Neue Zahlen aus der neuen Welt der Pflegeausbildung

Dass es einen enormen Mangel an Fachkräften in der Pflege gibt, sollte mittlerweile Allgemeingut sein. Und nicht nur der stetig steigende Bedarf gerade in der Langzeitpflege angesichts der sicheren Zunahme an Pflegebedürftigen in den vor uns liegenden Jahre stellt eine Herausforderung für deutlich mehr Qualifizierung als bislang dar, sondern bereits heute ist die Pflege, ob im Krankenhaus wie auch in der ambulanten und stationären Langzeitpflege in teilweise nur als skelettös zu bezeichnendem Ausmaß unterausgestattet. Hinzu kommt, dass wie in anderen Berufsfeldern auch die Pflegeberufe in den kommenden Jahren einen massiven Aderlass erfahren werden aufgrund des altersbedingten Ausscheidens vieler Pflegekräfte.

Als wenn das nicht schon genug wäre. Mit Beginn des Jahres 2020 – dem ersten Corona-Jahr – wurden dann auch noch nach einem langjährigen Prozess die bislang versäulten Pflegeausbildungen (also die Gesundheits- und Krankenpflege mit ihrem Fokus auf das Krankenhaus, die Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie die Altenpflege) im Kontext eines an sich angestrebten Systemwechsels hin zu einer generalistischen Pflegeausbildung umgestellt. In der neuen Ausbildung, die mit dem Pflegeberufereformgesetz (PflBRefG) von 2017 begründet wurde, werden die bis dahin getrennten Ausbildungen in den Berufen Gesundheits- und Krankenpfleger/in, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in sowie Altenpfleger/in zum Berufsbild Pflegefachfrau/-mann zusammengeführt. Der Wechsel zwischen Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege soll erleichtert und den Pflegefachkräften ein breiteres Tätigkeitsfeld eröffnet werden.

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Die hochschulische Pflegeausbildung bricht ein. Deutscher Pflegerat und Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft schlagen Alarm und fordern ein Gegensteuern

»Es gibt bereits Hinweise darauf, dass hierzulande im vergangenen Jahr Tausende Pflegekräfte in Krankenhäusern und der Altenpflege aufgehört haben. Ich weiß aus Gespräche mit Pflegenden, dass sie nach über einem Jahr Dauerstress in der Pandemie tatsächlich körperlich und seelisch erschöpft sind. Ich höre oft: „Ich kann nicht mehr. Ich halte das bis zur Rente nicht mehr durch. Ich schaue mich nach Alternativen um.“ Viele haben das Vertrauen in die Politik verloren, dass sich die Situation grundlegend ändert. Wenn wir nicht schnell das Ruder herumreißen, riskieren wir tatsächlich einen massenhaften Ausstieg aus dem Beruf.« Das sagt Andreas Westerfellhaus. Er ist ausgebildeter Krankenpfleger und hat zunächst auf einer Intensivstation gearbeitet. Später studierte er Pädagogik für Gesundheitsberufe und wurde Lehrer in der Krankenpflegeausbildung. Von 2001 bis 2008 war er Vizepräsident und von 2009 bis 2017 Präsident des Deutschen Pflegerates. Auf Vorschlag von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wurde er im Frühjahr 2018 zum Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung ernannt. Das Zitat findet man in diesem Interview von Tim Szent-Ivanyi: Westerfellhaus: „Pflegekräfte fühlen sich oft zu Assistenten der Ärzte degradiert“. Und er spricht neben einer notwendigen Verbesserung der Personalschlüssel, verlässlichen, familienfreundlichen Arbeitszeiten und einer „fairen“ Bezahlung auch einen anderen wichtigen Bereich an: die Qualifikation und was man damit (nicht) machen darf.

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Pflegeberufe: Mehr Auszubildende, vor allem in der Altenpflege. Mehr Männer. Endlich Erfolgsmeldungen, aus der Welt der Pflegeausbildungen. Wenn da nicht diese Fragezeichen wären

Seit Jahren bekommt man fortlaufend negative Berichte aus der Welt der Pflege serviert. Auch in diesen Tagen einer erneuten Zuspitzung der Corona-Krise wird die Öffentlichkeit von vielen Seiten mit „Land unter“-Meldungen die Pflegekräfte betreffend versorgt. Nur ein Beispiel: »Der Mangel an Pflegepersonal in deutschen Krankenhäusern entwickelt sich nach Ansicht von Ärztevertretern zum zentralen Problem bei der Versorgung von COVID-19-Patienten. Viele der Zusatzbetten, die geschaffen worden seien, könnten „nicht belegt werden, weil das Personal zur Versorgung der Patienten fehlt“, sagte der Präsident der Deutschen Inter­disziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Uwe Janssens … Zwar würden in­zwischen ausreichend Kapazitäten an freien Intensivbetten und Beatmungsgeräten be­reitstehen. Das allein helfe aber nicht weiter. Grob geschätzt fehlten bundesweit 3.500 bis 4.000 Fachkräfte für die Intensivpflege«, so der Artikel Ärzte und Krankenhäuser warnen vor dramatischem Mangel an Pflegekräften. Und ein Blick in die von der Bundesagentur für Arbeit im Mai 2020 veröffentlichte Analyse Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich zeigt eindrücklich für die Fachkräfte in der Altenpflege, das ganz Deutschland rot eingefärbt ist, also überall haben wir heute (schon) einen teilweise eklatanten Fachkräftemangel zu beklagen (S. 16).

Es ist seit langem unbestritten, dass wir deutlich mehr Fachkräfte brauchen in der Pflege, ob im Alten- oder Krankenpflegebereich. Und immer wieder wurde und wird die Befürchtung geäußert, dass die angesprochene negative Berichterstattung in den Medien dazu beiträgt, dass immer weniger junge Menschen eine der Pflegeausbildungen anfangen werden. An dieser Stelle scheint nun das Statistische Bundesamt mit einer Entwarnung signalisierenden Botschaft aufwarten zu können: Gestiegenes Interesse an Pflegeberufen: 71.300 Menschen haben 2019 eine Ausbildung begonnen. Die Zahlenlieferung der Bundesstatistiker wurde sogleich von vielen Medien aufgegriffen: Interesse an Pflegeberufen steigt, so ist einer der vielen daraus entstandenen Meldungen überschrieben. »Sowohl die Zahl der Azubis als auch die der Absolventen ist in der Pflege in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen«, so Matthias Wallenfels in der „Ärzte Zeitung“ und setzt seinen Beitrag unter diese Überschrift: Pflege anscheinend doch attraktiv für junge Leute. Und ein Blick auf die Entwicklung der Zahl derjenigen, die eine der Pflegeausbildungen angefangen haben, scheint die positive Botschaft zu unterstreichen:

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