Zwangsläufig, weil systembedingt: Geringverdiener und viele Frauen bleiben im deutschen Rentensystem auf der Strecke

»In einer aktuellen Studie kritisiert die OECD das deutsche Rentensystem. Die Experten bemängeln, dass es hierzulande keine Mindestrente gibt, und stellen extreme Unterschiede zwischen den Renten von Männern und Frauen fest«, kann man in diesem Artikel lesen: Ökonomen rechnen mit deutschem Rentensystem ab. Die Zusammenfassung kommt ernüchternd daher: »In ihrer Studie Pensions at a Glance 2017 weist die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) darauf hin, dass Deutschland in Sachen Mindestrente eine Ausnahme ist. In den meisten Mitgliedsländern gibt es diese Variante, um Geringverdiener im Alter nicht auf Sozialhilfeniveau absinken zu lassen. In Deutschland droht ihnen dagegen Armut im Alter. Ein Arbeitnehmer, der ein Leben lang weniger verdient hat als der deutsche Durchschnitt, erhält, wenn er heute in Rente geht, im Schnitt nur 55 Prozent seines Lohns als Rente. Das ist wenig: Der Durchschnitt in den OECD-Mitgliedsstaaten liegt bei 73 Prozent. Besonders Frauen trifft es hart: Sie haben im Schnitt nur 46 Prozent der Rente zur Verfügung, die ein Durchschnittsmann in Deutschland erhält. Die OECD führt das darauf zurück, dass die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern in der Bundesrepublik vergleichsweise hoch sind und ein großer Anteil der Frauen in Teilzeit arbeitet. Aus diesen Gründen erwarten die Experten in diesem Bereich auch keine Besserung.« 

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Armutsrenten: Wenn vorleistungsabhängige Renten und vorleistungsunabhängige Grundsicherung immer mehr verschmelzen. Und was das (auch) mit dem Rentenniveau zu tun hat

Winfried Schmähl war viele Jahre Vorsitzender des Sozialbeirats der Bundesregierung und ist einer der wenigen wirklichen Rentenexperten. Die man vor allem dann erkennen kann, wenn sie aufgrund der Durchdringung der zugegeben komplizierten Systeme in unserer sozialpolitischer Landschaft frühzeitig den Finger auf Entwicklungen und deren nicht gutes Ende legen, wenn viele noch gar nicht sehen, was da wie und wo auf die Schiene gesetzt wird. Und Schmähl war ein frühzeitiger Warner vor den Folgen von Systemveränderungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung.

Im Jahr 2012 begann Winfried Schmähl einen Beitrag für die Zeitschrift „Wirtschaftsdienst“ mit diesen kompakten Worten: »Bei ihrer Gründung 1889 dominierte in der Gesetzlichen Rentenversicherung das Ziel, Armut bei Invalidität und im Alter zu lindern. Dies wurde erst 1957 mit der großen Rentenreform anders. Seitdem dienen Renten nicht mehr nur als Zuschuss zur Finanzierung des Lebensunterhalts, sondern als Lohnersatz. Seit der Jahrtausendwende haben verschiedene Reformen den Weg zurück zur Rente als Zuschuss vorgezeichnet.« Dieser Hauptthese folgend ist der Beitrag dann auch zutreffend überschrieben mit: Von der Rente als Zuschuss zum Lebensunterhalt zur „Zuschuss-Rente“. Und er hat bereits damals auf einen Sachverhalt hingewiesen, der uns in der aktuellen rentenpolitischen Diskussion bewegt bzw. bewegen sollte. 

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Von Armutsgefährdungsquoten und bedenklichen Entwicklungen hinter den großen Zahlen

Das Armutsrisiko war – gemessen an der Armutsgefährdungsquote – im Jahr 2016 in den südlichen Bundesländern Baden-Württemberg mit 11,9 Prozent und Bayern mit 12,1 Prozent am geringsten. Das bundesweit höchste Armutsrisiko wies Bremen mit 22,6 Prozent auf, gefolgt von Sachsen-Anhalt mit 21,4 Prozent und Mecklenburg-Vorpommern mit 20,4 Prozent. So findet man das am Anfang einer dieser typisch-trockenen Pressemitteilungen des Statistischen Bundesamtes: Armutsgefährdung in den Bundes­ländern weiter unterschiedlich, so ist die überschrieben. Die neuen Zahlen zur „Armutsgefährdungsquote“ wurden in vielen Medien aufgegriffen. Glückliches Baden-Württemberg – so die Überschrift im Handelsblatt. Zugleich wird dort aber auch gleich am Anfang des Beitrags darauf hingewiesen: »Insgesamt verharrt die Armut in Deutschland auf hohem Niveau.« Und dem Artikel kann man außerdem entnehmen: »Als von Armut bedroht gilt danach jemand, dessen Einkommen 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median) unterschreitet. Im Bundesdurchschnitt verharrt die Armutsgefährdungsquote bei 15,7 Prozent – so hoch wie 2015. In den Jahren davor ist sie stetig gestiegen.« Andere Schlagzeilen von heute: Armut in Berlin: Fast jeder Fünfte von Armut bedroht, so der in Berlin erscheinende Tagesspiegel: »In Berlin lebt fast jeder Fünfte am Rand des Existenzminimums. Berlin liegt dabei an vierter Stelle nach Bremen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpormmern.«

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