Es geht voran. Zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Wie immer aber lohnt es sich, genauer auf die Zahlen zu schauen

»Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, sieht die Integration von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt auf einem guten Weg. Die Entwicklung in den vergangenen vier Jahren sei deutlich besser als von Arbeitsmarktexperten vorhergesagt«, so beispielsweise diese Meldung aus dem September 2019: Integration „besser als vorhergesagt“. »Zuvor hatte das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) erklärt, die Integration von Flüchtlingen gehe schneller voran als zunächst angenommen. Im Herbst dürften ungefähr 40 Prozent der Flüchtlinge in erwerbsfähigem Alter einer Beschäftigung nachgehen.« Und die positive Berichterstattung setzt sich im noch neuen Jahr fort: Flüchtlinge in Hessen schneller als erwartet in Arbeit, so ist einer der vielen Artikel aus den vergangenen Tagen überschrieben. Darin wird Frank Martin, der Chef der Arbeitsagentur in Hessen, mit diesen Worten zitiert: „Dass die Arbeitsmarktintegration so schnell gelingen würde, haben wir nicht erwartet“, urteilt er. Dabei gelinge es besser, Fachkräfte zu integrieren als Menschen, „die lediglich eine Helfertätigkeit ausüben“.

Allerdings gibt es dann auch differenzierende Hinweise: Der Trend geht zur Leiharbeit, so ist beispielsweise der Artikel von Valerie Eiseler überschrieben: »Immer mehr Geflüchtete arbeiten, aber Bürokratie und fehlende Qualifikation stehen häufig im Weg.«

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Ein „menschenwürdiger Lebensstandard“ – das Existenzminimum in der europarechtlichen Variante

Die Auseinandersetzung mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Sanktionen im Hartz IV-System (BVerfG, Urteil vom 05. November 2019 – 1 BvL 7/16) ist mittlerweile in den Medien vollständig abgeklungen, viele neue Themen haben die Bühne erobert. In der für Millionen Menschen relevanten Verwaltungspraxis geht es jetzt um die konkrete Umsetzung des zwar die Sanktionen in der bisherigen Form begrenzenden, aber durchaus mehrdeutig angelegten Urteils der Verfassungsrichter. Vereinfacht gesagt geht es darum, dass nunmehr Sanktionen von von mehr als 30 Prozent nicht mehr zulässig sind, zugleich wurde die Ebene der Einzelfallprüfung gestärkt und schematische, nicht korrigierbare Laufzeiten der Sanktionen von drei Monaten sollen der Vergangenheit angehören. Zu der angesprochenen Komplexität des BVerfG-Urteils vgl. auch ausführlicher diesen Beitrag: Ein Sowohl-als-auch-Urteil. Das Bundesverfassungsgericht, die Begrenzung der bislang möglichen Sanktionierung und eine 70prozentige minimale Existenz im Hartz IV-System vom 6. November 2019.

Die Kritiker des Sanktionsregimes in der deutschen Grundsicherung haben die Entscheidung des BVerfG als großen Erfolg gefeiert und verweisen beispielsweise auf solche bedeutsamen und (scheinbar) eindeutigen Ausführungen des Gerichts:

»Die zentralen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung staatlicher Grundsicherungsleistungen ergeben sich aus der grundrechtlichen Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG). Gesichert werden muss einheitlich die physische und soziokulturelle Existenz. Die den Anspruch fundierende Menschenwürde steht allen zu und geht selbst durch vermeintlich „unwürdiges“ Verhalten nicht verloren.«

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Die soziale Spaltung nimmt in vielen Städten weiter zu. Von der brüchiger werdenden sozialen Architektur bis hin zu armen Stadtteilen als „Gewinner“ der Zuwanderung

Die langen Schlangen bei den Sammelterminen für die Besichtigung einer zur Vermietung ausgeschriebenen Wohnung in vielen Städten versinnbildlichen nicht nur die Tatsache, dass wir im Bereich der halbwegs bezahlbaren Wohnungen in vielen Städten ein enormes Angebots-Nachfrage-Dilemma haben, hinter dem zahlreiche individuelle Schicksale wohnungssuchender Menschen stehen. Zugleich deutet der enorme Nachfrageüberhang darauf hin, dass bei einem solchen Ungleichgewicht strukturelle Effekte zu erwarten sind, vor allem in Form von Verdrängung und einer Entmischung von Stadtvierteln.


In der Stadtforschung wird darauf seit langem hingewiesen. Im vergangenen Jahr haben Marcel Helbig und Stefanie Jähnen diese Studie dazu veröffentlicht: Wie brüchig ist die soziale Architektur unserer Städte? Trends und Analysen der Segregation in 74 deutschen Städten (2018). Die beiden Wissenschafter untersuchen die räumlich ungleiche Verteilung der Wohnstandorte verschiedener Bevölkerungsgruppen in deutschen Städten. Sie beleuchten alle drei Dimensionen der residenziellen Segregation: die soziale, die ethnische und die demografische.

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