Wohnst Du schon oder hoffst Du noch? Wohnen als soziale und ökonomische Frage. Und wie die Große Koalition damit umzugehen beabsichtigt

Da muss doch Hoffnung aufkommen: Ein „Paket für bezahlbares Bauen und Wohnen“ hat die zuständige Koalitionsverhandlungsgruppe ausgearbeitet und die Rezeption in den Medien war enorm:  Union und SPD haben sich in den Koalitionsverhandlungen auf eine Mietpreisbremse geeinigt, die Vermieter sollen die Makler bezahlen und für Investoren soll es wieder eine besonders interessante Form der Abschreibung geben, die degressive Abschreibung, so ein Artikel in der FAZ. Man wolle die massiv steigenden Mieten vor allem in den Großstädten bremsen und den Bau neuer Wohnungen ankurbeln.

Doch bevor wir in die Details der geplanten Maßnahmen einsteigen, lohnt ein Blick auf die sich überaus differenziert und gespalten darstellende Entwicklung beim Thema Wohnen. Im Frühjahr des vergangenen Jahres hat das Eduard-Pestel-Institut eine Analyse vorgelegt über „den“ Wohnungsmarkt in Deutschland:

➔ Pestel-Institut: Mietwohnungsbau in Deutschland – regionale Verteilung, Wohnungsgrößen, Preissegmente – im Auftrage der Kampagne „Impulse für den Wohnungsbau“, Hannover 2012

In dieser Studie wird beschrieben, mit welcher durchaus auseinanderlaufenden Entwicklung wir es auf dem Wohnungsmarkt zu tun haben: «Der demografische Wandel bringt noch keine Entlastung der Wohnungsmärkte. Rückläufig ist wegen der niedrigen Geburtenzahlen die Zahl der Kinder. Die Zahl der Erwachsenen – und nur dieser Personenkreis bildet Haushalte und fragt Wohnungen nach – wird noch einigen Jahre ansteigen. Hinzu kommen die Singularisierung und die Veränderung des Wanderungsverhal- tens der Bevölkerung. Die Landflucht und das Verbleiben in den Städten führen zu wachsenden Leerständen in ländlichen Räumen bei gleichzeitiger Verknappung von Wohnraum in den Ballungsräumen. Deutschland hat eine neue Wohnungsnot« (Pestel-Institut 2012: 47).

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Zwischen Himmel und Hölle: Wenn das Wohnen die einen arm und einige andere sehr reich macht

Das Thema Wohnen ist derzeit mal wieder auf dem Weg an die Spitze der für die Menschen besonders wichtigen Themen – dies allerdings aus völlig unterschiedlichen, teilweise absolut gegenläufigen Gründen: Die einen sehen in Immobilien die einzige noch verbliebene Kapitalanlage, infolgedessen fließen große Summen in den Wohnungsmarkt. Sie wollen ihr Geld in Sachwerte investieren und natürlich auch gerne eine Rendite erzielen, die oberhalb der wertfressenden Inflationsrate. Andere hingegen kämpfen in den Regionen, vor allem in den Städten, wo sie arbeiten (müssen), mit massiv steigenden Mieten, was das verfügbare Haushaltsbudget erheblich mindert. Gerade in diesen Städten, wo es oftmals auch die meisten Hochschulen angesiedelt sind, leiden die Studierenden an einer echten Wohnungsnot, werden sie doch auch immer mehr, nicht aber die ihrem Budget entsprechenden Wohnungsangebote. Wieder andere sind mit einem ganz anderen Phänomen konfrontiert: Sie leben in ländlichen Regionen, in denen nichts ist mit Wertanlage Immobilie, sondern wo sie mit sinkenden Preisen, massiven Leerständen und Abwanderung zu kämpfen haben. In den Metropolen boomt der Immobilienmarkt. Doch in weiten Teilen des Landes sieht es anders aus: Dort stehen Häuser leer. Warum die Deutschen in die Städte flüchten und welche dramatische Spaltung des Immobilienmarktes beobachtbar ist, darüber berichtet der Handelsblatt-Beitrag „Wo Häuser nichts mehr wert sind“ von Jörg Hackhausen und Jens Hagen ausführlich.

Aber es gibt neben den grundsätzlichen Angebots-Nachfrage-Fragen auch zwei ganz besondere sozialpolitische Dimensionen des Themas Wohnen, die durch neue Veröffentlichungen ans Tageslicht gezogen werden: Zum einen die Frage der (Nicht-)Übernahme der Wohnkosten für die vielen Menschen im Grundsicherungsbezug, also in Hartz IV. Zum anderen die offensichtliche Problematik, dass Menschen, vor allem Familien mit Kindern, in bestimmten sehr teuren Regionen/Städten durch die Kosten der Unterkunft auf ein Einkommensniveau unterhalb der Grundsicherung gedrückt werden, auf dass sie unter normalen Preisverhältnissen für das Wohnen nicht gekommen wären. Es geht also um eine Art „Wohnungsarmut“, womit aber nicht oder nicht primär der Mangel an Wohnungen gemeint ist, sondern dass man durch das Wohnen arm wird (oder bleibt).

Die Bertelsmann-Stiftung hat nun die von ihr in Auftrag gegebene Studie „Wohnungsangebot für arme Familien in Großstädten. Eine bundesweite Analyse am Beispiel der 100 einwohnerstärksten Städte“ veröffentlicht: »In größeren Städten landen einkommensschwache Familien durch hohe Mieten oftmals unterhalb der staatlichen Grundsicherung. In mehr als jeder zweiten größeren Stadt erhöhen die Mietpreise das Armutsrisiko von Kindern. Vielerorts herrscht ein erheblicher Mangel an Wohnungen, die für Familien geeignet und auch bei niedrigem Einkommen erschwinglich sind. Kinder wachsen daher längst nicht nur dann in armen Verhältnissen auf, wenn ihre Familie staatliche Grundsicherung bezieht«, so die Stiftung in der Pressemitteilung „Armut nicht nur eine Frage von Hartz IV„. Der sozialpolitisch brisante Befund:

»Wer als Familie weniger als 60 Prozent des ortsüblichen mittleren Einkommens verdient, hat in 60 der 100 größten deutschen Städte nach Abzug der Miete im Durchschnitt weniger Geld zur Verfügung als eine Hartz-IV-Familie.«

Familien aus der unteren Mittelschicht und oberen Unterschicht geraten in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt finanziell stark unter Druck und vor diesem Hintergrund fordert der Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, Jörg Dräger, eine stärker regionale Erfassung wie auch Bekämpfung von Armut.

Damit wird ein grundsätzliches Problem der Armutsforschung adressiert: Eine einheitliche Armutsgrenze lässt regionale Unterschiede der Lebenshaltungskosten außer Acht und kann dadurch zu Fehlschlüssen verleiten: Denn natürlich ist es so – »ein Einkommen von 2.000 Euro ist etwa in Zwickau ungleich mehr wert als in Hamburg«. Ohne Frage. Deshalb wird für einen anderen Ansatz plädiert. Die Studie »berechnet für die 100 größten deutschen Städte, was eine nach regionalen Maßstäben einkommensschwache vierköpfige Familie monatlich ausgeben kann, nachdem sie die Kosten für das mit Abstand teuerste Konsumgut beglichen hat – das Wohnen.«

Die Berücksichtigung der regional stark divergierenden Wohnkosten kann zwei völlig unterschiedliche Auswirkungen haben:

»In Jena bleiben einer Familie mit zwei Kindern nach Überweisung der Miete rechnerisch nur 666 Euro pro Monat. Das verfügbare Einkommen liegt demnach 43 Prozent unter der staatlichen Grundsicherung, auf die eine vergleichbare Familie ohne Erwerbseinkommen Anspruch hat und die bundesweit einheitlich 1.169 Euro beträgt. Ähnliche Auswirkungen haben die hohen Wohnkosten in Frankfurt/Main, Freiburg und Regensburg, wo einkommensschwache Familien nach Entrichtung der Miete durchschnittlich 37, 33 und 26 Prozent unter Hartz-IV-Niveau landen.«

Aber eben auch:

»In Heilbronn, wo relativ hohe Durchschnittseinkommen auf einen entspannteren Wohnungsmarkt treffen, hat eine Familie unter denselben Annahmen monatlich 1.941 Euro zur Verfügung, mithin 66 Prozent mehr als die staatliche Grundsicherung. Auch in Iserlohn, Witten und Bergisch-Gladbach sinkt durch günstigere Mieten das Armutsrisiko für Familien mit Kindern. Dort liegt das Budget von einkommensschwachen Familien nach Abzug der Wohnkosten 53, 48 und 45 Prozent oberhalb der staatlichen Grundsicherung.«

Das hat krasse Auswirkungen auf das verfügbare Budget der Familien: In Frankfurt/Main, Jena, Freiburg und München geben einkommensschwache Familien durchschnittlich mindestens jeden zweiten Euro für die Miete aus. In Iserlohn und Witten hingegen bleiben 80 Prozent des Familieneinkommens für sonstige Lebensbereiche. Der bundesweite Durchschnittswert für die Ausgaben für das Wohnen liegen bei 30%.

Die Studie kommt außerdem zu dem Ergebnis: »Die Wirtschaftskraft einer Stadt ist ebenso wenig allein ausschlaggebend für das Mietniveau wie das quantitative Angebot an Wohnungen, die von Größe und Zuschnitt für Familien geeignet sind. Am ehesten ist noch ein Zusammenhang zur demographischen Entwicklung festzustellen – in wachsenden Städten schrumpft tendenziell der Wohnungsmarkt im unteren Preissegment.« Dies passt zu den Erkenntnissen, die in dem Beitrag „Wo Häuser nichts mehr wert sind“ präsentiert werden: »Die Landflucht in Deutschland hat ganz verschiedene Gründe: Einer der wichtigsten: der demographische Wandel … Hinzu kommt ein struktureller und wirtschaftlicher Wandel in Deutschland. Arbeitsplätze entstehen heutzutage kaum noch in der Industrie, schon gar nicht in der Landwirtschaft, sondern im Bereich Dienstleistungen. „Die Leute gehen dorthin, wo die Jobs sind. Die gibt es in den Ballungsgebieten“, sagt Michael Voigtländer, Immobilienexperte des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.«
Die sozialpolitische Dimension des Themas wird auch durch eine parallel zur neuen Bertelsmann-Studie veröffentlichte Daten-Auswertung von Johannes Steffen untermauert, der sich speziell die Gruppe der Hartz IV-Empfänger angeschaut hat: „630 Millionen Euro zu Lasten des Lebensunterhalts. Hartz-IV-Haushalte bleiben auf Unterkunftskosten sitzen„, so der Titel seiner kompakt auf einer Seite zusammengefassten Berechnungsergebnisse, die er auf dem „Portal Sozialpolitik“ veröffentlicht hat. Quelle des von ihm beschriebenen Problems ist die Tatsache, dass die Kommunen Bedarfe für Unterkunft und Heizung nur insoweit berücksichtigen, wie diese „angemessen“ sind (§ 22 SGB II). Über die diesbezüglichen Richtlinien wird vor Ort entschieden – in der Regel vor dem Hintergrund der regionalen Mietniveaus und der Mietobergrenzen des Wohngeldgesetzes. Es sei in diesem Zusammenhang nur darauf hingewiesen, dass gerade strittige Fragen hinsichtlich dessen, was der unbestimmte Rechtsbegriff „angemessene“ Kosten der Unterkunft genau bedeutet, eine der wichtigsten Gründe für die unzähligen Rechtsstreitigkeiten in Angelegenheiten des SGB II vor den Sozialgerichten darstellt.

Während die Hartz-IV-Haushalte 2012 rund 15,5 Milliarden Euro für laufende Kosten der Unterkunft (KdU) aufwenden mussten, wurden von den SGB-II-Trägern nur gut 14,8 Milliarden Euro anerkannt. Die Differenz in Höhe der 630 Mio. Euro mussten die Betroffenen damit faktisch aus ihrem Regelbedarfs-Budget decken, das eigentlich zur Sicherung des Lebensunterhalts vorgesehen ist. Und der von den SGB-II-Trägern tatsächlich geleistete Aufwand für die Kosten der Unterkunft fällt noch eimal niedriger aus: 2012 waren dies rund 13,3 Milliarden Euro, denn es gibt Sanktionen mit entsprechenden Leistungskürzungen oder anrechenbares Einkommen und Vermögen der Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften.

Dabei gibt es schon auf der Ebene der Bundesländer eine erhebliche Streuung: Am höchsten waren die prozentualen Einsparungen in Rheinland-Pfalz und im Saarland, während die niedrigsten Anteilswerte auf die drei Stadt-Staaten entfielen: »Besonders hoch war die jährliche Ersparnis der Jobcenter auf Länderebene in Rheinland-Pfalz mit 306 Euro pro Bedarfsgemeinschaft und im Saarland mit 289 Euro; die niedrigste durchschnittliche Ersparnis wiesen Bremen (133 Euro) und Berlin (163 Euro) auf.«

Auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte ist die Varianz noch größer.
Es bleibt eine unangenehme Frage im Raum stehen: Gibt es eine relativ einfache Lösung dieser Probleme, die ja auch und gerade Probleme durch ganz unterschiedliche Knappheitsrelationen auf dem Immobilienmarkt sind?

Nehmen wir das Beispiel mit der Erstattung der „angemessenen“ Kosten der Unterkunft. Eine ganz andere Lösung wäre, man würde die Kosten insgesamt erstatten oder abgeschwächt, dass man die Kostenerstattungsgrenzen nach oben setzt. Im Ergebnis könnte diese gut gemeinte Maßnahme aber dazu führen, dass sich am Problem nichts ändert – dann nämlich nicht, wenn die Angebotsseite entsprechend reagiert und einfach das Preisniveau nach oben anpasst.

Viele Hartz IV-Empfänger stehen vor dem Problem, dass sie einen Teil ihrer tatsächlichen Unterkunftskosten aus ihren Regelleistungen bestreiten müssen und gleichzeitig gar nicht die Möglichkeit haben, in eine günstigere Wohnung umzuziehen, weil es vor Ort solche Wohnungen, um die ja viele konkurrieren, gar nicht gibt. Dies verweist auf das grundsätzliche Problem des Mangels an (bezahlbaren) Wohnraum an sich, der natürlich gerade in den Regionen/Städten, in denen die Wirtschaft gut läuft und die von Zuwanderungen profitieren, bereits heute Mangelware sind. Dieser Punkt verweist zugleich darauf, dass die nunmehr für diese Regionen von Teilen der Politik geforderten Mietpreisbegrenzungen den einen oder anderen im Bestand schützen könnten, aber zugleich nichts an dem Angebotsproblem, das zu wenige Wohnungen insgesamt zur Verfügung stehen, lösen würde. Ganz im Gegenteil könnte es durchaus am Ende zu weniger Neubauten im preiswerten Bereich kommen, weil durch die Preisgrenzen Investoren abgeschreckt werden oder sich auf andere Marktsegmente fokussieren. Wieder einmal zeigt sich an dieser Stelle, wie fatal es war, dass der Staate die Förderung des sozialen Wohnungsbaus so runtergefahren hat. Denn das war und ist das einzige Instrument, mit dem man eine Angebotsausweitung erreichen kann.
Wir befinden uns hier also in einem mehrfachen Dilemma und wirklich weiterführende Lösungsansätze werden dringend gesucht.

Droht ein sozialer „Wohn-Abstieg“ für viele Rentner?

(Zunehmende) Altersarmut ist ein großes Thema – die einen spielen das heute schon vorhandene Ausmaß an Altersarmut herunter und argumentieren, noch nie sei es einer Rentnergeneration so gut gegangen wie der von heute, was im Durchschnitt auch stimmt. Aber es gibt eben auch gegenwärtig schon viele, die unter dem Durchschnitt leben (müssen). Und alle seriösen Prognosen zeigen, dass es angesichts der erheblichen Eingriffe des Gesetzgebers in die Mechanik der Rentenformel zu einem erheblichen Anstieg der Altersarmut unter einem Teil der älteren Menschen in den vor uns liegenden Jahren kommen muss, wenn man nicht fundamentale Veränderungen im Rentensystem vornimmt.
Vor diesem Hintergrund sind die alarmierenden Meldungen über einen drohenden sozialen „Wohn-Abstieg“ für viele Rentner zu lesen, denn der »Wohnungsmarkt ist auf die steigende Zahl älterer Menschen nicht vorbereitet. Es fehlt an barrierearmen Wohnungen. Ebenso an kleinen Wohnflächen«, so der Deutsche Mieterbund in der Pressemitteilung „2,5 Mio. Senioren-Wohnungen fehlen – Pflegekosten-Explosion droht„. Ausgelöst wurde die Berichterstattung über dieses Thema – das es  sogar auf die Titelseite der BILD-Zeitung geschafft hat, die in der ihr eigenen Art ihre Leser mit der Ansage konfrontiert: „So rutschen Rentner in die Wohnungsarmut. Jeder Vierte ist 2035 auf Grundsicherung angewiesen“ – durch die Veröffentlichung einer Studie des Pestel-Instituts in Hannover.

Die Studie, das muss man wissen, wurde in Auftrag gegeben vom Bündnis „Wohnen65plus“, einem Zusammenschluss unterschiedlicher Verbände. Dazu gehören: der Deutsche Mieterbund (DMB), der Sozialverband VdK Deutschland, der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB), die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB). Es handelt sich hierbei also um Verbände, die alle aus ihrer jeweiligen Perspektive ein Interesse haben, dass mehr Wohnungen gebaut oder umgebaut werden.

Jonas Rest berichtet in seinem Artikel „Die graue Wohnungsnot“ über die wichtigsten Erkenntnisse, die man aus der Studie ziehen kann: »Es fehle massenhaft an altersgerechten Wohnungen und kleinen Wohnflächen, die sich auch noch Menschen in Altersarmut leisten können, heißt es in der Untersuchung.« Pestel-Studienleiter Matthias Günther wird mit den Worten zitiert: „Es gibt eine graue Wohnungsnot“. Die Zahl der Rentner werde »bis zum Jahr 2035 um 40 Prozent gegenüber heute zunehmen. Es ist die Babyboomer-Generation, die dann in Rente geht – und viele von ihr werden auf den Staat angewiesen sein, um zu überleben. Niedriglöhne, prekäre Selbstständigkeit und Arbeitslosigkeit führen dem Institut zufolge dazu, dass in den kommenden zwanzig Jahren mehr als jeder vierte Rentner von Altersarmut betroffen sein wird. Gegenwärtig sind es rund drei Prozent.«
In der bisherigen Wohnung zu bleiben wird für viele Rentner zum Luxus werden, den sich immer weniger leisten werden können. Aber wenn sie dann umziehen müssen, werden sie erhebliche Schwierigkeiten bekommen, eine altersgerechte Wohnung zu finden.

Das Pestel-Institut hat in seiner Studie berechnet, »dass in Deutschland in den nächsten acht Jahren 2,5 Millionen zusätzliche barrierefreien Wohnungen eingerichtet werden müssten – allein in Berlin fehlen 100.000 solcher altersgerechter Wohnungen. Kritisch ist oft der Zugang zur Wohnung oder das Bad, in dem die Badewanne durch eine bodengleiche Dusche ersetzt werden müsste.«
Der Umbau zu einer barrierearmen Wohnung kostet durchschnittlich 15.600 Euro – eine Investition, die sich bereits nach zwei Jahren auszahlen würde. Nach zwei Jahren, wenn man berücksichtigt, dass ansonsten höhere Pflegekosten durch die oftmals notwendig werdende stationärer Betreuung und Pflege anfallen würden.

Um den erforderlichen altersgerechten Wohnraum verfügbar zu machen, sind natürlich erhebliche Investitionen erforderlich. Für die fehlenden 2,5 Millionen Wohnungen, eine Größenordnung übrigens, die auch vom Bundesbauministerium in einer anderen Studie bestätigt wird, müssten Gesamtinvestitionen in Höhe von 39 Milliarden Euro getätigt werden. Der Deutsche Mieterbund weist in seiner Pressemitteilung darauf hin, dass das Pestel-Institut auch das Fördervolumen beziffert hat, um diese Gesamtinvestitionen realisieren zu können:

»540 Millionen Euro jährlich in den kommenden acht Jahren. Studienleiter Matthias Günther erläutert: „Ein Förder-Euro zieht etwa acht Euro an privaten Investitionsmitteln nach sich. Für eine 39-Milliarden-Euro-Investition muss der Staat also eine 4,33-Milliarden-Euro-Förderung schaffen – in diesem Fall verteilt auf acht Jahre.“«

Die bisherige Bundesregierung hat in den vergangenen vier Jahren zwar semantisch dem Bedarf an altersgerechten Wohnraum zugestimmt, sich aber faktisch anders verhalten, zumindest, wenn es um das liebe Geld geht: Die jetzige Bundesregierung hat sich gewissermaßen vom altersgerechten Bauen und Sanieren verabschiedet und den KfW-Fördertopf für das Programm „Altersgerecht umbauen“ von ursprünglich 100 Millionen Euro jährlich auf Null gesetzt.

Wenn man die eigentlich notwendigen Investitionen in den altersgerechten Umbau von Wohnungen verbindet mit dem Eindampfen des sozialen Wohnungsbaus – dann wird immer deutlicher erkennbar, dass wir eine gewaltige „Wohnungsfrage“ bekommen werden.