Oktober 2017 wird erstmals ein Streik in einem Krankenhaus geplant, das sich in katholischer Trägerschaft befindet. 

Wenn private Pflegeheimbetreiber eine „ideologiefreie Diskussion“ vorschlagen … Die Altenpflege, ihre Personalmisere und die das Geschäft störende Fachkraftquote

»Weil in vielen Altenheimen das Personal fehlt, bleiben Pflegeplätze unbesetzt. Betreiber verlangen mehr Flexibilität.« So kann man es in einem Artikel in der Printausgabe der FAZ lesen, der am 21.08.2017 unter der bereits diskussionswürdigen Überschrift „Fachkräftequote verschärft Pflegenotstand“ veröffentlicht wurde. Bezeichnenderweise und völlig richtig auf der ersten Seite des Wirtschaftsteils platziert. Es handelt sich auch nicht um „die“ Pflegeheimbetreiber, sondern um die privaten Anbieter, von denen sich einige organisiert haben im Bundesverband privater Pflegeanbieter (bpa). Und dieser Verband beklagt »die zu strikte Auslegung der Regel, wonach die Hälfte des Pflegepersonals Fachkräfte sein müssen. Wird die Quote von in der Regel 50 Prozent unterschritten, legt der Betreiber „freiwillig“ Betten still – falls nicht, tun das die Behörden. Neue Patienten dürfen dann nicht aufgenommen werden.« Das ist schlecht fürs Geschäft, keine Frage.

Und das wir es bei der Pflege alter Menschen mit einem offensichtlich richtig attraktiven Geschäft zu tun haben, kann man auch diesem Beitrag von Michael Braun entnehmen: Renditeobjekt Pflegeheim: »Alten- und Pflegeheime werden für Finanzinvestoren zu immer interessanteren Objekten. Jetzt hat eine amerikanische Gesellschaft den sechstgrößten deutschen Heimbetreiber aufgekauft.« 13 Pflegeheime gehen in den Besitz eines US-Investors, einer vermeintlichen „Heuschrecke“. Hamburgs größter privater Pflege-Anbieter, „Pflegen & Wohnen“, fällt in die Hände der US-amerikanischen Heuschrecke Oaktree. Oaktree verwaltet 100 Milliarden US-Dollar, etwa 40 Prozent davon haben die Manager aus Kalifornien weltweit in Unternehmen investiert. Und die erwerben außerdem die Vitanas Holding, die mit gut 7.700 Pflegeplätzen sechstgrößte Einrichtung dieser Art. 

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