Pflegenotstand: (Wieder mal) Ausländer rein! Also in die Pflege. Die verzweifelte Hoffnung stirbt offensichtlich zuletzt

Im Jahr 1963 wurde ein Chefarzt im SPIEGEL mit diesen Worten zitiert: „Das Krankenhaus ist zu einem Taubenschlag geworden.“ Und in dem Artikel Der weiße Alptraum, veröffentlicht im SPIEGEL Heft 29/1963, wird daran anknüpfend berichtet: »Der Mangel an weißen Hauben-Tauben ist einer der gewichtigsten Gründe für die Misere vieler deutscher Krankenhäuser: Wegen Schwesternmangels mußten in letzter Zeit zahlreiche Stationen und Abteilungen geschlossen, konnte manche neue Klinik gar nicht eröffnet werden.« Damals wurde von 94.352 Krankenschwestern berichtet, die laut Statistik berufstätig waren – und zugleich von 40.000 fehlenden Pflegekräften in den Kliniken.

Wahrhaft putzige Zahlen, wenn man an die heutigen Größenordnungen denkt und die man in der aktuellen Diskussion über einen Pflegenotstand parat haben sollte: Nur bezogen auf die Krankenhäuser wird für 2016 von 325.100 Pflegefachkräften (in Vollzeit) berichtet ( übrigens 1.000 weniger als im Jahr 1991). Aber die Welt der Pflege ist noch weitaus größer: Allein in der stationären und ambulanten Altenpflege sind 1,1 Mio. Beschäftigte tätig und wenn man eine Hierarchie der Dringlichkeit des Pflegenotstands aufstellen müsste, dann steht die Altenpflege ganz oben auf der Liste.

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Und nun? Die Altenpflege zwischen Empörungsberichterstattung, zahlreichen offenen Baustellen und Ankündigungsrhetorik

In den vergangenen Wochen hatte das Thema Pflege Konjunktur in der öffentlichen Berichterstattung. Aus dem Krankenhausbereich wird großer Frust und beängstigende Zustände berichtet – so beispielsweise der Artikel Pflege: „Keine Zeit für Menschlichkeit“: »Zu wenig Personal, Zeitdruck und dazu immer die Angst, wegen dieser Arbeitsbedingungen lebensgefährliche Fehler zu machen: Zeit Online hat Krankenschwestern und Krankenpfleger in deutschen Kliniken gefragt, was sie in ihrem Beruf am stärksten belastet. Fast 3.000 Pflegende haben geantwortet und ihre Situation geschildert. Der Personalmangel führe dazu, dass selbst der minimale Grundsatz „satt, sauber, schmerzfrei“ oft nicht mehr zu gewährleisten sei. Davon, Kranken und ihren Angehörigen in der belastenden Situation beizustehen, sie zu beraten und ihnen zuzuhören, könne längst keine Rede mehr sein. Viele sind zudem der Meinung, dass das Gesundheitssystem die falschen Anreize setzt. Sie fühlen sich ausgenutzt und dazu gezwungen, ihre Ideale zu verraten. Sie fürchten, dass die Patienten mehr Leid als Hilfe erfahren.« Und nun wirklich unübersehbar sind die Berichte über die teilweise desaströsen Bedingungen der Arbeit für die Pflegekräfte- und für die betroffenen Pflegebedürftigen – in der Altenpflege.

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Tariflohn für alle Pflegekräfte in der Altenpflege: SPD und Union sagen: kommt. Die anderen fragen sich: wie denn?

Immer wieder bekommt man in der aufgeheizten Debatte über die Pflege, vor allem hinsichtlich der Altenpflege, seitens der Union und der SPD die Aussage serviert, man habe sich darauf verständigt, dass in Zukunft auch in der Altenpflege „nach Tarif“ bezahlt werden soll. Schon im Ergebnispapier der Sondierungsgespräche vom 12. Januar 2018 hat man diesen Passus finden können, der sich auch im Koalitionsvertrag wiederfindet:

»Wir wollen die Bezahlung in der Altenpflege nach Tarif stärken. Gemeinsam mit den Tarifpartnern wollen wir dafür sorgen, dass Tarifverträge in der Altenpflege flächendeckend zur Anwendung kommen.« Wie schön.

Erste Zweifel an der Umsetzbarkeit dieses hehren Anliegens wurden bereits in diesem Beitrag vorgetragen: Umrisse einer GroKo neu. Teil 3: Gesundheitspolitik und Pflege vom 15. Januar 2018. Und am 19. Januar 2018 wurde das in diesem Beitrag weiter vertieft: Der sich ausbreitende Mangel an Pflegekräften, die besondere Problematik eines doppelten Mangels in der Altenpflege und ein lösungsorientierter Blick auf die Arbeitsbedingungen.
Um es auf den Punkt zu bringen: Wieder einmal werden den Pflegekräften deutlich bessere Arbeitsbedingungen an die Wand gemalt, ohne dass die Verantwortlichen auch den Weg aufzeigen können, wie man in diese schöne neue Welt kommen kann.

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