Aus der Welt der Armutslinderung: Den Tafeln ist nicht wirklich zum Feiern zumute. Tafelarbeit zwischen „Politisierung“ und inneren Problemen des eigenen Erfolgs

Die Tafeln – die waren doch vor kurzem wochenlang im Fokus der Medien. Viele werden sich trotz des zunehmend kürzer werdenden Kurzzeitgedächtnisses daran erinnern. Am 22. Februar wurde von der WAZ dieser Beitrag veröffentlicht, der sogleich ganz hohe Wellen und die bundesweit geschlagen hat: Die Essener Tafel nimmt zurzeit nur noch Deutsche auf: »Weil der Anteil nicht-deutscher Nutzer auf 75 Prozent gestiegen ist, hat die Essener Tafel für sie einen Aufnahmestopp verhängt. Vorübergehend.« Der Verein habe sich dazu gezwungen gesehen, weil Flüchtlinge und Zuwanderer zwischenzeitlich 75 Prozent der insgesamt 6.000 Nutzer ausmachten, wird der Vorsitzende der Essener Tafel, Jörg Sartor, in dem Artikel zitiert. Und dann sagt der ehemalige Bergmann einen Satz, der eine Menge Reaktionen auslösen wird: „Wir wollen, dass auch die deutsche Oma weiter zu uns kommt.“ Daraufhin wurden Tafeln in ganz Deutschland von Heerscharen an Journalisten geflutet und alle möglichen Politiker warfen sich an die Interviewfront und der normale Bürger konnte und musste den Eindruck bekommen, dass die Tafeln nun von Flüchtlingen und anderen Migranten übernommen worden sind.

Da wird dann so ein Statement seitens des Dachverbandes der Tafeln mit Blick auf die zunehmende Zahl der Flüchtlinge, Asylbewerber und EU-Zuwanderer, die in die Tafeln kommen, nicht überraschen: »Es kann nicht sein, dass die Politik sich darauf verlässt, dass die Tafeln die Not der Geflüchteten und Zugewanderten auffangen. Es ist eine staatliche Aufgabe und eine humanitäre Pflicht, für einen menschenwürdigen Aufenthalt in Deutschland zu sorgen. Die Tafeln können und wollen nur ein ergänzendes Angebot sein, sie sind keine Vollversorger.«

Nur stammt dieses Zitat nicht aus dem Frühjahr 2018 – sondern aus dem Jahr 2014, als der Jahresbericht 2013 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. So viel dazu, dass es nicht vor dem, was heute wie selbstverständlich und unreflektiert als „Flüchtlingskrise“ bezeichnet wird, Warnungen und Problemhinweise gegeben hat. Nur hat das damals kaum einen wirklich interessiert. Man findet das Zitat übrigens in dem am 29. Mai 2014 in diesem Blog veröffentlichten Beitrag Von der fortschreitenden „Vertafelung“ der unteren Etagen unserer Gesellschaft

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Frauenhäuser. Ein weiteres Beispiel aus dem Mangel-Land Deutschland

Überall diese Klagen über fehlende Mittel, fehlendes Personal und Hinhaltetaktiken der Nicht-Entscheidungsträger. Das betrifft nicht nur die großen Baustellen des Landes wie Pflege, Kindertageseinrichtungen, Wohnungsnot.
Apropos Wohnungsnot – da wären wir schon bei dem hier im Mittelpunkt stehenden Thema Frauenhäuser. Nur die wenigstens kennen ein Frauenhaus oder wissen, wo da, wo sie leben, eines ist. Aber davon gehört haben schon viele. Unter einem Frauenhaus versteht man eine soziale Einrichtung, die Frauen und ihren Kindern im Falle von häuslicher Gewalt Hilfe, Beratung und vorübergehend eine geschützte Unterkunft anbietet, so beispielsweise das Fachlexikon der sozialen Arbeit. Es geht hier also nicht um irgendwelche Befindlichkeitsstörungen, sondern um teilweise schwer traumatisierte Frauen (und ihre Kinder), die einen Zufluchtsort brauchen.

Im Jahr 1976 eröffneten in Köln und Berlin die ersten Frauenhäuser, in denen Opfer häuslicher Gewalt Schutz und Beratung finden konnten. Genauso lange kämpfen diese Einrichtungen auch um ihr finanzielles Überleben. Derzeit gibt es bundesweit mehr als 350 Frauenhäuser – entweder autonom verwaltet oder in Trägerschaft eines Wohlfahrtsverbandes. Und nicht erst in diesen Tagen wird davon berichtet, dass diese Schutzeinrichtungen erhebliche Probleme haben. Und das hängt – nicht nur, aber auch – mit der Finanzierung zusammen. 

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Die Erwerbsarbeitszeit und ihre gesetzliche Entgrenzung: Klassenkampf in Österreich – und in Deutschland (nicht nur) die FDP?

Es ist sicher keine Übertreibung, wenn man die Arbeitszeitfrage als eine der wichtigsten und naturgemäß umstrittensten Fragen bei der Ausgestaltung der Arbeitsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern hervorhebt. Das entspringt dem niemals auflösbaren, sondern nur auf dem Wege des Kompromisses modellierbaren Dilemmas, dass die einen möglichst ungehindert und unbegrenzt auf die Arbeitskraft zugreifen und diese nach den jeweiligen betrieblichen Anforderungen nutzen möchten, während die anderen ein großes Interesse daran haben, dass sich die Erwerbsarbeit in einem geregelten Rahmen bewegt und dass dieser Planbarkeit sowie eine Synchronisierung mit dem privaten Leben (das aber auch die notwendigen Zeiten der Regeneration und Erhaltung der Arbeitskraft, die man auf dem Erwerbsarbeitsmarkt verkaufen muss, beinhaltet) ermöglicht. Und eine gleichsam dritte Seite in diesem Geflecht hat das berechtigte Schutzinteresse der Arbeitnehmer angesichts der auf vielen Teilarbeitsmärkten gegebenen Asymmetrie der Machtverhältnisse vor Augen, um die Arbeitnehmer mit Schutzregelungen vor einer Überausbeutung durch die Arbeitgeber, aber angesichts der zuweilen anzutreffenden Nicht-Wahrnehmung der eigenen Verletzbarkeit auch vor Selbstausbeutung zu bewahren, wozu dann beispielsweise Arbeitszeitgesetze und damit zusammenhängende Regelungen dienen (sollen). 

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