Eine bessere Bezahlung der Altenpflegekräfte und mehr von ihnen. Alle wollen das, alle versprechen es. Dann muss man aber auch Konsequenzen ziehen. Im System. Umfassend und schnell

Im Minutentakt kommen sie rein, die Meldungen über fehlende Pflegekräfte, über deren teilweise nur als schäbig zu bezeichnende Vergütung,  über Missstände in Heimen (über die in der ambulanten und der häuslichen Pflege wird kaum bis gar nicht berichtet), über viele Pflegebedürftige, die keinen ambulanten Pflegedienst mehr finden können, der ihre minutengetaktete Versorgung zu übernehmen bereit ist. Und auch die vielen „unsichtbaren“ Pflege- und Haushaltshilfen aus osteuropäischen Länder stehen nicht (mehr) Schlange, um irgendwo in deutschen Familien monatelang die Stellung zu halten. Gleichzeitig wird der bisherige und derzeit die Geschäfte verwaltende Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nicht müde, auf die vielfältigen pflegepolitischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode hinzuweisen. In keiner Rede dürfen die Pflegestärkungsgesetze I bis III fehlen. Und der Hinweis, ab 2017 würde man doch 5 Milliarden Euro zusätzlich „in das System“ geben (die durch eine Erhöhung des Beitrags zur Pflegeversicherung um 0,2 Prozentpunkte finanziert wurde). Da werden viele Pflegekräfte sogleich einwenden, wo die denn geblieben sind, bei ihnen jedenfalls sei davon nichts angekommen. Aber es handelt sich nun keineswegs bei der genannten Summe um Fake News, nur muss man immer genau hinschauen, wo was ankommt (und wo eben nicht). 

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Der sich ausbreitende Mangel an Pflegekräften, die besondere Problematik eines doppelten Mangels in der Altenpflege und ein lösungsorientierter Blick auf die Arbeitsbedingungen

Wenn man in diesen Tagen einen Streifzug durch die Berichterstattung im Land macht, dann müsste man schon mit Blindheit geschlagen sein, um die immer mehr anschwellenden Meldungen über den sich ausbreitenden Mangel an Pflegekräften zu übersehen. Nur einige wenige willkürlich herausgegriffene Beispiele dafür: »Gute Pflegekräfte sind rar im teuren München. Mittlerweile müssen sogar Notaufnahmen schließen, weil es an Personal fehlt. Die städtischen Kliniken greifen nun tief in die Tasche, um an Krankenschwestern oder Pfleger zu kommen – mit einer Kopfprämie von satten 8.000 Euro«, wird uns aus der bayerischen Landeshauptstadt berichtet. Dazu leider passend der Fernsehbericht: Not im Krankenhaus: München gehen die Pfleger aus: »Leere Betten, Patienten müssen weggeschickt werden. Münchens Krankenhäuser schlagen Alarm. Ihnen gehen die Pfleger aus. Schuld sind die steigenden Lebenshaltungskosten in München. Teilweise können die Krankenhäuser schwerkranke Patienten nicht versorgen. Selbst Krebspatienten mussten auf andere Krankenhäuser verteilt werden.« Und natürlich – gerade am Beispiel München förmlich sich aufdrängend – hängen die hier beschriebenen Probleme zusammen mit anderen gesellschaftlich überaus brisanten Entwicklungen, Stichwort Mangel an halbwegs noch bezahlbaren Wohnungen. Dazu passen dann diese Reaktionen auf die Berichterstattung: „Man müsse insbesondere den Mietmarkt in den Griff bekommen“.

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Die konstanten Lohnfragen: Entgelte von Vollzeit-Pflegekräften, die Schere zwischen Alten- und Krankenpflege, die Unterschiede zwischen hier und da. Und die Frage: Was tun?

Am Ende des Bundestagswahlkampfs schaffte es die Pflege, vor allem die Altenpflege für einen kurzen Moment auf das Tablett der öffentlichen Aufmerksamkeit. Am 11. September 2017 hatte der Hildesheimer Krankenpflege-Azubi Alexander Jorde der CDU-Kanzlerin auf den Zahn gefühlt.  Die Würde des Menschen werde „tagtäglich tausendfach verletzt“, weil zu wenig Personal da sei. Und die Geschäftsführerin eines Lübecker Pflegeservice, Dagmar Heidenreich, bohrte bei Martin Schulz nach: Wie solle sie künftig all die offenen Stellen besetzen? Der SPD-Kandidat Schulz versprach einen „Neustart in der Pflegestruktur“ in den ersten 100 Tagen seiner (möglichen) Amtszeit. „Dazu gehören drei Dinge: mehr Personal, bessere Bezahlung des Personals und Pflegeplätze.“ Die Gehälter müssten um mindestens 30 Prozent angehoben werden. Vielen Beschäftigten ginge es gar nicht so sehr ums Geld, sondern um mehr Personal und einen einheitlichen Pflegeschlüssel.

Auch die Bundeskanzlerin hatte sich, wenn auch bedächtiger, auf den Zug gesetzt, so dieser Artikel: Merkel plädiert für bessere Bezahlung von Pflegekräften: Die derzeitige Entlohnung sei „im Hinblick auf die Belastungen, die dieser Beruf mit sich bringt, nicht angemessen“, sagte Merkel der Bild am Sonntag. Sie forderte zudem einen neuen Personalschlüssel … Ein Teil des Lohnunterschieds zwischen Männern und Frauen hänge in Deutschland auch mit der unterschiedlichen Bewertung der Berufe zusammen – „also zum Beispiel Pflegeberufe im Vergleich zu Mechatronikern oder Elektrikern“, sagte Merkel. „Wir müssen daran arbeiten, dass die Gehälter schrittweise weiter steigen.“ 

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