Nicht selten trifft man in Deutschland auf die verfestigte Meinung, wir seien ein Land der Statistik-Junkies. Alles wird gezählt. Die Zahl der (noch) lebenden Schafe, die der verkauften und versteuerten Zigaretten. Selbst die Umsätze im horizontalen Gewerbe werden mittels Näherungsverfahren geschätzt, was nicht ohne Aufwand abgeht. Das letzte Beispiel verdeutlicht aber auch, dass die Produktion von Zahlen in der Regel – von durchaus immer auch vorhandenen skurrilen Ausnahmen abgesehen – interessengeleitet ist, denn die Abschätzung der Einnahmen der Prostituierten dient als Ausgangsbasis für die Heranziehung dieser Personen zur Entrichtung von Steuern. Da ist es natürlich naheliegend, die These in den Raum zu stellen, auch die bewusste Nicht-Produktion könnte eine interessengeleitete Tat sein – was immer auch zu prüfen wäre vor dem Hintergrund der oftmals zur Verteidigung einer Nicht-Erhebung vorgetragenen Behauptung, aus methodischen Gründen könne man leider die gewünschten Daten nicht liefern.
Es geht konkret um die Menschen ganz unten, um Obdachlose. Die »Wohnungslosen werden nicht gezählt. Ist diese Statistik wirklich nicht machbar? Oder politisch nicht gewollt?«, so die Fragestellung in dem Artikel Obdachlose ohne Statistik von Timo Reuter.