Und wieder wird von großer Aufregung berichtet im Umfeld des umstrittenen Themas Pflegepersonaluntergrenzen für die Krankenhäuser. Genauer: Untergrenzen das Pflegepersonal in bestimmten, ausgewählten „pflegesensitiven“ Bereichen der Kliniken betreffend. Die ersten davon gibt es seit Januar 2019 und bereits die haben für ziemlichen Ärger und handfeste Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen gesorgt. Und wer legt diese Untergrenzen fest? Eigentlich sollte das die Selbstverwaltung aus „Kostenträgern“ und „Leistungsanbietern“ erledigen. Also die Krankenkassen und die Krankenhäuser. Nach § 137i SGB V sind die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) aufgefordert, Pflegepersonaluntergrenzen für „pflegesensitive Bereiche“ im Krankenhaus festzulegen.
Ganz offensichtlich werden wir hinsichtlich des Auftrags an die beiden Akteure mit einem echten Dilemma konfrontiert: »Der Gesetzgeber beauftragt ausschließlich die Kostenträger (= Krankenversicherungen) sowie die Leistungserbringer (= Krankenhäuser) mit der Ausarbeitung von Personaluntergrenzen in der Pflege. Man muss keine längeren Überlegungen anstellen, dass es hier eine Menge Interessenkonflikte geben muss, denn die Kostenträger haben vor Augen, dass sie eventuelle Mehrkosten finanzieren müssen und die Krankenhausträger stehen vor dem Problem, dass solche Untergrenzen bei Nicht-Einhaltung dazu führen können bzw. werden, dass sie beispielsweise mit Belegungs- und Aufnahmestopps und den damit verbundenen Einnahmeverlusten konfrontiert sein könnten. Wer von den beiden soll ein Interesse daran haben, kosten- bzw. erlösrelevante Verbesserungen bei der Personalausstattung auf die Gleise zu setzen?«, so bereits meine Beschreibung in dem Beitrag Wenn das aus der Systemlogik definierte Unterste am Ende zum Obersten wird, sollte man sich nicht wundern. Zur Ambivalenz der geplanten Personaluntergrenzen in der Krankenhauspflege vom 3. Juni 2018.
Und so ist es nicht erstaunlich, dass die beiden großen Player schon in der ersten Runde keine Einigung finden konnten. Doch mit Blick auf einen solchen Ausgang hatte der Gesetzgeber vorgesorgt: Für den Fall, dass diese Vereinbarung nicht zustande kommt, war vorgesehen, dass das BMG per Rechtsverordnung Pflegepersonaluntergrenzen mit Wirkung zum 1. Januar 2019 festsetzt (Ersatzvornahme). Genau das ist dann auch passiert. Und nun passiert es wieder.
