Die 2015 eingeführt Mietpreisbremse darf weiter bremsen, so das Bundesverfassungsgericht. Wenn sie denn bremst. Und die einen wollen überall die Bremse und den anderen ist sie ein Dorn im Auge

Die Mietpreisbremse wurde im Juni 2015 als Möglichkeit eingeführt. Bei Neuvermietungen darf der Vermieter nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen. Als die Mietpreisbremse gesetzgeberisch ermöglicht wurde, gab es kontroverse Debatten und eine Menge Widerstand auch innerhalb der Regierungskoalition, da sich die Union lange Zeit diesem Vorhaben widersetzt hat. Für die einen war das gleichsam ein Schlüsselprojekt in Zeiten stark steigender Mieten und um sich greifender Wohnungsnot vor allem in den Großstädten, für die anderen ein unzulässiger regulatorischer Eingriff in den Wohnungsmarkt und eine letztendlich investitionsfeindliche Gängelung der Vermieter.

Schon 2015 gab es differenzierte Stimmen zwischen den beiden Lagern derjenigen, die eine Menge Hoffnung in das Instrument projiziert haben (und das auch heute noch tun) und den anderen, die darin lediglich regulatorisches Teufelszeug erkennen wollen. Ein skeptischer Einwand damals ging so: Die Mietpreisbremse soll die Schwachen auf dem Wohnungsmarkt schützen. Doch es droht ein gegenteiliger Effekt: Die neue Regelung dürfte häufig gut betuchten Menschen zu günstigem Wohnraum verhelfen. Nicht nur Neubauten und grundlegend sanierte Wohnungen sind ausgenommen von der Deckelung der Mietpreissteigerungen. Auch auf laufende Mietverträge und deren Miethöhen hat die Mietpreisbremse keinen Einfluss. Vgl. dazu den Beitrag Jetzt wird es besser für die gebeutelten Wohnungssuchenden – die Mietpreisbremse kommt. Fragt sich nur, für wen was besser wird vom 25. Februar 2015.

»Der wichtigste Einwand bezieht sich darauf, dass die Mietpreisbremse zwar ein preisregulatorischer Eingriff ist, dieser bezieht sich aber „nur“ auf den Bestand, genauer: nur auf einen Teil des Bestandes und das bei einer gegebenen oder gar wachsenden Nachfrage: Die Wohnungsknappheit in gefragten Regionen wird durch die Preisbremse nicht beseitigt. Dort werden die Bewerber bei der Besichtigung weiterhin Schlange stehen. Und wenn der Vermieter wählen darf, dürfte klar sein: Er entscheidet sich für denjenigen Mieter, der ihm am solventesten erscheint. Bei Funktionsfähigkeit der Mietpreisbremse könnte das Doppelverdiener-Paar ohne Kinder nun günstiger an die Wohnung kommen als es ansonsten der Fall gewesen wäre. Man kann es drehen und wenden wie man will: So lange die Nachfrage das Angebot übersteigt, haben die Schwächeren, die mit geringem Einkommen und vielen Kindern, auf dem Mietmarkt immer das Nachsehen«, so die Ausführungen in diesem Beitrag vom 27. Januar 2019: Eine Bremse, die ein wenig bremst und an anderer Stelle beschleunigt. Zur Ökonomie der Mietpreisbremse.

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Die soziale Spaltung nimmt in vielen Städten weiter zu. Von der brüchiger werdenden sozialen Architektur bis hin zu armen Stadtteilen als „Gewinner“ der Zuwanderung

Die langen Schlangen bei den Sammelterminen für die Besichtigung einer zur Vermietung ausgeschriebenen Wohnung in vielen Städten versinnbildlichen nicht nur die Tatsache, dass wir im Bereich der halbwegs bezahlbaren Wohnungen in vielen Städten ein enormes Angebots-Nachfrage-Dilemma haben, hinter dem zahlreiche individuelle Schicksale wohnungssuchender Menschen stehen. Zugleich deutet der enorme Nachfrageüberhang darauf hin, dass bei einem solchen Ungleichgewicht strukturelle Effekte zu erwarten sind, vor allem in Form von Verdrängung und einer Entmischung von Stadtvierteln.


In der Stadtforschung wird darauf seit langem hingewiesen. Im vergangenen Jahr haben Marcel Helbig und Stefanie Jähnen diese Studie dazu veröffentlicht: Wie brüchig ist die soziale Architektur unserer Städte? Trends und Analysen der Segregation in 74 deutschen Städten (2018). Die beiden Wissenschafter untersuchen die räumlich ungleiche Verteilung der Wohnstandorte verschiedener Bevölkerungsgruppen in deutschen Städten. Sie beleuchten alle drei Dimensionen der residenziellen Segregation: die soziale, die ethnische und die demografische.

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Mieten und Immobilienpreise steigen vor sich hin – und der Staat fördert einen Teil davon durch die steuerliche Begünstigung von Renditejägern

Ohne Frage – für viele Menschen nicht nur im unteren Einkommensbereich, sondern zunehmend für viele normale Durchschnittsverdiener ist der Mangel an halbwegs bezahlbaren Wohnraum gerade in den wachsenden Städten eine existenzielles Problem. Für die grassierende Wohnungsnot gibt es natürlich mehrere, teilweise ganz unterschiedliche Gründe. Aber eine Rolle spielt sicher der Tatbestand, dass sich in diesem Bereich zahlreiche Spekulanten und Renditejäger tummeln, die nicht nur, aber auch angesichts des Defizits an anderen renditenträchtigen Anlagemöglichkeiten das reichlich vorhandene Geld (also natürlich nicht bei allen, sondern den Anlegern) in den Immobilienbereich schleusen. Und die dort Kasse machen wollen.

Und die Mieten und Kaufpreise für Immobilien steigen und steigen. Und diese Bewegung der Preise nach oben wird auch durch staatliche Anreize gefördert statt begrenzt. Mit Blick auf den Preisanstieg führt Tal Schönball in seinem Kommentar Der Staat darf Renditejägern keine Steuerschlupflöcher lassen aus: »Schuld daran ist der Markt. Und der Staat. Denn der hat einer kleinen Gruppe von Investoren ein Jahrhundertgeschenk gemacht: Steuerfreiheit auf den Immobilienhandel. Dafür müssen die Investoren ihre hübschen Häuser nur in eine nette Verpackung verhüllen, in einen „Firmenmantel“. Schon ist die Steuerpflicht ausgehebelt – durch einen sogenannten „share deal“.«

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