Am Welttag für soziale Gerechtigkeit mehr Gerechtigkeit für (ältere) Arbeitslose? Martin Schulz und der alte Wein in alten Schläuchen

Die Vereinten Nationen haben den heutigen 20. Februar zum „Welttag der sozialen Gerechtigkeit“ ausgerufen. Das diesjährige Motto lautet: „Preventing conflict and sustaining peace through decent work”. Anständige Arbeit also, um Konflikte zu vermeiden und den Frieden zu sichern. Absolut richtig und sicher angesichts der Bedeutung der Erwerbsarbeit für Einkommen und soziale Sicherung nur zu unterstreichen. Bleibt man auf dieser Meta-Ebene, werden das viele unterschreiben und unterstützen können. Anders sieht es schon aus, wenn man genauer nachfragt, was man denn unter „Gerechtigkeit“ konkret zu verstehen hat. Ein ganz eigenes Thema, an dem sich nicht nur große Philosophen die Zähne ausgebissen haben. Aber man kann es ja auch ganz handfest untersuchen, wenn man parallel zum Welttag aus der anlaufenden deutschen Wahlkampfmaschinerie ein praktisches Beispiel geliefert bekommt, wie mit (scheinbaren?) Gerechtigkeitsargumenten sozialpolitisches Regelwerk im Sinne einer notwendigen Veränderung adressiert wird. Und der Hinweis auf den anlaufenden Wahlkampf verweist zugleich auf die Vorsichtsregel, dass es möglicherweise gar nicht so sehr um die konkreten Inhalte geht, sondern den Gesetzen der politischen Psychologie folgend um die Adressierung bestimmter Gerechtigkeitsvorstellungen bei den (potenziellen) Wählern. Schauen wir also genauer hin. 

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Immer mehr bestimmte Väter mögen zeitweise das Elterngeld. Sozialpolitische Anmerkungen zu einer selektiven Geldleistung

Das sind Botschaften, die das Herz moderner Familienpolitiker höher schlagen lässt: Väterbeteiligung beim Elterngeld steigt weiter an, so das Statistische Bundesamt in einer Pressemitteilung vom 15. Februar 2017. Der können wir entnehmen: »Für mehr als jedes dritte Kind (35,7 %), das im zweiten Quartal 2015 in Deutschland geboren wurde, bezog der Vater Elterngeld. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, hat sich die sogenannte Väterbeteiligung beim Elterngeld damit im Vergleich zum Vorjahresquartal um 1,3 Prozentpunkte erhöht.« Die markante Entwicklung nach oben kann man auch an diesem Vergleich ablesen: »Bei den im zweiten Quartal 2008 geborenen Kindern war es bundesweit noch jedes fünfte Kind (20,5 %) gewesen, für das der Vater Elterngeld in Anspruch nahm.« Von 20,5 auf 35,7 Prozent – das ist doch ein ganz ordentliches Ergebnis für die zurückliegenden Jahre. Man könnte jetzt natürlich darauf hinweisen, dass es wie immer große Streuungen gibt, wie auch die Bundesstatistiker berichten: »Sachsen war im zweiten Quartal 2015 mit inzwischen 46,7 % weiterhin Spitzenreiter bei der Väterbeteiligung, gefolgt von Bayern mit 43,4 % und Thüringen (42,7 %). Die geringsten Werte wiesen Bremen mit 27,3 % und das Saarland mit 24,5 % auf.« Mit Blick auf den durchschnittlichen Anteilswert könnte man darauf hinweisen, dass der bedeutet, dass weiterhin zwei von drei Vätern keine Elternzeit mit Elterngeldbezug in Anspruch nehmen.

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Zwischen Heilserwartung und sozialpolitischen Widerständen. Einige Anmerkungen zum bedingungslosen Grundeinkommen

Um es gleich an den Anfang dieses Beitrags zu stellen: Hier soll und kann es nicht um eine abschließende Bewertung des Konzepts eines bedingungslosen Grundeinkommens gehen (oder sagen wir besser: der vielen teilweise sehr unterschiedlichen Vorstellungen davon). Zuweilen hat man in der heutzutage sowieso immer gleich von Null auf Hundert beschleunigenden Nicht-Diskussionslandschaft des „Dafür“ oder „Dagegen“ den Eindruck, dass die Auseinandersetzung mit dem, was unter dem Etikett des „bedingungslosen Grundeinkommens“ verhandelt wird, partiell fundamentalistische Züge trägt. Die einen erwarten sich davon die Erlösung von Hartz IV und dem Erwerbsarbeitsjoch unserer Tage, die anderen sehen den Totalabriss der bestehenden sozialen Sicherungssysteme und ein perfides Täuschungsmanöver der Kapitalseite ante portas. Man kann aus guten Gründen die Debatte über ein bedingungsloses Grundeinkommen mit großer Sympathie verfolgen für den gedanklichen Grundansatz, ohne deshalb die skeptischen Stimmen und die Gegenargumente hinsichtlich einer Umsetzbarkeit verdrängen zu müssen.

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