Die große Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ist tariffähig, sagt das Bundesarbeitsgericht. Auch da, wo sie ganz klein ist: In der Pflegebranche

In den vergangenen Monaten und Jahren ist in der pflegepolitischen Diskussion immer wieder gerade mit Blick auf die Langzeit- bzw. Altenpflege darauf hingewiesen worden, dass der extrem niedrige gewerkschaftliche Organisationsgrad der Beschäftigten mit ein Grund dafür sei, dass die von vielen ebenfalls seit Jahren angemahnten Verbesserungen der Arbeitsbedingungen nur schleppend vorankommen bzw. sogar eine weitere Verschlechterung nicht verhindert werden konnte.

Und schon vor Jahren wurde darauf hingewiesen, dass gerade in der Altenpflege mit ihren vielen eher kleinteiligen Einrichtungen und Diensten und dem zunehmenden Anteil an privat-gewerblichen Trägern ein gewerkschaftliches Machtvakuum zu beklagen sei, was auch dazu beigetragen habe, dass (im Zusammenspiel mit der Sonderrolle der den freigemeinnützigen Sektor der Altenpflege dominierenden kirchlichen Träger, die eigene Regelungswerke haben) es in diesem Bereich eine tariflose Zone geben würde, bei der man noch nicht einmal von einer „tarifpolitischen Erosion“ sprechen kann, die seit den 2000er Jahren zunehmend kritisch diskutiert wird, denn es gibt kaum, geschweige denn flächendeckende Tarifverträge.

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Die eigentlich gesetzlich festgelegte Höchstdauer der Überlassung von Menschen in der Leiharbeit darf – nun höchstrichterlich bestätigt – durch Tarifverträge auch bei Nicht-Tarifbindung überschritten werden

Der eine oder andere wird sich noch erinnern, als Andrea Nahles – heute Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA) – im Jahr 2016 noch in ihrer Funktion als Bundesarbeitsministerin in der Koalition von Union und SPD das die Leiharbeit in unserem Land regelnde Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) „reformiert“ hat. In dem 2016 vorgelegten Gesetzentwurf der damaligen schwarz-roten Bundesregierung hieß es viel versprechend: „Arbeitnehmerüberlassung soll gute Arbeit sein“, wozu „berufliche Sicherheit ebenso wie ein fairer Lohn“ gehören. Mit dem Gesetz soll „die Funktion der Arbeitnehmerüberlassung als Instrument zur zeitlich begrenzten Deckung eines Arbeitskräftebedarfs geschärft, Missbrauch von Leiharbeit verhindert, die Stellung der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer gestärkt“ werden (Bundestags-Drucksache 18/9232). Bereits unmittelbar nach der Verabschiedung des Gesetzes wurde hier am 6. Oktober 2016 kritisch – vor dem Hintergrund, dass es sich um einen Kompromiss zwischen zwei Regierungspartnern handelte, die ganz unterschiedliche Perspektiven auf die Leih- bzw. Zeitarbeit haben, auch nicht wirklich überraschend – bilanziert: Ein „kleingehäckseltes“ koalitionsvertragsinduziertes Abarbeitungsgesetz zu Leiharbeit und Werkverträgen. Bereits in dem Beitrag findet man mit Blick auf die ursprüngliche Absicht, die Höchstüberlassungsdauer von Leiharbeitern auf 18 Monate zu begrenzen, diesen Hinweis: Aus den ursprünglichen 18 Monaten ist das hier geworden: 18 + (ohne Obergrenze) oder (24).

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Von einer möglichen zu einer tatsächlichen Umwälzung des deutschen Arbeitszeitrechts? Das „Stechuhr-Urteil“ des Bundesarbeitsgerichts

Am 10. August 2022 wurde hier der Beitrag Kommt sie oder kommt sie nicht? Über eine mögliche Umwälzung des deutschen Arbeitszeitrechts veröffentlicht. Im ersten Teil des Beitrags wurde eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Mai dieses Jahres behandelt, die auf Unternehmensseite für Erleichterung gesorgt hat. Um diese Entscheidung zu verstehen, muss man erinnern an den Mai 2019. Damals hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine wegweisende und heftig diskutierte Entscheidung verkündet: EU-Staaten müssen Arbeitgeber zur Arbeitszeiterfassung verpflichten, so das Urteil des EuGH vom 14. Mai 2019 (C-55/18). Und zwar alle Mitgliedstaaten der EU. Sofort ging eine heftige, teilweise hyperventilierende Debatte in Deutschland los, was das nun bei uns bedeutet und wann das Arbeitsrecht seitens der Bundesregierung geändert wird, um die EuGH-Vorgaben umzusetzen. Nun haben wir September 2022 und nichts ist bislang dahingehend passiert. Die Bundesregierung arbeitet angeblich noch daran, die EuGH-Vorgaben von 2019 zur Einführung einer objektiven, verlässlichen und zugänglichen Arbeitszeiterfassung in deutsches Recht umzusetzen.

Das Arbeitsrecht ist in weiten Teilen Richterrecht, vor allem durch die Auslegung der „unbestimmten Rechtsbegriffe“ für die praktische Rechtsanwendung im Einzelfall. Auch das EuGH-Urteil selbst ist gespickt mit „unbestimmten“ Formulierungen, wenn es um die Aufträge an die nationalen Gesetzgeber in der EUgeht: »Es obliegt den Mitgliedstaaten, die konkreten Modalitäten zur Umsetzung eines solchen Systems, insbesondere der von ihm anzunehmenden Form, zu bestimmen und dabei gegebenenfalls den Besonderheiten des jeweiligen Tätigkeitsbereichs oder Eigenheiten, sogar der Größe, bestimmter Unternehmen Rechnung zu tragen.«

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