Ein Stärkungsgesetz für Betriebsrenten als totes Pferd. Nahles ist weg und die „Nahles-Rente“ auch? Keine Überraschung bei den Ungleichgewichten im Bauplan

Jeder, der heutzutage neben der gesetzlichen Rente Zahlungen aus einer Betriebsrente bekommt, kennt deren entlastende Funktion für das im Alter geschrumpfte Haushaltsbudget. Und gerade die Risikogruppen für Altersarmut zeichnen sich leider dadurch aus, dass bei ihnen neben den zumeist niedrigen Leistungen aus der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung kaum oder gar keine anderen Einkommensquellen im Alter vorhanden sind. Vor einer solchen Kulisse sind erst einmal alle Bemühungen, mehr Arbeitnehmern den Zugang zu einer zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung zu ermöglichen, mit Wohlwollen zu betrachten. Insofern könnte man rückblickend durchaus zu dem bereits in der Wortwahl vergifteten Fazit „Sie war bemüht“ kommen, wenn es um eine der letzten rentenpolitischen Vorstöße der früheren Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) geht, die nach einem Ausflug an die SPD-Spitze mittlerweile die politische Bühne vollständig verlassen hat. Denn Nahles hat das „Betriebsrentenstärkungsgesetz“ auf den Weg gebracht. In diesem Gesetz enthalten war und ist sogar eine weitere, eine neue Form der betrieblichen Altersvorsorge – die zwischenzeitlich als „Nahles-Rente“ bezeichnet wird (was vor dem Hintergrund der Wahrnehmung personenbezogener Rentenvorgänger wie „Riester-Rente“ oder „Rürup-Rente“ nicht gerade optimistisch stimmen sollte). Um was genau geht es hier?

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Eine Studie hat ergeben … Frauen bekommen ein Viertel weniger Rente. Über das Spiel mit den Zahlen und dem nicht nur methodisch fragwürdigen Gender Pension Gap

Viele Frauen haben ein Problem. Also mit der Rente. Oder sie werden es bekommen, wenn sie in den Ruhestand gehen. Diese Botschaft wird seit Jahren immer wieder in den Medien verbreitet und sie ist ja auch für nicht wenige Frauen absolut zutreffend. »Die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen wird im Alter zur riesigen Kluft: Im Schnitt erhält eine Rentnerin in Deutschland 57 Prozent weniger Geld als ein Rentner. Eine Studie zeigt die Gründe«, so Florian Diekmann im März 2016 unter der Überschrift Frauen bekommen nicht mal halb so viel Rente wie Männer. Dort hat man aus der Studie Große Rentenlücke zwischen Männern und Frauen aus dem Jahr 2016 von Christina Klenner, Peter Sopp und Alexandra Wagner geschöpft. Laut der Studie »sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bei der Alterssicherung so groß, dass der Begriff Rentenlücke als eine Verharmlosung erscheint.« Und weiter: »Vielmehr muss man von einer großen Rentenkluft sprechen: Laut den aktuellsten Daten von 2011 bezieht eine Frau im Schnitt nur 43 Prozent der Altersbezüge eines Mannes. Die Rentenkluft zwischen den Geschlechtern beträgt also 57 Prozent. Berücksichtigt wurden dabei alle drei Säulen der Altersvorsorge in Deutschland – außer der gesetzlichen Rentenversicherung also auch die betriebliche sowie die private Altersvorsorge.«

Im Jahr 2017 ging es dann weiter. Erneut meldete sich Florian Diekmann zu Wort, diesmal unter der Überschrift Frauen erhalten in Deutschland nur halb so viel Rente wie Männer. »Frauen erhalten im Schnitt 53 Prozent weniger Geld als Männer. Die Kluft wird zwar stetig kleiner – eine vollkommene Angleichung wird aber noch Jahrzehnte dauern.«

Und nun, im Jahr 2019, werden wir mit dieser Botschaft konfrontiert: Frauen bekommen ein Viertel weniger Rente. »Im Schnitt bekommt eine Frau, die mit 67 in den Ruhestand geht, im Monat 140 Euro weniger gesetzliche Rente als ein Mann, haben Forscher berechnet. Bezieht diese Frau 15 Jahre Rente, fehlten ihr im Vergleich rund 25.000 Euro«, so Hendrik Munsberg in seinem Artikel.

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Die abschlagsfreie „Rente mit 63“ für einige Jahrgänge läuft. „Die Leute rennen uns die Bude ein“. Die einen sehen schwarz, die anderen freuen sich und wollen mehr davon

»Das war mal ein sozialpolitisches Aufreger-Thema: die „Rente mit 63“. Dieses der SPD zugeschriebene Projekt wurde am Anfang der letzten Großen Koalition im Jahr 2014 zusammen mit der von der Union gepushten und ebenfalls umstrittenen „Mütterrente“ gesetzgeberisch ins Leben gerufen. Aus den Reihen der Wirtschaft hat man aus allen Rohren geschossen gegen die Eröffnung der Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen bereits mit 63 eine abschlagsfreie Altersrente in Anspruch nehmen zu können, denn man befürchtete nicht ohne Grund, dass zahlreiche Arbeitnehmer davon Gebrauch machen werden und darunter vor allem Facharbeiter und andere qualifizierte Arbeitskräfte, die (noch) in den Genuss ordentlicher Renten kommen. Nicht ohne Grund ist die „Rente mit 63“ vor allem seitens der großen und einflussreichen Industriegewerkschaften in den damaligen Koalitionsvertrag bugsiert worden.« Mit diesen Worten begann der Beitrag Rückblick: Die kurzfristige Option einer abschlagsfreien „Rente mit 63“ wurde von Hunderttausenden in Anspruch genommen, der hier am 5. März 2018 veröffentlicht wurde.

Und mehr als ein Jahr später wird man mit solchen Botschaften versorgt: Run auf Rente ab 63: „Die Leute rennen uns die Bude ein“: Ostdeutsche drängt es in Vorruhestand. Mehr als 40 Prozent aller Rentner gingen 63-jährig und ohne Abschläge in Rente – viel mehr als in Westdeutschland, berichtet Hendrik Munsberg in seinem Artikel. Das hat dann sofort diejenigen aktiviert, die immer schon gegen diese zeitlich befristete Sonderregelung Sturm gelaufen sind. Die teure Rente mit 63 Jahren, so macht Dorothea Siems schon in der Überschrift deutlich, was sie von dieser Entwicklung hält. Nichts.

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