Erneut wieder nur Pest oder Cholera? Ein albtraumhaftes Dilemma in Zeiten von Corona: Menschen in Pflegeheimen in der zweiten Welle

Wir sind mittendrin in der zweiten Corona-Welle. Und erneut schlägt die Entwicklung voll durch auf die Pflegeheime. Auch in unserem Nachbarland Österreich: »In nur zwei Wochen haben sich die Corona-Infektionen in Alters- und Pflegeheimen mehr als verdoppelt. Österreichweit waren das am Mittwochmorgen 1.859 bestätigte aktuelle Fälle. Noch vor zwei Wochen lag diese Zahl bei 844. Auch beim Personal steigen die Fälle rapide an: von 400 Ende Oktober auf über 1.000 am Mittwoch,« wobei das Bundesgesundheitsministerium sogleich anmerkt, für die Vollständigkeit der Zahlen könne man nicht garantieren, denn das Zählen sei Bundesländersache, berichtet Gabriele Scherndl am 11. November 2020 in ihrem Artikel Zahl der Corona-Infektionen in Heimen steigt rapide an. Die hin und her geschobenen Zuständigkeiten und die damit verbundene Nicht-Verantwortung kommt uns im ebenfalls föderal aufgestellten Deutschland mehr als bekannt vor.

In den vergangenen Wochen konnte man den Eindruck bekommen, dass das Problem einer Überlastung und ein drohender Kollaps vor allem die Intensivstationen des Landes betrifft. Teilweise wie das Kaninchen vor den Schlange starrt man auf die Fallzahlentwicklung im intensivmedizinischen Bereich. Verständlich, sprechen wir hier doch zum einen über den (vorläufigen) Endpunkt einer außer Kontrolle geratenen Covid 19-Infektion der vielen Namenlosen („Fälle“), die es getroffen hat. Zum anderen geht es hier auch immer um die Speerspitze im Alpha-Kampf der modernen Medizin gegen das Sterben und den Tod.

Aber das Sterben und der Tod finden in der Pandemie ihren grausigen Höhepunkt in den Orten, wo die Verletzlichsten konzentriert sind. In den Pflegeheimen. Auch (wieder) bei uns in Deutschland.

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Intensivstationen und die zweite Covid-19-Welle

»Es liegen jetzt mehr an Covid-19 erkrankte Menschen auf norddeutschen Intensivstationen als im Frühjahr. Mediziner befürchten, dass die Belastung für Klinken größer wird als bei der ersten Welle«, meldet der NDR: Neuer Höchststand von Corona-Patienten auf Intensivstationen. „Wir haben die Zahlen der ersten Welle erreicht und werden sie übertreffen, vielleicht sogar um ein Vielfaches“, so Stefan Kluge, der Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Und ergänzt: „Wir wissen, dass die Zahl der Neuinfektionen sich circa nach zehn Tagen auf die Zahl der Intensivbetten auswirkt. Ein Patient, der heute Symptome zeigt, hat ungefähr ein Risiko von zwei Prozent, dann auf der Intensivstation zu landen.“
»Krankenhäuser haben für schwere Corona-Fälle in Hightech-Geräte investiert. Doch oft fehlt es an Personal, um sie zu bedienen. Patienten werden quer durchs Land verschoben«, so der SPIEGEL unter der Überschrift Die ersten Intensivstationen sind voll. In drei Wochen werden alle noch verfügbaren Betten auf Intensivstationen in deutschen Krankenhäusern belegt sein – davon gehen Ärzte aus, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt. Und das könne der Teil-Lockdown auch nicht mehr verhindern.

Hier der Blick auf die Entwicklung der COVID-19-Patienten auf den Intensivstationen in Deutschland:

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Ein Schlaglicht auf die Frustration: Probleme der Intensivstationen aus Sicht des Personals. Und in Niedersachsen tritt man den Pflegekräften in den Hintern

Beginnen wir mit Nachrichten aus Niedersachsen, die wie eine Faust auf das Auge (und zur Sicherheit auch noch unterhalb der Gürtellinie) der Pflegekräfte daherkommen: »Im Kampf gegen die zweite Welle der Coronakrise hat Niedersachsen die Höchstarbeitszeit für Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen erneut auf bis zu 60 Stunden pro Woche erhöht. Die Maßnahme, die eine tägliche Arbeitszeit von bis zu 12 Stunden vorsieht, gilt befristet bis Ende Mai kommenden Jahres, teilte das Sozial­ministerium in Hannover mit.« Und die Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen, Nadya Klar­mann, wird mit den Worten zitiert: »Die Regierung sollte sich schämen, auf den Rücken der Menschen, die das System am Lau­fen halten, ihre eigenen jahrelangen Fehler in der Pflegepolitik auszubügeln.« Die Allgemeinverfügung des Sozialministeriums ist seit dem 1. November 2020 in Kraft. »Die Verfügung enthalte weder Regelungen zu Ausgleichstunden noch zu einer finanziellen Entschädigung für die Mehrarbeit. Lediglich ein Ersatzruhetag innerhalb eines Zeitraums von 8 Wochen sei für die im Rahmen der Ausnahmebewilligung geleistete Sonn- und Feiertagsarbeit zu gewähren«, so Nadine Millich in ihrem Artikel Nicht zulasten von Pflegenden entscheiden. Schon jetzt bedeuteten Acht-Stunden-Schichten in voller Schutzausrüstung eine extreme Belastung für Beschäftigte in der Pflege. Und wenn man schon dabei ist, dann legt man noch eine Schippe rauf: »Die Verfügung enthalte weder Regelungen zu Ausgleichstunden noch zu einer finanziellen Entschädigung für die Mehrarbeit. Lediglich ein Ersatzruhetag innerhalb eines Zeitraums von 8 Wochen sei für die im Rahmen der Ausnahmebewilligung geleistete Sonn- und Feiertagsarbeit zu gewähren.«

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