Von Sorgen und monetären Vorteilen. Die Migration in die EU aus einer volkswirtschaftlichen Perspektive

Das Thema Zuwanderung ist nicht nur in Deutschland höchst umstritten und viele Menschen äußern Vorbehalte, Ängste oder Ablehnung, wenn es beispielsweise um die Aufnahme von Flüchtlingen geht. Man kann davon ausgehen, dass auch viele Wahlentscheidungen in der jüngeren Vergangenheit von der tatsächlichen oder angenommenen Migration beeinflusst, wenn nicht sogar entschieden wurden. Das Thema beunruhigt viele Menschen. Schaut man in die Ergebnisse des Eurobarometers, dann kann man der Frühjahrsbefragung 2024 in den EU-Staaten entnehmen: In den Ländern des Euroraums stehen steigende Preise, Inflation und Lebenshaltungskosten (37%) auf Platz eins der größten nationalen Sorgen. Dahinter folgt bereits das Thema Einwanderung (18%), gleichauf mit der wirtschaftlichen Lage (18%). Auf der politischen Ebene geht es ebenfalls nicht nur in Deutschland zum einen um Abwehr und das Versprechen einer Begrenzung oder gar Verhinderung einer weiteren Zuwanderung, zugleich aber wird immer wieder auch herausgestellt, dass man auf die Zuwanderung (möglichst passgenau qualifizierter) Arbeitskräfte in die Arbeitsmärkte angewiesen sei und man versucht, das auch durch gesetzgeberische Maßnahmen voranzutreiben (man denke hier nur als ein Beispiel an das Fachkräfteeinwanderungsgesetz).

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Das Europa der EU und die Sozialpolitik

Eigentlich hat die EU in der Sozialpolitik keine Zuständigkeit, das sollen die Mitgliedsstaaten in eigener Verantwortung nationalstaatlich machen. Aber grau ist alle Theorie und in der wirklichen Wirklichkeit hat sich schon seit langem eine zunehmend eigenständigere „EU-Sozialpolitik“ herausgebildet und das europäische Recht und vor allem die europäische Rechtsprechung über den Europäischen Gerichtshof (EuGH) üben immer intensiver Einfluss aus auf die (eigentlich) nationalstaatliche Ausgestaltung der Sozialpolitik.

Gerade die vergangenen Jahre haben immer öfter zeigen können, dass die Bedeutung der europäischen Ebene – und damit des Europäischen Parlaments – in vielen sozialpolitisch relevanten Handlungsfeldern zugenommen hat. Auch wenn die Befugnisse und die konkreten Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten des Europäischen Parlaments im komplizierten Zusammenspiel mit Kommission sowie dem Rat der Europäischen Union (noch?) begrenzt bis verbaut sind, können aus dem Parlament sozialpolitisch förderliche oder eben auch hemmende Impulse gesetzt werden. Von daher ist die EU-Ebene nicht nur vor dem Hintergrund der Wahlen zum Europäischen Parlament von einer (wichtiger werdenden) sozialpolitischen Bedeutung.

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Die Ängste vor dem Osten und Menschen, die tatsächlich (nicht) gekommen sind: 20 Jahre EU-Osterweiterung

Am 1. Mai 2004 traten zehn Staaten der EU bei. Neben den beiden Mittelmeerstaaten Malta und Zypern waren das acht Staaten aus Ost- und Südosteuropa: Estland, Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei, Slowenien, Tschechien sowie Ungarn, die auch als EU-8-Staaten bezeichnet werden. Am 1. Januar 2007 kamen Bulgarien und Rumänien (EU-2) dazu und am 1. Juli 2013 Kroatien.

Vor zwanzig Jahren gab es neben der Freude über die Aufnahme der ehemaligen Ostblockstaaten in die EU gerade in Deutschland eine teilweise hyperventilierende Debatte, die befeuert wurde von der Sorge über eine steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Löhnen der Menschen in Deutschland. »Die Osterweiterung wird die EU grundlegend verändern. Mit Billiglöhnen und Niedrigsteuern fordern die Beitrittsländer die etablierten Club-Mitglieder heraus. Deutschland muss sich darauf einstellen – oder es wird zu den Verlierern des neuen Europa zählen«, so beispielsweise die Einschätzung von Michael Fröhlingsdorf und anderen in dem Artikel Der Preis des neuen Europa, der im Heft 18/2004 des SPIEGEL veröffentlicht wurde. »Plötzlich … gehören jene Staaten zur EU, die sich in den vergangenen Jahren als größte Konkurrenten gerade des Standorts Deutschland profilierten. Die mit Billiglöhnen, flexiblen Arbeitern und Dumping-Steuern Unternehmen mitsamt ihren Arbeitsplätzen abwarben.« Da war sie in den Raum gestellt, die damals alle bewegende Frage: »Wird Deutschland … zu den Verlierern der großen EU-Erweiterung zählen, weil die Arbeit in bisher unbekanntem Ausmaß abwandert?«

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Wenigstens den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Plattform-Dach? Die (verwässerte) EU-Richtlinie über Plattform-Arbeit kommt – auch gegen die FDP-Blockade aus Deutschland

»Die EU-Kommission will über digitale Plattformen Beschäftigte sozial absichern und Arbeitsbedingungen verbessern. Der richtige Ansatz lässt für die Praxis noch viele Fragen offen«, so Tatjana Ellerbrock in ihrem Beitrag EU-Kom­mis­sion will Platt­form­ar­beit regu­lieren, der im Januar 2022 veröffentlicht wurde. »Mit ihrem am 9. Dezember 2021 veröffentlichten Richtlinienvorschlag will die EU-Kommission durch das Setzen von europäischen Mindeststandards die Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten verbessern. Denn für die Bestimmung des arbeitsrechtlichen Status von Plattformarbeitenden hält das geltende Recht bisher keine klare Antwort bereit. Diskussionsthema ist insbesondere die Frage, ob diese Personen Arbeitnehmende oder Selbstständige sind.«Nach deutschem Recht, konkret § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), ist Arbeitnehmer, wer weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit erbringt. Nach dieser allgemeinen Definition ist eine Einordnung jedoch nicht immer unproblematisch, da Abgrenzungskriterien fehlen.

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Der deutsche Mindestlohn und ein vergleichender Blick über den nationalen Tellerrand am Anfang des Jahres 2024

Regelmäßig veröffentlicht das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung einen Mindestlohnbericht, in dem nicht nur die Entwicklung der allgemeinen Lohnuntergrenze in Deutschland betrachtet wird. Auch die Entwicklung in anderen Ländern wird unter die Lupe genommen. Dabei ist natürlich das, was in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) passiert, von besonderem Interesse.

»Zum Jahreswechsel sind die gesetzlichen Mindestlöhne in der Europäischen Union kräftig gestiegen: Die 22 EU-Staaten mit einem allgemeinen Mindestlohn erhöhten diesen vor dem Hintergrund hoher Inflationsraten im Mittel (Median) um 9,7 Prozent. Besonders stark fielen die nominalen Zuwächse in vielen osteuropäischen Ländern aus, aber auch die Niederlande (+12,9%) und Irland (+12,4%) haben ihren jeweiligen Mindestlohn deutlich angehoben.«

Und was ist in Deutschland passiert? »In Deutschland fiel die Anhebung zum Jahreswechsel mit einem nominalen Plus von nur 3,4 Prozent auf nun 12,41 Euro hingegen deutlich kleiner aus; EU-weit stieg der Mindestlohn nur in Belgien (+2,0%) noch langsamer.« So die Ausführungen der Hans-Böckler-Stiftung unter der Überschrift Mindestlohn: Deutliche Anhebungen in den meisten EU-Ländern – Deutschland mit Mini-Zuwachs weit hinten. Da hat man eine zentrale Botschaft schon im Titel untergebracht – also die von dem nur geringen Zuwachs, den der deutsche gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2024 verbuchen konnte.

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