In „der“ Pflege wird jetzt überdurchschnittlich verdient. Ist das so? Ein Blick auf die Lohnentwicklung in der Kranken- und Altenpflege und was die Zahlen (nicht) aussagen

Bei den vielen negativen Schlagzeilen, die uns in dieser Zeit aus den einzelnen Bereichen der pflegerischen Versorgung erreichen, ist man dankbar für positive Nachrichten. Wie wäre es mit so einer? In der Pflege wird überdurchschnittlich verdient. Wir erfahren, dass der bpa, also der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Vergütung von Pflegekräften kommentiert. „In der Altenpflege wird überdurchschnittlich verdient. Diese gute Entwicklung haben Unternehmen und Träger in der Pflege in den vergangenen Jahren ganz ohne Eingriffe der Politik geschafft.“ Mit diesen Worten wird bpa-Präsident Bernd Meurer in dem Artikel zitiert.

Also funktioniert er doch, „der“ vielbeschworene Markt. Wenn flächendeckend über einen Mangel an Pflegekräften geklagt wird und wir gleichzeitig gerade in der Langzeitpflege eine steigende Nachfrage bei einem gleichbleibendem oder sogar abnehmenden Angebot haben, dann muss nach allen ökonomischen Grundregeln der Preis, in diesem Fall also der Lohn, nach oben gehen, wenn denn das Modell stimmt. Offensichtlich werden wir Zeugen, dass das auch funktioniert. Schauen wir aber sicherheitshalber einmal in die Originaldaten, die zu solchen frohen Botschaften geführt haben. Und dann ergibt sich wie so oft ein differenziertes Bild.

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Pflegepersonal: Die Welt der nicht-vertretbaren Sub-Untergrenzen, die für nicht wenige Krankenhäuser nicht-erreichbare Obergrenzen sind, wird größer. Und auch die realen Versorgungsprobleme werden sichtbarer

Man sollte bekanntlich immer vorsichtig sein, wenn Meldungen mit drastischen Überschriften daherkommen – nicht selten steckt dahinter die Absicht, nach den Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie den Finger aus dem Ozean der unzählbaren Nachrichten heben zu können, vor allem, wenn es sich um eine schlechte Nachricht handelt, die da platziert wird. Insofern könnte so ein Beitrag in dieser Kategorie eingeordnet werden: „Wir steuern auf eine Katastrophe zu“: Berlins Kinderkliniken sind überlastet – Erkrankte werden nach Brandenburg verlegt: »Wegen des Pflegemangels gibt es zu wenig Betten auf Berlins Kinderstationen – auch für junge Intensivpatienten. Kinder- und Jugendärzte warnen vor einem katastrophalen Herbst.« „Katastrophe“, kranke Kinder – das „zieht“. Aber leider wird hier über ein – bereits seit längerem – real existierendes Problem berichtet, das man nicht (mehr) wegdiskutieren kann.

»Wegen Atemwegsinfekten, kranken Neugeborenen, Unfällen und diversen anderen Erkrankungen sind die Kinderkliniken in Berlin sowie die Kinderintensivstationen schon seit Wochen an ihre Belastungsgrenze gestoßen«, so der Verband der Leitenden Kinder- und Jugendärzte sowie Kinderchirurgen (VLKKD) in einer schriftlichen Stellungnahme.

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Nächste Ausfahrt unbefristeter Pflegestreik?

Viele reden über die Notwendigkeit, dass es zu einem Pflegestreik kommen müsse, damit sich wirklich mal was ändert – und das schon seit vielen Jahren (vgl. nur als ein Beispiel von vielen den Beitrag „Es macht einen krank“ von Zacharias Zacharakis, der am 2. Februar 2017 veröffentlicht wurde: »Noch nie haben sich Pflegekräfte an Deutschlands Krankenhäusern zu einem gemeinsamen Großstreik verabredet. Das dürfte sich bald ändern. Die Forderung: mehr Personal.«). Allerdings ist das leichter dahingesagt als organisiert. Es gibt viele Hürden, die genommen werden müssten (vgl. dazu ausführlicher den Beitrag Pflegestreik? Zwischen Theorie und Praxis der starken Arme, die theoretisch alles lahmlegen können, praktisch aber mit vielen Hürden konfrontiert werden vom 22. August 2021). Das kann man wie in einem Lehrbuch live in Berlin studieren. Dort gab es nach einem im Mai 2021 gestellten 100 Tage-Ultimatum (vgl. dazu Berliner Pflegekräfte stellen 100-Tage-Ultimatum im Wahlkampf), das man offensichtlich nicht ernst genommen hat, eine erste Warnstreikaktion – und bereits die sollte auf arbeitsgerichtlichen Wege verhindert werden, was letztendlich aber gescheitert ist (der Vivantes-Vorstand hatte im August eine einstweilige Verfügung erwirkt, wonach ein Warnstreik vorübergehend untersagt wurde. In zweiter Instanz hoben Richter diesen Beschluss auf).

Aus der Hauptstadt erreicht uns nun diese Meldung: 98 Prozent für Pflegestreik bei Charité und Vivantes: »Verdi beendet Urabstimmung – nun steht ein unbefristeter Streik der Pflegekräfte in Berlins Vivantes-Krankenhäusern und der Universitätsklinik bevor«, berichtet Hannes Heine.

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