Die Altenpflegekräfte bleiben viel länger im Beruf als bislang immer behauptet. Aber Vorsicht ist bekanntlich die Mutter der statistischen Porzellankiste

Mit den Zahlen ist das bekanntlich immer so eine Sache – vor allem in politischen Diskussionen will man gerne die eine Zahl haben, die etwas auf den Punkt bringt. So auch in der Pflege-Debatte: Wie viele Pflegekräfte fehlen denn nun?  Immer wieder wird diese Frage von den Medien gestellt. Deren Vertreter dann überaus frustriert reagieren, wenn man (nicht nur) aus wissenschaftlicher Sicht antworten muss: Kommt darauf an. Soll man bei der Abschätzung des Personalbedarfs von den bestehenden Verhältnissen ausgehen, diese also fortschreiben? Oder darf es nicht ein wenig bis deutlich mehr sein angesichts dessen, was die betroffenen Pflegekräfte selbst an unhaltbaren Konsequenzen eines strukturellen Personalmangels beklagen? Und werden die Pflegekräfte genau so weiter bezahlt wie heute, also vergleichsweise schlecht oder wird es eine deutliche Aufwertung des Berufsbildes auch in monetärer Hinsicht geben?

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„Das System ist am Ende“: Pflegenotstand – und ein 24-Stunden-Streik der Pflegekräfte. Mit Unterstützung vieler Heimleiter. Nein, nicht in Deutschland

Derzeit überschlagen sich die Berichte in den deutschen Medien über die Situation der Altenpflege. Immer offensichtlicher wird auch für die außenstehenden Beobachter der Szenerie, was Pflegenotstand bedeutet. Und zunehmend skandalös wirkt die Kleinteiligkeit der angekündigten Maßnahmen der sich konstituierenden neuen Großen Koalition in diesem Bereich – dass man die Dramatik der Situation einfach noch nicht wirklich begriffen hat, mag als „nette“ Erklärung für die Handlungsschwäche serviert werden. Und schaut man in die sozialen Netzwerke, dann wird man mit immer aggressiver bzw. frustrierter daherkommenden Wortmeldungen seitens der betroffenen Pflegekräfte konfrontiert, die sich hinter Hashtags wie #pflexit über ihre Flucht aus dem Arbeitsfeld austauschen. Und immer wieder und fast schon beschwörend werden Beiträge auch mit #pflegestreik hinterlegt. Aber ein Streik, geschweige denn ein großer Pflegestreik, ist derzeit in Deutschland nicht in Sicht. 

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Eine bessere Bezahlung der Altenpflegekräfte und mehr von ihnen. Alle wollen das, alle versprechen es. Dann muss man aber auch Konsequenzen ziehen. Im System. Umfassend und schnell

Im Minutentakt kommen sie rein, die Meldungen über fehlende Pflegekräfte, über deren teilweise nur als schäbig zu bezeichnende Vergütung,  über Missstände in Heimen (über die in der ambulanten und der häuslichen Pflege wird kaum bis gar nicht berichtet), über viele Pflegebedürftige, die keinen ambulanten Pflegedienst mehr finden können, der ihre minutengetaktete Versorgung zu übernehmen bereit ist. Und auch die vielen „unsichtbaren“ Pflege- und Haushaltshilfen aus osteuropäischen Länder stehen nicht (mehr) Schlange, um irgendwo in deutschen Familien monatelang die Stellung zu halten. Gleichzeitig wird der bisherige und derzeit die Geschäfte verwaltende Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nicht müde, auf die vielfältigen pflegepolitischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode hinzuweisen. In keiner Rede dürfen die Pflegestärkungsgesetze I bis III fehlen. Und der Hinweis, ab 2017 würde man doch 5 Milliarden Euro zusätzlich „in das System“ geben (die durch eine Erhöhung des Beitrags zur Pflegeversicherung um 0,2 Prozentpunkte finanziert wurde). Da werden viele Pflegekräfte sogleich einwenden, wo die denn geblieben sind, bei ihnen jedenfalls sei davon nichts angekommen. Aber es handelt sich nun keineswegs bei der genannten Summe um Fake News, nur muss man immer genau hinschauen, wo was ankommt (und wo eben nicht). 

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