Warum prüfen, wenn man sich auszahlen lassen kann. Über einen modernen Ablasshandel bei Krankenhausrechnungen

Es geht um Geld. Um viel Geld. Bekanntlich wird das Gesundheitswesen und darunter der Krankenhausbereich als das Schwergewicht nicht ohne Grund als Haifischbecken bezeichnet, denn wo so viele Milliarden fließen wird nach allen Regeln des Zulässigen und darüber hinaus um die einzelnen Kuchenstücke gekämpft. Die Behandlung von Patienten in Krankenhäusern ist der größte Kostenblock der Krankenkassen, 2017 sind hier rund 75 Milliarden Euro bewegt worden. Bei solchen Größenordnungen in Verbindung mit den Besonderheiten eines auf DRGs basierenden Finanzierungssystems über Fallpauschalen kann man sich gut vorstellen, dass es zu Manipulationen kommen kann, um mehr Geld aus einer Behandlung zu generieren, als einem eigentlich zusteht.

Nun lässt sich argumentieren, dass es Verfehlungen in derart hochkomplexen Abrechnungssystemen wie zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen immer geben wird, dass man das nicht wird vermeiden können, sondern versuchen muss, durch Kontrollen das Ausmaß zu begrenzen. Aber eine andere Qualität hätte die ganze Sache, wenn es in diesem System strukturelle Anreize geben würde, die einen systematischen Missbrauch befördern. Und noch ärgerlicher wäre es, wenn man von diesen Anreizen weiß, aber nichts dagegen unternimmt.

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Zwischen Gottes Lohn und „marktgerechter“ Vergütung: Was Hilfs- und Fachkräfte in der Pflege verdienen und warum die Altenpflege (auch) entgeltmäßig eine Großbaustelle werden muss

Die Unterschiede bei Löhnen und Arbeitszeiten zwischen den Regionen in Deutschland beinhalten immer auch ein gewisses Aufregerpotenzial. Das kann man bei solchen Meldungen mit den Händen greifen: »Auf dem deutschen Jobmarkt gibt es noch immer ein Ost-West-Gefälle. Beschäftigte in den neuen Bundesländern arbeiten mehr Stunden pro Jahr als in den alten – und verdienen deutlich weniger.« Das kann man in diesem Artikel nachlesen: Ostdeutsche arbeiten länger als Westdeutsche. Die Überschrift ist kurz und präzise ausgerichtet auf das offensichtlich nicht trügerische Gefühl, dass man im Osten unseres Landes abgehängt sei und weniger für mehr Arbeit bekommt. Die aktuelle Berichterstattung über die Unterschiede zwischen West und Ost wurde angestoßen durch die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann von den Linken, die dann mit solchen Worten zitiert wird: Die Spaltung am Arbeitsmarkt halte auch mehr als ein Vierteljahrhundert nach der Wende an. „Die Bundesregierung hat sich offensichtlich mit einem Sonderarbeitsmarkt Ost abgefunden.“

Natürlich kann und muss man die präsentierten Daten differenziert betrachten und man kann einige der Unterschiede auch gut erklären. Beispielsweise mit Verweis auf die deutlich niedrigere Tarifbindung der Unternehmen und der Beschäftigten in Ostdeutschland – und Tariflöhne sind in der Regel eben höher als das, was auf der freien Wildbahn gezahlt wird.

In diesem Beitrag soll das gar nicht weiter vertieft werden. Der Tatbestand einer erheblichen Ost-West-Differenz spielt aber auch bei dem hier interessierenden Thema der Vergütungssituation in der Pflege eine gewichtige Rolle, wie wir gleich sehen werden.

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Zwangsverrentung von Hartz IV-Empfängern: Ein Fallbeispiel aus dem sozialstaatlichen Maschinenraum

Der Umgang mit den Menschen, die als Bittsteller, Rechteinhaber, Klienten oder seit einigen Jahren auch euphemistisch als Kunden bezeichnet in den Institutionen des Sozialstaats aufschlagen und dort zuweilen auch abprallen, ist immer wieder punktuell Thema der sozialpolitischen Diskussionen. Man kann das derzeit wieder einmal lehrbuchmäßig am Beispiel der Sanktionen im Hartz IV-System studieren. Da plädiert die SPD-Bundesvorsitzende Nahles für ein Ende der Sanktionierung der jungen Menschen im Grundsicherungssystem – die derzeit nach den Buchstaben des Gesetzes sogar härter sanktioniert werden (müssen) als die über 25 Jahre alten Betroffenen – und sogleich bricht eine Debatte aus, ob und wo und wie oder nicht man was modifizieren muss im bestehenden System.

Für die betroffenen Leistungs- oder Hilfeempfänger geht es aber nicht wirklich um die Frage, wie man einzelne Komponenten des Systems justiert oder korrigiert. Sie leben in den Systemen und sie bewegen sich darin in Gänze. Und einige lavieren sich da gut durch, andere hingegen nehmen Schaden und einige verzweifeln gar an den realen Ausformungen der bürokratischen Systeme, an denen Franz Kafka heute zahlreiche bestsellerfähige Studien hätte betreiben können. 

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