Die Kommissionitis als sozialpolitische Grippewelle? Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD bringt auf alle Fälle eine neue Welle

Habemus Koalitionsvertrag: »Wochenlang haben sie Gespräche geführt und sind dabei auch immer wieder an Grenzen gestoßen. Nichtsdestotrotz haben die Verhandler von CDU, CSU und SPD die Koalitionsverhandlungen nun abgeschlossen. „Deutschland bekommt eine starke und handlungsfähige Regierung“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz bei der Vorstellung der Ergebnisse«, so diese Meldung am 9. April 2025: Was Schwarz-Rot vorhat – und was nicht. Das kann man in diesem „Vertragstext“ im Original nachlesen (dessen finale Gültigkeit eine entsprechende Zustimmung der drei Parteien, vor allem eine Mitgliederbefragung in der SPD voraussetzt):

➔ CDU/CSU/SPD (2025): Verantwortung für Deutschland. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, Berlin, 09.04.2025

Natürlich ist man nach den ersten Entwürfen aus den 16 Facharbeitsgruppen gespannt, was es davon (und darüber hinaus?) an sozialpolitisch relevanten Inhalten in den Koalitionsvertrag geschafft hat.

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Milliarden-Beträge von der Pflege- an die Rentenversicherung und was unten ankommt. Zugleich ein weiteres Lehrstück für die Komplexität sicher gut gemeinter sozialpolitischer Systeme

Die Pflegekassen haben 2023 rund 3,7 Milliarden Euro an Beiträgen für pflegende Angehö­rige in die Rentenkasse eingezahlt. Damit hätten sich die Zahlungen fast vervierfacht. Zehn Jahre zuvor waren es 900 Millionen Euro. So eine Meldung, die Ende 2024 veröffentlicht wurde: Pflegekassen zahlen 3,7 Milliarden Euro in Rentenversicherung. Das ist schon eine Hausnummer. Der eine oder andere wird in Zeiten, in denen von massiven Finanzproblemen der Pflegeversicherung berichtet wird, angesichts der Größenordnung schlucken. Und zugleich daran denken, dass diese Summe aus Beitragsmitteln der umlagefinanzierten sozialen Pflegeversicherung aufgebracht werden muss – für eine Leistung, die man durchaus gesamtgesellschaftlichen Aufgaben zuordnen kann, womit wir mittendrin wären in der Diskussion über (möglicherweise) versicherungsfremde Leistungen der Sozialversicherung.

Und vielleicht erinnert sich der eine oder andere daran, dass hier bereits vor Jahren das Thema Rentenbeiträge für pflegende Angehörige durchaus kritisch behandelt worden ist: Wieder einmal: Von gut gemeinten Verbesserungen für pflegende Angehörige, diesmal bei der Rente. Und einem nicht nur rechnerischen Irrgarten als Folge bürokratischer Differenzierung, so ist der Beitrag überschrieben, der am 15. April 2018 publiziert wurde. Nicht ohne Grund wird die damalige Überschrift erneut aufgegriffen.

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Sozialabgaben auf Kapitalerträge – ein Schnellschuss im Wahlkampf und erwartbare Abwehrreflexe. Zugleich der Hinweis auf ein ganz großes Fragezeichen bei der Finanzierung der Sozialversicherung

Was hat ihn da geritten, mag der eine oder andere gedacht haben: Als Finanzierungsquelle für die Krankenkassen sollten auch Kapitaleinnahmen herangezogen werden. Das hatte der Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ am 12. Januar 2025 gesagt. „Wir würden gern die Beitragsgrundlage erhöhen“, so Habeck. Er kritisierte, dass Kapitalerträge bisher von Sozialversicherungsbeiträgen freigestellt seien. Arbeitslöhne würden dadurch stärker belastet als Kapitalerträge. „Deswegen schlagen wir vor, dass wir auch diese Einkommensquellen (…) sozialversicherungspflichtig machen“, sagte er. Das sei ein Schritt zu mehr Solidarität innerhalb des Systems, so dieser Bericht: Habeck will Sozialabgaben auf Kapitalgewinne. Und weiter kann man dort lesen: »Umgehend kommt Kritik an dem Vorschlag.« CSU-Parteichef Markus Söder wird mit den Worten zitiert: „Die Grünen wollen nicht nur höhere Steuern. Jetzt wollen sie auch noch ans Sparguthaben der Menschen und ihre Erträge ran. Das lehnen wir grundlegend ab. Auf schon einmal versteuertes Geld dürfen keine zusätzlichen Beiträge und Steuern erhoben werden.“ Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) warnte davor, dass ein solcher Schritt die Mittelschicht besonders belasten würde. Pflichtversicherte müssten dann gegebenenfalls bis zur Beitragsbemessungsgrenze Beiträge auf Kapitalerträge zahlen, so der SdK-Vorstandsvorsitzende Daniel Bauer. Und dann wurden noch ganz andere Kaliber aufgefahren.

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