Crowdworker bleiben (vorerst) allein zu Haus. Ohne ein Arbeitsverhältnis. Die IG Metall zeigt sich enttäuscht, andere hingegen sind zufrieden

In den vergangenen Jahren musste man nur von Crowd- oder Clickworkern raunen, um bereits eine mehrfach so hohe Aufmerksamkeit zu bekommen als wenn man über scheinbare „banale“ Arbeiten spricht, die jeder zu kennen glaubt. Die aber wiederum von Millionen Arbeitnehmern gemacht werden.

Aber allein die Frage, wie viele tun es denn, die Arbeit in der Crowd, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Wenn, dann nur näherungsweise und Pi-mal-Daumen. Das Bundesarbeitsministerium teilt uns dazu mit: »Wie der erste Bericht des „Crowdworking-Monitors“ zeigt, geben derzeit rund fünf Prozent (4,8 %) der Befragten an, auf so genannten Gig-, Click- oder Crowdworking-Plattformen aktiv zu sein. Rund 70 % von ihnen erzielen auf diese Weise ein Erwerbseinkommen – zumeist im Nebenverdienst. Allerdings arbeitet auch rund ein Drittel der befragten Crowdworker mehr als 30 Stunden pro Woche plattformvermittelt, 24 % sogar mehr als 40 Stunden pro Woche. Insgesamt 40 % der befragten aktiven Crowdworker erzielen dementsprechend Verdienste über 1000 € pro Woche.« Das Ministerium bezieht sich hier auf diese im vergangenen Jahr vorgelegte Veröffentlichung von Oliver Serfling (2018): Crowdworking Monitor Nr. 1. Ein Blick in das Original hilft, die Datenqualität einzuschätzen: »Die vorliegenden Ergebnisse basieren auf einer kontinuierlichen Online-Erhebung die vom Online-Umfrage-Unternehmen Civey … durchgeführt wird.« Es ist eben ein relatives neues und weitgehend umbeackertes Feld.

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Die neue EU-Entsenderichtlinie: Weniger Konkurrenz und mehr Gerechtigkeit? Das Bundesarbeitsministerium hat Änderungen des Arbeitnehmerentsendegesetzes auf den Weg gebracht

»Ob auf Baustellen, in Gastronomie oder Pflege: Viele ausländische Arbeitskräfte wurden bislang schlechter bezahlt als ihre heimischen Kollegen. Das soll sich nun ändern«, so beginnt dieser Bericht. »Nach monatelangen Verhandlungen erzielten Unterhändler des Europäischen Parlaments, der EU-Länder und der EU-Kommission eine entsprechende Grundsatzeinigung. Sozialkommissarin Marianne Thyssen sprach von einem Durchbruch und einem ausgewogenen Kompromiss nach dem Prinzip: gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit am selben Ort.«

Das hört sich gut, vor allem im Lichte solcher Zahlen: Mehr als 2,3 Millionen entsandte Kräfte arbeiten nach offiziellen Angaben in einem anderen EU-Land, über 440.000 in Deutschland. Viele werkeln auf dem Bau, bei Speditionen, in Gaststätten oder in der Pflege.

»Die Debatte über die Folgen der Entsendungen von Arbeitnehmern wurde und wird nicht nur unter dem Schlagwort vom „Lohndumping“ geführt, das man nun tatsächlich erheblich eindämmen könnte, wenn die Richtlinie mit den Änderungen kommt und wenn sie auch eingehalten wird.« So wurde und musste das noch am 1. März 2018 in diesem Beitrag hier formuliert werden: Mit einer neuen Entsenderichtlinie gegen Lohndumping in der EU. Also in ein paar Jahren, mit Einschränkungen und Ausnahmen. Und wir können Vollzug melden, denn die neue EU-Entsenderichtline wurde im vergangenen Jahr verabschiedet (vgl. dazu beispielsweise EU-Parlament verabschiedet neue Vorschriften gegen Lohndumping) und muss nun in das jeweilige nationale Recht der Mitgliedstaaten der EU umgesetzt werden. Dafür haben die bis spätestens Mitte 2020 Zeit.

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Eine scheinbar widersprüchliche Angelegenheit: Einerseits Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel, anderseits eine konjunkturell und strukturell steigende Arbeitslosigkeit

Derzeit werden zahlreiche Berichte über die wieder steigende Arbeitslosigkeit veröffentlicht. Und tatsächlich zeigt ein Blick auf die Daten aus der Arbeitsmarktstatistik, dass wir am aktuellen Rand einen deutlich erkennbaren Anstieg der Zugänge in Arbeitslosigkeit aus einer Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt zur Kenntnis nehmen müssen, vor allem aus dem Bereich der Industrie, Verkehr und Lagerhaltung und aus der Leiharbeit (vgl. dazu genauer den Beitrag Arbeitsmarkt: Winter is coming? Ein Blick in die Arbeitsmarktstatistik vom 8. August 2019). Offensichtlich beginnt die konjunkturelle Entwicklung in Verbindung mit den anhaltend unsicheren Erwartungen ihre Spuren auch auf dem Arbeitsmarkt zu hinterlassen. Mit Blick auf die weitere, von nicht wenigen eher pessimistisch bewertete Entwicklung werden zugleich strukturelle Faktoren ins Feld geführt, die auf erhebliche Beschäftigungsrisiken hindeuten. Dabei spielt natürlich auch die wahrscheinliche technologisch bedingte Arbeitslosigkeit eine Rolle – die gesamtwirtschaftlich vermutlich durch einen (fortgesetzten) Beschäftigungsaufbau an anderer Stelle ausgeglichen werden kann, was aber für viele einzelne Betroffene nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass sie nicht arbeitslos und einige auch auf Dauer abgekoppelt werden von dem Beschäftigungswachstum an anderer Stelle.

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Arbeitsmarkt: Winter is coming? Ein Blick in die Arbeitsmarktstatistik

Schon seit geraumer Zeit werden die Seiten und Kanäle der Wirtschaftspresse gefüllt mit Berichten über die rückläufige Konjunktur und den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung im – bisherigen? – „Jobwunderland“ Deutschland. »Die Unternehmen wollen weniger neue Mitarbeiter einstellen. Deshalb dürfte die Arbeitslosigkeit zunehmen, erste Indikatoren weisen darauf hin«, kann man beispielsweise diesem Artikel entnehmen: Schlechtere Aussichten am Arbeitsmarkt. Das leitet man ab aus (arbeitsmarktbezogenen) Frühindikatoren des Münchener Ifo-Instituts sowie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). »Als Sorgenkind gilt insbesondere die Industrie. Hier hat sich die Stimmung deutlich eingetrübt, die Auftragseingänge sind rückläufig. Wie aus dem Beschäftigungsbarometer des Ifo-Instituts hervorgeht, ist im verarbeitenden Gewerbe die Zahl der Unternehmen, die in den nächsten drei Monaten Personal abbauen wollen, größer als die jener Betriebe, die neue Mitarbeiter suchen – und das den fünften Monat in Folge.«

Und wie immer bei solchen komplexen Themen gibt es auch – scheinbar – widersprüchliche Thesen: »Trotzdem dürfte die Beschäftigung in den kommenden Monaten weiter steigen, wenn auch nicht mehr ganz so stark, zeigt die monatliche Umfrage des IAB unter den lokalen Arbeitsagenturen. Die Ankündigungen großer Unternehmen wie Volkswagen, Bayer oder Thyssen-Krupp, Tausende Stellen abzubauen, seien „nicht repräsentativ für den Arbeitsmarkt“, sagte Forschungsbereichsleiter Enzo Weber. Die Entlassungsquote sei seit der Wiedervereinigung noch nie so niedrig gewesen wie heute.«

Das Aber wird dann mit einem weiteren Aber angereichert: »Die Arbeitsagenturen rechnen allerdings damit, dass die Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten – um jahreszeitliche Effekte bereinigt – steigen wird.« Schauen wir uns einfach mal die Daten an:

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Jobs verschwinden, neue kommen dazu. Über den permanenten Strukturwandel auf den Arbeitsmärkten und den doppelt problematischen Folgen für viele Arbeitnehmer

Immer noch geistert sie durch die öffentlichen Debatten – eine Studie, die im Jahr 2013 von den beiden Ökonomen Carl Benedikt Frey und Michael A. Osborne veröffentlicht wurde: The Future of Employment: How Susceptible are Jobs to Computerisation? Darin findet man diesen Befund: »According to our estimates, about 47 percent of total US employment is at risk.« Da ist sie, die Zahl, die seitdem überall herumgeistert. Daraus wurde in den Medien die als Gewissheit daherkommende Aussage gemacht, dass fast jeder zweite Job wegfallen wird (korrekterweise müsste man an dieser Stelle schon darauf hinweisen, dass die beiden „nur“ auf der Basis der Einschätzungen von technischen Experten für einen kleinen Teil der Berufe das Potenzial für wegfallende Jobs insgesamt berechnet haben und das auch nur in einer Brutto-Rechnung, also ohne Berücksichtigung der an anderer Stelle entstehenden Jobs und dann auch noch bezogen auf den US-amerikanischen Arbeitsmarkt, der sicher nicht widerspruchsfrei übertragbar ist auf andere Länder wie beispielsweise Deutschland).

Eine kritische Auseinandersetzung mit der Fry/Osborne-Studie sowie anderen, teilweise erheblich abweichenden Befunden wurde bereits am 4. Januar 2015 in diesem Blog-Beitrag vorgelegt: Geht uns die Arbeit (doch noch) aus? Zur „Digitalisierung“, der Debatte über „digitale Arbeitslosigkeit“ und den möglichen sozialpolitischen Herausforderungen. Aber die Instrumentalisierung von Studienfür effektheischende Aussagen ist ein weit verbreitetes Phänomen: „Etwa die Hälfte aller heutigen Arbeitsplätze in der westlichen Welt könnten schon 2030 nicht mehr existieren“, so der Philosoph Richard David Precht und der Informatiker Manfred Broy in ihrem Artikel Daten essen Seele auf vom 9. Februar 2017. Precht und Broy haben sich diese Zahlen nicht ausgedacht, sie berufen sich auf „eine große Studie aus Oxford“. Da ist sie wieder, diese Studie.

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