Die Eigenanteile in der stationären Pflege steigen weiter – und damit der Druck, eine Reform der Pflegefinanzierung endlich anzugehen

»Bewohner von Pflegeheimen müssen einen immer höheren Eigenanteil aufbringen. Im Schnitt liegt er inzwischen bei über 2.000 Euro pro Monat. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind groß«, so eine der vielen Meldungen in diesen Tagen: Eigenanteil in der Pflege steigt weiter. Ganz korrekt müsste es heißen: Die Eigenanteile der Pflegebedürftigen steigen weiter. Dazu bereits der Beitrag Die Eigenanteile der Pflegebedürftigen (nicht nur) in den Pflegeheimen steigen – und warum der Plural wichtig ist für die Diskussion über eine Begrenzung des Eigenanteils vom 20. Februar 2020. Die Abbildung über die Zusammensetzung der Finanzierungsanteile in der vollstationären Pflege verdeutlicht, warum man den Plural verwenden sollte:

mehr

Kann eine ungewöhnliche Allianz von Grünen, FDP und Linken das „Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz“ (IPReG) auf den letzten Metern noch aufhalten?

Der Deutsche Bundestag hat es auf seiner Seite bereits angekündigt: »Der Bundestag stimmt am Donnerstag, 2. Juli 2020, nach 30-minütiger Debatte über den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz …) ab.« Das hört sich nach einer reinen Formsache an. Die Überschrift der Meldung des Parlaments klingt nach einer frohen Botschaft: Intensiv-Pflegebedürftige sollen künftig besser versorgt werden – und steht doch in einem ziemlichen Kontrast zu der seit Monaten immer wieder vorgetragenen massiven Kritik an dem vorliegenden Gesetzentwurf aus dem Haus des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU), vgl. dazu Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung
(Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz – GKV-IPReG), Bundestags-Drucksache 19/19368 vom 20.05.2020.

Warum die Kritik an dem Gesetzentwurf durchaus berechtigt ist, wurde hier in dem Beitrag Vom RISG zum GKV-IPReG: Außerklinische Intensivpflege und die Angst vor einer fremdbestimmten Abschiebung aus dem eigenen Haushalt vom 21. Juni 2020 ausführlich begründet. Es geht darum, dass die außerklinische Intensivpflege, fokussiert auf Beatmungspatienten, im Regelfall in „Beatmungs-WGs“ oder in Pflegeheimen stattfinden und die bislang oft gewählte Wunsch-Variante einer solchen Pflege im Haushalt des Pflegebedürftigen erheblich beeinträchtigt werden soll.

mehr

Vom RISG zum GKV-IPReG: Außerklinische Intensivpflege und die Angst vor einer fremdbestimmten Abschiebung aus dem eigenen Haushalt

Der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat es doch wirklich nur gut gemeint: Im August des vergangenen Jahres wurde aus seinem Ministerium berichtet: »Beatmungspatientinnen und -patienten sollen nach dem Krankenhausaufenthalt besser betreut werden … Danach sollen die Qualitätsstandards für die Versorgung von Menschen, die z. B. nach einem Unfall oder aufgrund einer Erkrankung künstlich beatmet werden müssen, erhöht werden.« Um das zu erreichen, habe man den Entwurf eines „Gesetzes zur Stärkung von Rehabilitation und intensiv- pflegerischer Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz – RISG)“ vorgelegt. Das hört sich doch alles ganz ordentlich an. Dieser erste Aufschlag wurde hier am 24. August 2019 unter der Überschrift RISGantes Vorhaben: Beatmungspatienten zukünftig (fast) immer ins Heim oder in eine Intensivpflege-WG? Von vermeintlich guten Absichten, monetären Hintergedanken und einem selbstbestimmten Leben detailliert beschrieben – und der Knackpunkt, der verständlicherweise zahlreiche Proteste der Betroffenen und ihrer Organisationen ausgelöst hat, wurde in dem damaligen Beitrag hervorgehoben:

In einem neuen § 37c SGB V (Außerklinische Intensivpflege) sollte dieser Absatz* stehen:

»Der Anspruch auf außerklinische Intensivpflege besteht in vollstationären Pflegeeinrichtungen, die Leistungen nach § 43 des Elften Buches erbringen, oder in einer Wohneinheit … Wenn die Pflege in einer Einrichtung nach Satz 1 nicht möglich oder nicht zumutbar ist, kann die außerklinische Intensivpflege auch im Haushalt oder in der Familie des Versicherten oder sonst an einem geeigneten Ort erbracht werden. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen; bei Versicherten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ist die Pflege außerhalb des eigenen Haushalts oder der Familie in der Regel nicht zumutbar.«**

*) § 37c Absatz 2 SGB V nach dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Rehabilitation und intensiv-pflegerischer Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz – RISG), August 2019
**) Hervorhebungen nicht im Originaltext

mehr

Nur nicht sich selbst bewegen und mit dem Finger auf andere zeigen: Die Sonderprämie für Beschäftigte in der Altenpflege und die Reise nach Jerusalem bei der Frage: Wer zahlt (nicht)?

Ach, die „Corona-Prämie“. Am Anfang stand die gute Absicht: Die Pflegekräfte in der Altenpflege sollten eine handfeste materielle Würdigung in Form einer Prämie bekommen. So entstand vor einigen Wochen die Idee, die besonderen Leistungen der Altenpflege mit einer „Corona-Sonderprämie“ von 1.500 Euro für die mehr als eine halbe Million Beschäftigten zu honorieren, wobei sich die Höhe des einmaligen Geldbetrags daran bemisst, dass der Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) eine Regelung erlassen hat, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten in diesem Jahr Corona-Sonderprämien bis zu 1.500 Euro gewähren können, ohne dass darauf Steuern und Sozialbeiträge erhoben werden.

Zwischenzeitlich wurde die Frage aufgeworfen, wann denn nun der Rubel rollt. Da ist er dann erreicht, der Punkt, an dem man die Hosen runter lassen muss hinsichtlich der Finanzierung der Prämie, denn das Geld fällt – auch wenn manche in diesen Tagen einen anderen Eindruck haben – bekanntlich nicht vom Himmel, sondern man braucht einen oder mehrere Geldgeber für die Anerkennungsprämie. Und die Berufsskeptiker mussten sich bestätigt fühlen durch solche Beiträge wie den hier vom 21. April 2020: Es hat sich ausgeklatscht und die versprochene Prämie für Pflegekräfte in der Altenpflege will keiner zahlen. Dort musste berichtet werden, dass alle relevante Akteuere auf Tauchstation gegangen sind, als es um die Frage nach der konkreten Schatulle ging, aus der man die Prämie entnehmen könne.

mehr

Es hat sich ausgeklatscht und die versprochene Prämie für Pflegekräfte in der Altenpflege will keiner zahlen

Es waren durchaus beeindruckende Bekundungen der Anerkennung und des Danks für diejenigen, die in vorderster Reihe beim Kampf gegen die Folgen der Corona-Pandemie ihre Frau bzw. ihren Mann stehen, die in den Kliniken, den Pflegeheimen und den ambulanten Pflegediensten durchhalten und die Versorgung hilfsbedürftiger Menschen sicherstellen. Da wurde nach italienischem Vorbild auf den Balkonen geklatscht und über weitere in vielen Fällen sicher auch zutiefst ehrlich gemeinte Bekundungen des Danke-Sagens wurde berichtet. Nun ist das, wie man überall feststellen kann und muss, mittlerweile abgeklungen, die Diskussionen drehen sich um die eingeleiteten Öffnungen des kommerziellen und gesellschaftlichen Lebens und viele Menschen haben den Eindruck, dass doch eigentlich alles schon vorbei ist. Die tatsächlichen Dramen laufen im Hintergrund ab und oftmals in den Einrichtungen, die man auch noch abgeschottet hat gegenüber der Außenwelt. Also in den Pflegeheimen, die zu den Hotspots der im wahrsten Sinne des Wortes tödlichen Seite der Corona-Krise geworden sind. Und das, was dort abläuft, schlägt sich dann nieder in solchen Meldungen: »In Deutschland sind bislang etwa 4.600 Menschen infolge des Corona-Virus gestorben – etwa ein Drittel davon in Pflegeheimen und anderen Betreuungseinrichtungen. Das besagen die Zahlen des Robert Koch-Instituts«, so Christoph Heinzle in seinem Artikel Ein Drittel aller Corona-Toten in Heimen. Es ist ein stilles Sterben in den abgeschlossenen Heimen und auch zahlreiche Mitarbeiter dort haben sich infiziert.

Aber da ist dann ja noch wenigstens das Versprechen einer nicht nur emotionalen oder verbalen Anerkennung (die erst einmal nicht viel kostet), sondern dass die Pflegekräfte in der Altenpflege eine handfeste materielle Würdigung in Form einer Prämie bekommen sollen. So entstand vor einigen Wochen die Idee, die besonderen Leistungen der Altenpflege mit einer „Corona-Sonderprämie“ von 1.500 Euro für die mehr als eine halbe Million Beschäftigten zu honorieren.

mehr