Neues Spiel, neues Glück? Die „neue“ Betriebsrente soll kommen – arbeitgeberzugewandt, tarifvertragsorientiert und noch mehr staatlich gepampert

Man könnte durchaus zu dem Ergebnis kommen, dass die Versicherungswirtschaft sehr kreativ ist, wenn es um die Substitution wegbrechender Geschäftsmodelle durch neue Einnahmequellen geht. Wenn man sich die Einbrüche im Bereich der privaten Altersvorsorge anschaut und die Ernüchterung – um das mal vorsichtig zu formulieren – über die staatlich subventionierte Riester-Rente zur Kenntnis nimmt, die bei vielen Menschen auch durch die kritische Berichterstattung eingesetzt hat und das im Zusammenspiel mit dem Wegbrechen des klassischen Lebensversicherungsgeschäfts bilanziert, dann wird verständlich, dass ein Ersatz her muss. Da trifft es sich gut, dass die große Koalition noch eine rentenpolitische Baustelle offen hat, deren Bearbeitung es ermöglichen würde, an neue Versichertengelder zu kommen. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD setzt seinen Schwerpunkt auf die Stärkung der betriebliche Altersvorsorge. Vor allem, so die Vereinbarung, sollen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, Betriebsrenten auch in kleinen und mittleren Unternehmen besser zu verankern – und auch Geringverdiener sollen stärker als bislang einbezogen werden. Da geht was.

Und offensichtlich funktioniert das auch. Schäuble und Nahles einigen sich auf Reform der Betriebsrente, so die FAZ und fast schon euphorisch Schäuble und Nahles wollen Betriebsrente ankurbeln auf ZEIT Online. »Arbeits- und Finanzministerium sind sich über eine Reform der Betriebsrente einig. Es geht um neue Zuschüsse.« Da wird der eine oder andere denken, dass sich das doch sehr nach Riester 2.0 anhört. Schauen wir also genauer hin, was derzeit überhaupt bekannt geworden ist:

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) haben am Dienstag ein Spitzengespräch mit Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften geführt (konkret: DGB, IG Metall, IG BCE und Verdi sowie die Bundesvereinigung BDA für die Arbeitgeber, Gesamtmetall und die Chemie-Unternehmen) und in diesem Rahmen einige „Durchbrüche“ erzielen können:

Kernstück ist ein „Sozialpartnermodell“ für mehr Betriebsrenten per Tarifvertrag. Zudem ist das Finanzministerium für Zuschüsse zugunsten von Geringverdienern offen. »Demnach soll die betriebliche Altersvorsorge (bAV) unter anderem durch neue Zuschüsse und höhere steuerliche Förderung sowie einen Wegfall von Rentengarantien durch den Arbeitgeber gestärkt werden«, kann man dem Artikel Nahles und Schäuble einigen sich bei Reform der Betriebsrenten entnehmen.

Dazu wurden laut Teilnehmern des „vertraulichen“ Treffens folgende Eckpunkte vereinbart, die für sich und in der Summe betrachtet ein durchaus stimmiges Bild ergeben:

Beitrags- statt Rentengarantie: Unternehmen sollen künftig nicht mehr garantieren müssen, dass Betriebsrenten in einer bestimmten Höhe ausgezahlt werden. Stattdessen soll eine reine Zusage über die Höhe der Beiträge reichen – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften sich in einem Tarifvertrag darauf einigen.

Zuschüsse: Arbeitgeber sollen künftig Zuschüsse von 30 Prozent erhalten, wenn sie für Geringverdiener 240 bis 480 Euro pro Jahr in die betriebliche Altersvorsorge einzahlen. Diesen Betrag können sie von der Lohnsteuer einbehalten. Wo die Einkommensgrenze liegen soll, ist noch unklar – angeblich soll Schäuble ein Jahresbruttoeinkommen von 24.000 Euro genannt haben.

Steuervorteile: Finanzminister Schäuble hat angeboten, die bereits bestehende steuerliche Förderung auszuweiten. Arbeitnehmer sollen angeblich künftig bis zu sieben Prozent ihres Lohns steuerfrei in Betriebsrenten umwandeln können. Bislang sind es rund 6,4 Prozent.

Niedrigere Sozialbeiträge bei Rentenbezug: Bislang müssen bei der Auszahlung von Betriebsrenten Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge bezahlt werden, und zwar zum vollen Beitragssatz. Hier sollen Betroffene künftig entlastet werden – sofern sie betriebliche Altersvorsorge und private Riester-Rente kombinieren.

Betriebsrenten sollen gerade für Niedrigverdiener attraktiver werden, indem sie bei der Auszahlung nicht mehr vollständig auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden. Unklar ist, wie hoch der Anteil sein soll, den Betroffene behalten dürfen.

Der höhere (aus Steuermitteln zu finanzierende) Förderrahmen und die Variante einer Beitragszusage mit geringeren Haftungsrisiken für Betriebe sind die beiden zentralen Punkte in dem Modell.

Bisher gab und gibt es in der betrieblichen Altersvorsorge drei unterschiedliche Arten von Zusagen: Leistungszusage, beitragsorientierte Leistungszusage und Beitragszusage mit Mindestleistung. Bei allen drei Zusagearten besteht arbeitsrechtlich eine subsidiäre Haftung des Arbeitgebers für die Erfüllung der zugesagten Leistung. Genau das soll geändert werden mit der Einführung einer reinen Beitragszusage: Der Arbeitgeber hätte nur noch für die korrekte Ermittlung und Abführung der zugesagten Beiträge zu sorgen („pay and forget“-Prinzip) – das Erfüllungs- und Haftungsrisiko ginge vollständig auf einen externen Versorgungsträger über.

Für diesen Entlastungsvorstoß zugunsten der Arbeitgeber gibt es einen handfesten Hintergrund, auf den beispielsweise Nadine Oberhuber in ihrem Beitrag Versprochen und gebrochen hingewiesen hat:

»Das Loch ist riesig: 30 Milliarden Euro fehlen derzeit, um all die Pensionszusagen zu erfüllen, die deutsche Betriebe Mitarbeitern gegeben haben. Das hat die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen festgestellt. Vor allem in den neunziger Jahren garantierten viele Betriebe hohe monatliche Auszahlungen, sie machten sogenannte Direktzusagen – im Vertrauen auf gute Gewinne und anhaltend hohe Zinsen.
Die Niedrigzinsphase jedoch „bringt die Arbeitgeber zunehmend in Bedrängnis“, stellt die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung fest. Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung Willis Towers Watson denkt mehr als die Hälfte der Mittelständler darüber nach, ihre betriebliche Altersvorsorge (bAV) anzupassen, jeder dritte will sogar sein Versorgungswerk schließen.«

Und Stefan Sauer berichtet in seinem Artikel Betriebsrenten werden zur Last von einem krassen Beispielsfall:

»Die Lasten waren untragbar geworden. Das Unternehmen zählte nur noch 33 Beschäftigte, denen mehr als 600 ehemalige Belegschaftsmitglieder mit betrieblicher Altersversorgung gegenüber standen. Das konnte nicht gut gehen. Und das tat es auch nicht. Nach 128 Jahren meldete der traditionsreiche Modelleisenbahnhersteller Fleischmann mit Sitz im bayerischen Ansbach im August 2015 Insolvenz an. Die Pensionsverpflichtungen übernahm der Pensions-Sicherungs-Verein. Er war 1975 von den großen Arbeitgeberdachverbänden BDA und BDI gegründet worden, um im Fall der Fälle einzuspringen.« Und: »Die Firma Fleischmann übrigens existiert immer noch. Befreit von den Pensionslasten konnte das Insolvenzverfahren für das Unternehmen, das sich seit sieben Jahren im Besitz einer österreichischen Holding befindet, im Januar mit Erfolg abgeschlossen werden.«

Die Arbeitnehmer sollen motiviert werden mit der Inaussichtstellung geringerer Sozialabgaben in der Auszahlungsphase, ein Thema, das die heutigen Betriebsrentner aufregt und frustriert (vgl. dazu beispielsweise Für die Altersrücklage doppelt zur Kasse gebeten). Allerdings ist es schon perfide, dass die damit verbundene Entlastung angeblich nur dann gelten soll, wenn die Betroffenen die betriebliche Altersvorsorge mit einer Riester-Rente kombiniert haben. Warum diese Koppelung, außer es geht um die Schaffung eines Arguments für das für viele tote Pferd Riester?

Und auch der Punkt, dass Betriebsrenten bei der Auszahlung nicht mehr vollständig auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden sollen, hört sich – unabhängig von der derzeit wohl noch nicht festgelegten anteiligen Höhe der Nicht-Anrechnung – zwar gut an, öffnet aber zugleich ein neues, sozialpolitisch systematisches Problem, auf das Johannes Steffen auf dem Portal Sozialpolitik hingewiesen hat:

»Bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung handelt es sich um ein subsidiäres Sicherungssystem (Fürsorge), das unabhängig von den Ursachen (Kausalität) einer Notsituation sowie ohne das Erfordernis irgendwelcher Vorleistungen (wie etwa Beitragszahlungen in der Sozialversicherung) Hilfebedürftigkeit im Einzelfall beseitigen will (Finalprinzip). Bevor die Grundsicherung (aufstockende) Leistungen erbringt, kann und muss sie daher im Gegenzug verlangen, dass Hilfesuchende zunächst ihre eigenen Kräfte und Mittel einsetzen, um Hilfebedürftigkeit zu vermeiden, zu vermindern oder zu beseitigen. Dies betrifft bei Älteren und voll Erwerbsgeminderten vor allem den Einsatz grundsätzlich sämtlicher Einkünfte und zumutbar verwertbarer Vermögensteile (Anrechnung). Der voraussetzungslosen Bedarfsdeckung auf der einen Seite entspricht also die Bedürftigkeitsprüfung auf der anderen Seite … Einkommensfreibeträge in der Fürsorge führen allerdings c. p. zu einem (evtl. deutlichen) Anstieg des leistungsberechtigten Personenkreises, damit zu steigenden öffentlichen Ausgaben und statistisch schließlich auch noch zu einem höheren Ausweis der Grundsicherungsquote … Davon abgesehen ginge mit einer Privilegierung von Alterseinkommen aus betrieblicher bzw. privater Vorsorge ein tragender Grundsatz der Fürsorge über Bord: Die ausnahmslos final orientierte und von Vorleistungen unabhängige Leistungsbemessung. Ergebnis wäre eine »vorleistungsabhängige Fürsorge«. Mit der Privilegierung ausgewählter, vorleistungsbasierter Einkommen (-steile) in der Grundsicherung käme es wieder – wie in den historischen Anfängen der (staatlichen) Fürsorge – zu einer (sozial- / gesellschaftspolitischen) Unterscheidung zwischen bzw. Separierung in »würdige« und »unwürdige« (Alters-)Arme.«

Bereits in dem Beitrag Die nächste rentenpolitische Baustelle mit der Noch-Hoffnung auf einen großen Wurf ante portas: Betriebliche Altersvorsorge vom 20. Juli 2016 wurde diese Prognose als Fazit in den Raum gestellt, die sich nun zu bewahrheiten scheint – auch mit den angesprochenen Folgen für die Arbeitnehmer:

Um den Verbreitungsgrad der betrieblichen Altersvorsorge vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen zu erhöhen, wird es die Einführung der reinen Beitragszusage und die vollständige Enthaftung des Arbeitgebers hinsichtlich der Versorgungsleistungen („pay and forget“) geben. Aus Sicht der Arbeitgeber ist das zentral. Wahrscheinlich wird auch der Betrag für die abgabenfreie Entgeltumwandlung deutlich angehoben. Und damit wird eines sicher eintreten – eine weitere deutliche Erhöhung des Finanzierungsanteils der Beschäftigten an ihren „Betriebsrenten“.

Diese ersten Hinweise mögen verdeutlichen, dass wir es mit einem hoch konfliktären Thema zu tun haben. Und wir haben an dieser Stelle noch gar nicht die grundsätzlichen Anfragen an alle kapitalgedeckten Wege der Altersvorsorge angesprochen.

Die nächste rentenpolitische Baustelle mit der Noch-Hoffnung auf einen großen Wurf ante portas: Betriebliche Altersvorsorge

Das – theoretisch – auf drei Säulen ruhende Alterssicherungssystem hat durchaus seinen konzeptionellen Charme: Da gibt es die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung als erste Säule, dann eine betriebliche (Zusatz)Altersvorsorge als zweite und die teilweise über Steuermittel subventionierte dritte Säule, also die private Altersvorsorge, beispielsweise in Form einer „Riester-Rente“. Und der zweiten und dritten Säule kommt eine immer größer werdende Bedeutung zu, wenn man das Hauptsicherungssystem, also die gesetzliche Rentenversicherung, vom Sicherungsniveau her zurückschneidet, was seit den letzten Rentenreformen passiert ist. Dann muss aus den beiden anderen Töpfen kompensierend Geld aufgebracht werden, was aber eigentlich nicht deren Funktion war, denn sie sollten immer eine zusätzliche Altersversorgung gewährleisten, on top auf die gesetzliche Rente.

Vor diesem Hintergrund ist es dann natürlich zum einen problematisch, wenn die Betroffenen gar nicht alle Ansprüche aufbauen, weil die zweite oder dritte Säule bei ihnen gar nicht oder nur rudimentär vorhanden ist. Bei der „Riester-Rente“ wurde das schon lange diskutiert und als Schwachstelle identifiziert, aber auch die betriebliche Altersvorsorge leidet unter diesem Punkt:
Trotz recht opulenter staatlicher Förderung stagniert der Verbreitungsgrad der betrieblichen Altersversorgung (bAV) seit geraumer Zeit. Nur etwa 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigen verfügt aktuell über Anwartschaften auf eine Betriebsrente – ohne die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind es sogar nur rund 50 Prozent, so der Hinweis von Johannes Steffen.

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD aus dem Jahr 2013 wurde die Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge festgehalten. Insbesondere sollen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, Betriebsrenten auch in kleinen und mittleren Unternehmen besser zu verankern – und auch Geringverdiener sollen stärker als bislang einbezogen werden. Hehre Absichten, die neben einer Grundsatzentscheidung vor allem filigrane Umsetzungsarbeit bedeuten würden.

Und trotz der langsam, aber sicher auslaufenden Legislaturperiode hat sich die Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) auf den Weg gemacht, bis zum Herbst dieses Jahres einen Umsetzungsvorschlag die im Grundsatz vereinbarte Stärkung der betrieblichen Altersversorgung auf den Weg zu bringen. Wobei erfahrungsgemäß der Teufel immer und gerade in Rentenfragen im Detail steckt.

Und ganz offensichtlich will Nahles nicht nur einfach mehr Förderung aus Staatsmitteln oder andere Bestimmungen zur Abwicklung, sondern sie will die Stärkung der Betriebsrenten verknüpfen mit einer parallelen Stärkung der Tarifparteien und der Tarifverträge. Bereits im April berichtete die FAZ über die Ideen aus dem Bundesrentenministerium unter der Überschrift Tarifparteien sollen Betriebsrente voranbringen: »Gewerkschaften und Arbeitgeber sollen künftig per Tarifvertrag regeln, dass Mitarbeiter Betriebsrenten bekommen. Erst fanden die Arbeitgeber das nicht so toll – nun hat Nahles nachgebessert.«

Der Stimmungsumschwung der Arbeitgeber geht auch zurück auf zwei im April 2016 vorgelegte Gutachten – eines im Auftrag des Bundesfinanzministeriums (vgl. Kiesewetter et al.: Optimierungsmöglichkeiten bei den Förderregelungen der betrieblichen Altersversorgung), ein anderes im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums (vgl. Hanau/Arteaga: Rechtsgutachten zu dem „Sozialpartnermodell Betriebsrente“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales) – die sollten Klarheit schaffen, wie man die ambitionierten Ziele des Koalitionsvertrages umsetzen kann.
Dietrich Creutzburg arbeitet in seinem Artikel heraus, warum die Arbeitgeber nun weniger Probleme mit der „Nahles-Rente“ hätten:

»Der von den Nahles-Gutachtern erarbeitete neue Vorschlag für die Betriebsrente unterscheidet sich vom Ursprungsmodell darin, dass es den Tarifparteien Gestaltungsfreiheit geben will, statt auf fest vorgegebene Strukturen und Zwangselemente zu setzen: Ursprünglich sollten die Tarifparteien branchenweite Fonds für die Verwaltung der Beiträge einführen; dazu wäre es nötig geworden, ihre Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären, also auch jenen Betrieben vorzuschreiben, die nicht im Arbeitgeberverband sind.
Der neue Ansatz zielt zunächst auf freiwillig tarifgebundene Betriebe und setzt auf Anreize. Zum einen würden die Tarifparteien entscheiden, ob sie die Betriebe verpflichten, Mitarbeitern Betriebsrenten anzubieten, oder ob auf Betriebsebene entschieden werden soll. Zum anderen könnten die Tarifparteien selbst regeln, in welcher Höhe eine spätere Rentenleistung aus den Beiträgen garantiert wird. Die Idee: Wird sie als „Zielrente“ ohne volle Leistungsgarantie zugesagt, müssen Beiträge nicht nach den strengen Anlageregeln für Lebensversicherer investiert werden und können bessere Renditen erzielen. So eröffne sich ein Einstieg in das erfolgreiche niederländische Betriebsrentenmodell, erläutert Gutachter Arteaga, früher Vorstand der Zurich Versicherung.«

Der Passus verweist auf zwei zentrale Stellschrauben: Zum einen wird die ursprünglich von Andrea Nahles angedachte „en passant“-Stärkung der Tariflandschaft über das Instrument der Allgemeinverbindlichkeit aufgrund der geplanten branchenweiten Fonds wieder zurückgedrängt, zum anderen bleibt ein entscheidender Punkt für die Arbeitgeber-Seite, den man nur versteht, wenn man das heutige System der betrieblichen Altersvorsorge verstanden hat: Die geplante Abschaffung der Arbeitgeberhaftung.

Auf diesen wichtigen Punkt weisen auch Jonas Tauber und Herbert Fromme in ihrem Artikel Wie die Betriebsrente Sie vor Altersarmut schützen soll hin: »Unternehmen sollten von der Arbeitgeberhaftung befreit werden, wenn sie bei Betriebsrenten mit den Gewerkschaften an einem Strang ziehen. Bislang sind sie in letzter Instanz für alle Zusagen der betrieblichen Altersversorgung verantwortlich, auch wenn ein Versicherer oder eine Pensionskasse die Versorgung abwickelt.«

Aber soweit erkennbar wird das, was Nahles im Herbst präsentieren wird, nicht nur die Befreiung der Arbeitgeber von der Haftung enthalten wird, so Tauber und Fromme:

»Inzwischen ist klar, dass am Ende ein Gesamtkonzept stehen soll, das weit über diesen Ansatz hinausgeht. In der Diskussion sind staatliche Förderungen für Geringverdiener, darunter die Nicht-Anrechnung von Betriebsrenten auf mögliche Sozialleistungen im Alter. Außerdem plant Nahles eine „Opt-out“-Lösung. Das heißt, alle Arbeitnehmer zahlen automatisch in eine betriebliche Zusatzversorgung ein, wenn sie sich nicht aktiv dagegen entscheiden.«

Aber der Bereich der betrieblichen Altersvorsorge ist an sich und in mehrfacher Hinsicht mit strukturellen Problemen bestückt: »Das System ist vergleichsweise komplex. Und bei manchen Anbietern sind die Kosten sehr hoch«, so Tauber und Fromme.

Hinzu kommt bei aller geschürten Euphorie, dass eine ausgebaute betriebliche Altersvorsorge einen nennenswerten Beitrag zur Kompensation der Leistungskürzungen im großen System der gesetzlichen Rentenversicherung leisten kann: Auch die betriebliche Altersvorsorge mit allen unterschiedlichen Durchführungswegen gehört zu den kapitalgedeckten Alterssicherungssystemen und leidet damit unter den gleichen strukturellen Verwerfungen, die wir auch im Bereich der privaten Altersvorsorge (Stichwort „Riester-Rente“ und mehr) diskutieren und die ein Strukturproblem der Kapitaldeckung darstellen. Darauf habe ich bereits in dem Beitrag Betriebsrenten als Butter in der Sonne? Das wäre ärgerlich für die Finanzindustrie und ihre Hoffnungen auf ein Riester-Substitut. Und Betroffene erleben ihr blaues Wunder vom 21. Juni 2016 hingewiesen:

Bei Betriebsrenten »handelt es sich um kapitalgedeckte Varianten der Altersvorsorge und die langjährige Kritik an der Riester-Rente bezog sich immer auch auf die Kapitaldeckung als problematisches Verfahren an sich (vgl. dazu nur beispielsweise Joebges, H. et al.: Auf dem Weg in die Altersarmut. Bilanz der Einführung der kapitalgedeckten Riester-Rente. IMK Report Nr. 73, Düsseldorf 2012).

Offensichtlich geht es vielen Betriebsrenten nicht gut – und erst recht nicht denen, die da noch kommen sollen. Nicht wirklich überraschend hat das etwas zu tun mit dem selbst gestandene Volkswirte irritierenden Umfeld einer seit Jahren anhaltenden und auf absehbare Sicht auch weiter vorherrschenden Niedrig-, Null- und sogar Negativzinswelt, in der sich die Kapitaldeckungsvarianten bewegen und absehbar weiter bewegen müssen …  Natürlich wird es Stimmen geben, die darauf hinzuweisen versuchen werden, dass das mit dem schlechten Umfeld für die Kapitaldeckung nur eine vorübergehende Angelegenheit sein wird, dass in den vor uns liegenden Jahren die Zinsen wieder nach oben gehen. Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Deshalb hier nur der Hinweis auf eine immer noch lesenswerte Arbeit aus dem Jahr 2001, in dem die politischen Entscheidungsträger und viele, eigentlich fast alle anderen auch besoffen waren von der Vorstellung, dass es mit den Zinsen und den Renditen ewig so weitergehen wird: Andreas Heigl und Martin Katheder: Age Wave – Zur Demographieanfälligkeit von Aktienmärkten. Policy Brief 4/2001, München: Hypovereinsbank, 2001. Ihre Argumentation – im Jahr 2001 – ging so: Insbesondere die Generation der damals 30- bis 50-jährigen muss mit niedrigeren Renditen für ihre Geldanlage in die Aktienmärkte rechnen. Denn auch die Kapitaldeckung ist im Zuge der demografischen Alterung ähnlichen Risiken ausgesetzt wie die umlagefinanzierten Alterssicherungssysteme. Ursächlich hierfür ist das sich künftig deutlich verschlechternde Verhältnis von Sparern zu Entsparern („Age Wave“). Man kann das auch so ausdrücken: Wir sind alle Gefangene unserer Kohorte. Wenn also größere Summen von den Vorsorgenden eingesammelt werden, um diese rentierlich anzulegen und dann, wenn das Alter gekommen ist, die vereinbarten und die in Aussicht gestellten Beträge auch auszahlen zu können, dann braucht man Abnehmer für die Sachen, in die man Geld angelegt hat, beispielsweise in Immobilien oder in Aktien. Und was, wenn es zu diesem Zeitpunkt gar nicht genug Abnehmer gibt oder geben kann, weil deren Zahl deutlich niedriger ist als in der Vergangenheit.Anders formuliert: Wenn ein enormes Angebot an Anlagen in der Auszahlungsphase auf eine aus welchen Gründen auch immer deutlich niedrigere Nachfrage stößt, dann muss nach allen Regeln der Ökonomie der Preis sinken. Aus diesem Kontext wird sich auch eine ausgebaute betriebliche Altersvorsorge nicht befreien können.«

Aber selbst wenn man sich nur bewegen möchte in den Untiefen des bestehenden Systems ergeben sich zahlreiche Fragezeichen entsprechender Größenordnung. Auf die Instabilität des Systems wird seit längerem hingewiesen, vgl. dazu nur als ein Beispiel von vielen den Artikel Wetten auf ein langes Leben aus dem SPIEGEL Heft 46/2012, der auch schon auf das hinweist, was jetzt umgesetzt werden soll: »Betriebsrenten sollen die neue Wunderwaffe im Kampf gegen Armut im Alter sein. So will es die SPD. Doch auch diese Art der Vorsorge birgt erhebliche Risiken.«

Ein Punkt, der immer wieder unterschätzt wird, ist die offensichtliche Lücke zwischen der Wahrnehmung und der Realität von Betriebsrenten. Wenn man die Menschen fragt, was für sie eine „Betriebsrente“ ist, dann wird die große Mehrheit sagen, es handelt sich um eine Rentenzahlung, die vom Arbeitgeber finanziert wird und für die der auch einstehen muss. An dieser Stelle gießen Tauber und Fromme in ihrem Artikel eine Menge Wasser in den Wein:

»Dabei geht es heute nur noch selten um Direktzusagen der Unternehmen, die sie auch selbst zahlen. Die waren vor 40, 50 Jahren üblich, um gute Arbeitskräfte zu gewinnen und zu halten. Im Kern handelt es sich dabei um Lohnbestandteile, die aber nicht sofort an den Arbeiter oder Angestellten fließen. Das Unternehmen leiht sich das Geld von den Mitarbeitern und legt es im eigenen Unternehmen oder extern an, um die Summen als Zusatzrente später wieder auszuzahlen. Da sie für die Zusagen heute hohe Rückstellungen bilden müssen, sorgt diese Form der Altersversorgung bei Konzernen für großen Ärger.«

Heute sieht die Welt der Betriebsrenten anders aus:

»In den meisten Fällen geht es um Renten, für die Mitarbeiter selbst die Beiträge zahlen, möglicherweise mit Unterstützung des Arbeitgebers. Seit 2002 hat jeder Beschäftigte das Recht, betriebliche Altersvorsorge in Form der sogenannten Entgeltumwandlung zu betreiben. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber bis zu einer Obergrenze – 2016 sind das 2976 Euro im Jahr – vom Brutto-Einkommen seines Angestellten für dessen Betriebsrente einzahlt. Der Gesetzgeber hat dabei fünf so genannte Durchführungswege vorgesehen. Einer ist die Direktzusage der Unternehmen, die an Bedeutung verliert. Populär bei kleineren Firmen ist eine Direktversicherung bei einem Lebensversicherer. Ein Nachteil: Wer ausscheidet, hat keinen Anspruch auf Fortführung.«

Und die anderen Durchführungswege in der betrieblichen Altersvorsorge? »In den Jahren 2003 bis 2005 war der Durchführungsweg Pensionskassen modern, dann änderte der Gesetzgeber den steuerlichen Rahmen. Aber es gibt sie immer noch – und die Niedrigzinsen machen ihnen besonders zu schaffen.« Dazu beispielsweise auch mein Beitrag Wenn selbst das Beten nicht mehr hilft. Auch die zusätzliche kirchliche Altersversorgung kann (und muss) in schwieriges Fahrwasser geraten vom 22. Juni 2016 ergänzend zum Beitrag vom 21. Juni 2016.

Daneben existieren als Durchführungswege vier und fünf Pensionsfonds sowie Unterstützungskassen, die meistens von Versicherern rückgedeckt werden.

Andrea Nahles will Branchenlösungen ausbauen, wie wir sie aus den großen Industriebereichen kennen und die von Gewerkschaften und Arbeitgebern gemeinsam betrieben werden: Bei der Chemie-Altersvorsorge sind 80 Prozent der Beschäftigten Mitglied, die Metallrente hat 25.000 Unternehmen als Mitglieder.

Dabei würden sich zwei Kernfragen stellen, so Tauber und Fromme: »Wer betreibt diese Lösungen? Sind die Lebensversicherer außen vor oder, wie heute bei Metall- und Chemierente, Teil des Systems? Und wer haftet, wenn es Probleme gibt? Die Unternehmen sollen es ja nicht mehr sein … Aber der Pensions-Sicherungsverein, der nach Firmenpleiten für die Betriebsrenten aus Direktzusagen aufkommt, winkt ab, er wäre überfordert.«

Es bleibt also noch eine ganze Menge zu tun, um in die Nähe eines vernünftigen und zugleich praktizierbaren Modells einer ausgebauten betrieblichen Altersvorsorge zu kommen. Allerdings muss zugleich auf zwei Gefahren hingewiesen werden:

Zum einen gilt grundsätzlich, dass eine Betriebsrente lediglich eine zusätzliche, die allgemeine, also gesetzliche Rente aufstockende Funktion haben (sollten). Damit passen sie im Grunde sehr gut in das Gedankengebäude der Lebensstandardsicherung durch eine Kombination der drei Säulen. Nicht geeignet sind die Betriebsrenten aber für das Ziel der Altersarmutsvermeidung, denn die Betriebsrenten können in den meisten Fällen die Leistungskürzungen in der gesetzlichen Rentenversicherung gar nicht auffangen, hinzu kommt eine Ungleichverteilung dergestalt, dass gerade die Betroffenen, die eine Aufstockung ihrer Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung dringend bedürfen, überdurchschnittlich oft nur geringe oder gleich gar keine Betriebsrenten-Ansprüche haben. Auch wenn man das jetzt ausbauen würde, kann es erst mit einem erheblichen time lag eine Auswirkung auf die ärmeren Rentner haben, weil ja die Ansprüche auch erst einmal aufgebaut werden müssen, was in kapitalgedeckten Systemen vor allem Zeit bedeutet.

Zum anderen muss man aufpassen, dass die Ansätze einer Stärkung der Betriebsrenten nicht instrumentalisiert werden von denjenigen, die gegen Reformen der ersten und wichtigsten Säule der Alterssicherung, also die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung, sind. Und für eine Stärkung der ersten Säule, darunter auch eine Infragestellung und Korrektur der enormen Rentenniveausenkung, plädieren mittlerweile einige. Beispielsweise die Gewerkschaften, die gerade eine Rentenkampagne ins Rollen bringen. So hat nun die IG Metall ihre Vorstellungen von einer Weiterentwicklung des Rentensystems veröffentlicht:

IG Metall: Neuaufbau einer solidarischen Alterssicherung. Vorschläge der IG Metall, Frankfurt am Main 2016

Die Reaktion der Gegenseite ließ nicht lange auf sich warten, so beispielsweise das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW): Private Vorsorge nicht unterschätzen, so haben sie ihre Stellungnahme zu den Vorschlägen der IG Metall überschrieben.

Und eines sollte man klar vor Augen haben: Um den Verbreitungsgrad der betrieblichen Altersvorsorge vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen zu erhöhen, wird es die Einführung der reinen Beitragszusage und die vollständige Enthaftung des Arbeitgebers hinsichtlich der Versorgungsleistungen („pay and forget“) geben. Aus Sicht der Arbeitgeber ist das zentral. Wahrscheinlich wird auch der Betrag für die abgabenfreie Entgeltumwandlung deutlich angehoben. Und damit wird eines sicher eintreten – eine weitere deutliche Erhöhung des Finanzierungsanteils der Beschäftigten an ihren „Betriebsrenten“.

Wenn selbst das Beten nicht mehr hilft. Auch die zusätzliche kirchliche Altersversorgung kann (und muss) in schwieriges Fahrwasser geraten

Über das derzeit immer schwieriger werdende Umfeld für die kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung wurde bereits in dem Beitrag Betriebsrenten als Butter in der Sonne? Das wäre ärgerlich für die Finanzindustrie und ihre Hoffnungen auf ein Riester-Substitut. Und Betroffene erleben ihr blaues Wunder vom 21. Juni 2016 berichtet.

Und wenn über Betriebsrenten gesprochen wird, dann denken viele Menschen an die zusätzlichen Renten, die an Industriearbeiter ausgezahlt werden oder wenn man das Glück hatte, sein Erwerbsarbeitsleben bei einem der großen Unternehmen des Landes verbracht zu haben, bei denen es in aller Regel eine betrieblicher Altersvorsorge gab und gibt. Aber dieses Zubrot fürs Alter gibt es auch im öffentlichen Bereich für die Nicht-Beamten dort und bei zahlreichen Unternehmen der Sozialwirtschaft, von denen sich viele unter dem Dach der großen Kirchen bzw. ihrer Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie befinden. Und da wird man hellhörig, wenn man lesen muss: »Die Altersversorgung für 1,2 Millionen Beschäftigte der Kirche und der Caritas ist in Schieflage geraten.« So Matthias Dobrinski in seinem Artikel Katholisches Kapital. Konkret geht es um die Kirchliche Zusatzversorgungskasse KZVK mit Sitz in Köln. Sie ist die betriebliche Altersversorgung für 1,2 Millionen Beschäftigte im Dienst der katholischen Kirche oder des Sozialträgers Caritas. Derzeit beziehen 154.000 Menschen über sie eine Zusatzrente. Die KZVK ist damit eine der größten Pensionskassen in Deutschland.

»Diese Kasse hat unbestreitbar ein Problem: 2014 weist der Geschäftsbericht einen Fehlbetrag von 5,5 Milliarden Euro aus – Schuld daran ist vor allem die lange Niedrigzinsphase, unter der auch andere Versorgungskassen leiden, von denen einige tatsächlich inzwischen Leistungen kürzen mussten«, so Dobrinski in seinem Artikel, was sehr erinnert an die Ausführungen in dem Blog-Beitrag vom 21.06.2016 über die generelle Problembeschreibung die betriebliche Altersvorsorge betreffend.

Bereits im April 2016 hatte Daniel Deckers darüber in der FAZ berichtet unter der Überschrift Milliarden-Loch in Pensionskasse der katholischen Kirche über den „Sanierungsfall“ KZVK. Im Herbst 2015 hatte sich herausgestellt, dass die Bilanz der KZVK in einem Umfang von 22,5 Milliarden Euro zum 31. Dezember 2014 eine Deckungslücke von 5,5 Milliarden Euro aufweist.
„Veränderte Annahmen zur langfristigen Entwicklung der Verzinsung auf den Kapitalmärkten, die sich aus der Politik der EZB ergeben“, so ein Sprecher der KZVK, hätten »eine Neubewertung der Verpflichtungen und die Bilanzierung eines Ausgleichspostens erforderlich gemacht.«

Und das kam hinzu: Im Dezember 2015 verlor die KZVK vor dem Bundesgerichtshof einen Prozess gegen mehrere Einrichtungen, die mit der Erhebung eines sogenannten Sanierungsgeldes nicht einverstanden waren (vgl. dazu den Beitrag Sanierungsgeld für die Kirchliche Zusatzversorgungskasse) . Die Kasse hatte den in der Branche durchaus üblichen Zusatzbeitrag seit dem Jahr 2002 erhoben. Das Urteil war im wahrsten Sinne teuer, denn die KZVK muss jetzt allen Dienstgebern im Raum der verfassten Kirche und der Caritas die Sanierungsgelder zuzüglich der Nettoverzinsung zurückerstatten. In Rede stehen weit mehr als eine Milliarde Euro.

»Sollte es in den kommenden Jahren nicht gelingen, die Deckungslücken zu schließen, drohen der katholischen Kirche finanzielle Verwerfungen bis hin zur Zahlungsunfähigkeit ganzer Bistümer«, so Deckers in seinem damaligen Artikel.

Nur wenige Tage später wurde dann dieser Artikel von Daniel Deckers veröffentlicht: Milliarden-Deckungslücke wächst weiter. Er bezieht sich erneut auf die Folgen des Urteils des Bundesgerichtshofs aus dem Dezember 2015:

»In der Zwischenzeit hatte die Kasse, die mittlerweile 1,1 Millionen Pflichtversicherte und annähernd 150000 Rentenempfänger aus dem Raum der verfassten Kirche und der Caritas zählt, auf diesem Weg 1,12 Milliarden Euro eingenommen. Diese Summe soll im Laufe dieses Jahres zurückgezahlt werden, und zwar allen Beteiligten einschließlich der Zinsen in Höhe von etwa 263 Millionen Euro.«

Geld fällt bekanntlich nicht vom Himmel, sondern muss auch im kirchlichen Kontext besorgt werden. »Die Erstattung des Sanierungsgeldes erfolgt aus dem Anlagevermögen der KZVK, das derzeit etwa 16 Milliarden Euro beträgt«, klärt uns Deckers auf. Die Deckungslücke der KZVK wächst damit auf etwa vier Milliarden Euro.

»Die „dauerhafte Erfüllbarkeit“ dieser Ansprüche sei nunmehr „nicht gegeben“, heißt es in einer Vorlage des Vorstands der KZVK für die Bischöfe. Die Kasse will daher noch in diesem Jahr damit beginnen, die Deckungslücke durch ein sogenanntes „Finanzierungsgeld“ zu schließen.«

Das ist natürlich eine fragile Strategie, denn nicht auszuschließen ist eine erneute Klage von betroffenen kirchlichen Unternehmen dann gegen das „Finanzierungsgeld“.
Was auf alle Fälle sicher in den Raum gestellt wird: Der »Beitrag der kirchlichen und caritativen Unternehmen von derzeit 4,8 Prozent des Bruttolohnes (wird) bis zum Jahr 2024 auf 7,1 Prozent (angehoben).«

Und dann kommt eine wichtige Einordnung der Vorgänge:

»Die 1974 eingeführte obligatorische Zusatzversorgung zeigt damit immer stärker ihr Doppelgesicht. Einerseits ist sie heute mehr denn je ein Element zur Vorsorge gegen Altersarmut sowie ein Argument zugunsten einer Beschäftigung bei einem kirchlichen Arbeitgeber, wie es beim Deutschen Caritas-Verband in Freiburg heißt. Andererseits sind die damit verbundenen Aufwendungen vor allem für diejenigen Einrichtungen eine Belastung, die im Wettbewerb mit privaten Anbietern stehen.«

 Wieder zurück zu dem neuen Artikel von Matthias Drobinski. Der berichtet uns:

»Nach der Darstellung der KZVK und auch des Sekretariats der Bischofskonferenz in Bonn ist die Lage der Kasse nicht schön, aber auch nicht katastrophal: Die Kapitalanlagen beliefen sich 2015 schließlich auf 17,9 Milliarden Euro. Und wenn man schrittweise die Beiträge der Bistümer und der Caritas anhebe, komme man schon hin … Auch soll der Aufsichtsrat, in dem bislang vor allem Kirchenfunktionäre sitzen, professionalisiert werden.«

Doch seitens der Bistümer werden Zweifel vorgetragen. Es gebe Finanzdirektoren, die von einer „Bad Bank“ sprächen.

Und sie beziehen sich dabei auch auf ein Rechtsgutachten, dass die Deutsche Bischofskonferenz »schon vor drei Jahren erstellen ließ: Was passiert, wenn die KZVK die Rentenansprüche nicht mehr erwirtschaften könnte, die sie den Mitarbeitern garantiert hat? Die Antwort: Die Bistümer müssten einspringen. Dann aber wäre vor allem im Norden und Osten Deutschlands so manches Bistum faktisch pleite.«

Und Drobinski weist auf eine andere Konfliktstelle hin, wenn er schreibt:

»Hinter dem Streit verbirgt sich auch ein innerkirchlicher Nord-Süd-Konflikt: Den reichen Bistümern im Süden, Südwesten und Westen ist noch ungut in Erinnerung, wie sie einspringen mussten, als das Erzbistum Berlin faktisch zahlungsunfähig war – und wie vor allem das Erzbistum München-Freising auf den Kosten des desaströs heruntergewirtschafteten Weltbild-Verlages sitzen blieb. Und jetzt im Zweifel wieder klamme Bistümer retten?«

Fazit: Selbst für die, die einen direkten Draht nach oben haben müssten, stellen sich die gleichen (plus hausgemachte) Probleme, wie wir sie insgesamt beobachten müssen für die betriebliche Altersvorsorge.

Übrigens: Parallele Entwicklungen haben wir auch in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. So berichtet Thomas Öchsner in seinem Artikel Magere Zeiten für Rentner über die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), mit Abstand größten Zusatzversorgungskasse in Deutschland: »Diese hat zum 1. Juni 2016 den Garantiezins für Mitglieder, die freiwillig über ihren Arbeitgeber zusätzlich einen Teil ihres Gehalts in einen Riester-Vertrag oder sozialabgabenfrei für eine spätere Betriebsrente zurücklegen, von 1,75 Prozent auf konkurrenzlos niedrige 0,25 Prozent gesenkt. „Einen solchen Vertrag zu unterschreiben, lohnt sich damit nicht mehr“, sagt der Finanzmathematiker Werner Siepe, der sich seit einem Jahrzehnt mit der VBL beschäftigt.« Es geht hier nicht um die etwa 1,9 Millionen Pflichtversicherte mit einer obligatorischen Zusatzversorgung, denn hier gibt es keinen Garantiezins, es handelt sich um eine umlagefinanzierte Zusatzversorgung. Es geht um die fast 250 000 Versicherte mit freiwillig abgeschlossenen Zusatzversorgungsverträgen. Was die Absenkung hier bedeutet, kann dieses Beispiel aufzeigen: »Ein 37 Jahre alter Angestellter, der noch Ende 2011 einen VBL-Extra-Vertrag unterschrieben hat und 30 Jahre bis zur Rente mit 67 genau 175 Euro monatlich einzahlt, hätte noch eine garantierte Zusatzrente von 617 Euro bekommen. Bei einem Neuabschluss von Juni 2016 an sind es jedoch nur noch 208 Euro. Das entspricht einem Minus von fast 70 Prozent.«

Wir dürfen gespannt sein, was aus dem Bundesarbeitsministerium in Herbst dieses Jahres an konkreten Vorschlägen kommen wird, die Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge betreffend.